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       # taz.de -- Deutsches Tennis-Doppel überrascht: „Jeder kann hier gegen jeden gewinnen“
       
       > Das formidable Tennis-Duo Kevin Krawietz und Tim Pütz zeigt beim
       > ATP-Finale erneut sein Können. Beachtung finden die beiden dennoch kaum.
       
   IMG Bild: Kevin Krawietz (l.) und Tim Puetz hatten bei ihrem ersten Auftritt in Turin ein gutes Näschen
       
       Natürlich ist es in Turin nicht anders als im Rest der langen Tennissaison,
       bei allen anderen Turnieren. Die großen Solisten, die besten Einzelkünstler
       stehen Tag für Tag im Mittelpunkt der schillernden WM-Show, [1][die
       Sinners], Alcaraz oder Zverevs. Gewinnen sie, wie Alexander Zverev am
       Montagabend sein Eröffnungsmatch souverän gegen den Russen Andrej Rublew
       (6:4, 6:4), ist die Halle selbstverständlich voll, keiner der Stars muss
       sich über fehlendes Interesse oder mangelnde Beachtung beschweren.
       
       Dass beim Saisonausklang in Italien auch die acht stärksten Doppel der Welt
       antreten, dürfte selbst vielen Tennis-Interessierten nicht unbedingt
       bekannt sein. Der Pärchenbetrieb muss mühsam um Aufmerksamkeit kämpfen, oft
       gilt er nur als ungeliebtes Beiwerk, Anhängsel und Vorprogramm für die
       Solokämpfer. Als Deutschlands Paradedoppel Kevin Krawietz/Tim Pütz jüngst
       bei den US Open das Finale erreichte, durften sie bei ihrer Niederlage das
       erste und einzige Mal überhaupt auf dem riesigen Centre Court spielen – das
       Ashe-Stadion war ansprechend, aber letztlich doch bescheiden gefüllt.
       
       „Wir sehen das pragmatisch, freuen uns über jeden, der zuschaut. Und machen
       weiter Werbung für unsere Disziplin“, sagt Tim Pütz, der wuselige
       Frankfurter. Beim Turiner-Showdown erwischten sie nun am Montag einen
       überraschenden Traumstart, siegten recht deutlich gegen das Nummer-
       eins-Doppel Marcelo Arevalo/Mate Pavić aus El Salvador und Kroatien (6:3,
       6:4). Gefeiert wurde anschließend kräftig, ganz nebenbei auch der
       Geburtstag von Vater Krawietz.
       
       Pütz und sein Kompagnon Krawietz, der eher zurückhaltende Oberfranke,
       haben in vielen Profijahren auf der großen Tour schon zu vieles erlebt, um
       sich noch über die Verhältnisse zwischen Doppel und Einzel aufzuregen.
       Krawietz war einst [2][Teil des Erfolgsduos „KraMies“], zusammen mit dem
       Kölner Andreas Mies. Sie schrieben deutsche Tennisgeschichte, gewannen zwei
       Mal die French Open; es war nichts weniger als die größte
       schwarz-rot-goldene Centre-Court-Sensation seit den Tagen von Becker und
       Stich. Als sich Krawietz und Mies über die Zeit auseinandergelebt hatten,
       trat Pütz an die Stelle von Mies. Neuer Kampfname: KraPütz.
       
       ## Ein Leben neben dem Tennis
       
       Pütz ist inzwischen 36 Jahre alt, Krawietz 32. Beide sind Familienväter,
       das Sport- und Privatleben unter einen Hut zu bringen, ist herausfordernd,
       aber auch spannend. „Der Tagesablauf kann auch mal chaotisch sein, aber das
       bringt auch Spaß. Es ist nicht alles so perfekt getaktet“, sagt Pütz. Kurz
       gesagt: Das hessisch-fränkische Duo will sich nicht komplett vom Job das
       Leben diktieren lassen, sondern noch ein Leben neben dem Tennis leben.
       
       Bei den Australian Open zu Jahresbeginn verbrachten sie die Turnierzeit in
       einer WG mit 14 Personen in einem großen Haus in Melbourne. Selbst der
       Trainer Lukas Wolff reiste mit Familie nach Down Under an. „Man geht
       irgendwann zur Anlage, macht seinen Job. Und kehrt dann wieder zum anderen,
       normalen Leben zurück“, sagt Pütz. Die Familie sei „einfach superwichtig“,
       gebe Halt und Sinn, sagt Krawietz. Er war im Januar 2023 zum ersten Mal
       Vater geworden, nannte die Geburt von Sohn Theo „das schönste Geschenk und
       Gefühl der Welt“.
       
       Strapaziös sind die Tage im Tennisbetrieb aber dennoch. Abertausende
       Kilometer legen die Kompagnons zurück, reisen quer durch Zeitzonen und über
       die Kontinente. Nach dem US-Open-Finale ging es zuletzt in einem
       abenteuerlichen Trip ins chinesische Zhuhai – zum deutschen Davis-Cup-Team.
       In der Nationalmannschaft sind sie ein wichtiger Stützpfeiler, demnächst
       auch bei den finalen Knockout-Spielen in Malaga, die das Tennisjahr
       beschließen.
       
       Zuerst aber gilt alle Konzentration dem Titelkampf in Turin, einem offenen
       Rennen der acht besten Pärchen der Spielzeit 2024. „Jeder kann hier jeden
       Tag gegen jeden gewinnen“, [3][sagt Krawietz,] der von 2019 bis 2021 drei
       Mal mit Ex-Partner Mies in der Vorrunde ausschied. Am Mittwoch könnten die
       Deutschen schon einen entscheidenden Schritt Richtung Halbfinale machen –
       gegen die Lokalmatadoren Simone Bolelli und Andrea Vavassori. Jüngst bei
       den US Open gewannen KraPütz im Achtelfinale dramatisch im Tiebreak des
       dritten Satzes gegen die Italiener.
       
       12 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /US-Open-Sieger-Jannik-Sinner/!6032561
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jörg Allmeroth
       
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