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       # taz.de -- Tarifeinigung: Höhere Löhne in schwierigen Zeiten
       
       > Trotz schlechter Konjunktur und politischer Unsicherheit: Gewerkschaft
       > und Verbände der Metall- und Elektroindustrie einigen sich im
       > Tarifstreit.
       
   IMG Bild: Frohe Botschaft: Arbeitgeber und Gewerkschaft haben einen Tarifabschluss für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie erzielt
       
       Trotz der wirtschaftlichen Stagnation haben sich die Gewerkschaft und die
       Unternehmensverbände der Metall- und Elektroindustrie auf eine Lohnerhöhung
       geeinigt, die beide Seiten zufriedenzustellen scheint. Zusammengerechnet
       5,5 Prozent mehr Lohn sollen die Beschäftigten im Verlauf von zwei Jahren
       erhalten. Die Inflation könnte dadurch ausgeglichen werden, sodass die
       Kaufkraft der Verdienste nicht sinkt.
       
       Mit Spannung war erwartet worden, wie die Branche auf d[1][ie schwierige
       Lage] reagiere. Die deutsche Wirtschaft wächst momentan kaum, auch in
       vielen Metallunternehmen sinken die Gewinne, wenngleich sie noch vorhanden
       sind. Die Zahl der Konkurse steigt. Der Vorstand des Autobauers VW droht
       nicht nur mit Lohnkürzungen, sondern auch mit Werksschließungen. Insgesamt
       steht das deutsche Wirtschaftsmodell unter Druck: Die Konkurrenz aus China
       wird stärker, aus den USA drohen Zölle, hinzu kommen die Kosten und
       Probleme der Transformation zur Klimaneutralität.
       
       ## Ein vorzeigbares Ergebnis?
       
       Trotz dieser Situation wollte die Industriegewerkschaft Metall ein
       vorzeigbares Ergebnis erzielen. Sie war mit der Forderung von 7 Prozent
       Lohnerhöhung bezogen auf ein Jahr ins Rennen gegangen. Hunderttausende
       Beschäftigte hatten sich in den [2][vergangenen Wochen an Warnstreiks
       beteiligt].
       
       Der Kompromiss sieht nun so aus: Zum 1. Februar nächsten Jahres gibt es
       zunächst eine Einmalzahlung von 600 Euro pro Kopf. Im April steigen dann
       die Löhne um 2 Prozent, ein Jahr später nochmals um 3,1 Prozent.
       
       Außerdem wächst das „tarifliche Zusatzgeld von derzeit rund 630 Euro auf
       900 Euro ab Februar 2026“, erklärte die IG Metall. „Davon profitieren
       Beschäftigte in unteren Entgeltgruppen stärker.“
       
       Die 230.000 Auszubildenden der Branche erhalten zudem 140 Euro mehr pro
       Monat. Der Arbeitgeberverband setzte allerdings durch, dass Unternehmen mit
       geringer Nettoumsatzrendite ab 2025 größere Geldbeträge kürzen oder
       streichen können. Gleichzeitig einigten sich die beiden Seiten, den
       Beschäftigten bessere Möglichkeiten einzuräumen, Gehalt gegen Zeit zu
       tauschen. Unter anderen können „künftig auch Teilzeit-Beschäftigte
       zusätzliche freie Tage beantragen, wenn sie durch Schichtarbeit,
       Kindererziehung oder Pflege belastet sind“, hieß es bei der Gewerkschaft.
       Allerdings dürfen die Firmen die Freistellung ablehnen, wenn das
       Arbeitszeitvolumen zu sinken droht.
       
       „Es ist gelungen, trotz schwieriger Rahmenbedingungen ein solides Ergebnis
       für die Beschäftigten zu erzielen“, erklärte [3][IG-Metall-Vorsitzende
       Christiane Benner]. Die Verhandlungsführerinnen der Arbeitgeber, Lena
       Ströbele und Angelique Renkhoff-Mücke, betonten, der Abschluss sei „gerade
       noch verantwortbar in schwieriger Zeit“. Die Vereinbarung gilt nun zunächst
       für die beiden IG-Metall-Bezirke Küste und Bayern. Doch wird damit
       gerechnet, dass der Abschluss sich bundesweit durchsetzt und dann fast 4
       Millionen Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie erfasst.
       
       Zusätzlich zum Tarif wurde eine „Sozialpartnererklärung für den
       Industriestandort“ veröffentlicht, die sich an die Politik richtet. Darin
       heißt es, die Stromkosten für die Unternehmen müssten sinken, indem
       beispielsweise die Netzentgelte reduziert werden. IG Metall und
       Gesamtmetall fordern auch den schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien
       und der entsprechenden Stromtrassen sowie mehr staatliche Investitionen
       „in eine zukunftsfähige Infrastruktur“ etwa für den Verkehr. Außerdem solle
       die Politik die Elektromobilität unterstützen, indem mehr Ladesäulen
       errichtet werden.
       
       12 Nov 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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