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       # taz.de -- Hetzjagd auf Juden: Nach Amsterdam ist vor noch mehr Hass
       
       > Es ist auch offener Judenhass, der sich am Rande eines Fußballspiels
       > mitten in Europa entlädt, und dem viele danach mit einer Relativierung
       > begegnen.
       
   IMG Bild: Die Polizei in Amsterdam nimmt einen Mann fest, November 2024
       
       Schauen wir auf den Spielplan des internationalen Fußballs. Am heutigen
       Donnerstag, 14. November, spielt Israel in Paris gegen Frankreich in der
       Uefa [1][Nations League]. Ein „Hochsicherheitsspiel“, heißt es. Israels
       Regierung rät seinen Bürgern dringend von der Anreise ab. Am 28. November
       wird im Rahmen der [2][Europa League] Maccabi Tel Aviv gegen Beşiktaş
       Istanbul antreten, und zwar ohne Zuschauer im ungarischen Debrecen. Das
       geht auf eine türkische und ungarische Initiative zurück.
       
       Dem europäischen Fußballverband [3][Uefa] hingegen genügt es völlig, sich
       allgemein gegen Gewalt auszusprechen. Die [4][Hatz, der vergangene Woche]
       in Amsterdam israelische Fußballfans ausgesetzt waren, ist für die Uefa
       kein Thema. Das ist bemerkenswert, schließlich gehört der Kampf gegen
       Rassismus angeblich zu ihrer Agenda, und tatsächlich sanktioniert die Uefa
       rassistische Gesänge, homophobe Transparente oder diffamierende Gesten.
       
       Doch schon vor einer Woche, als bei einer Champions-League-Partie von
       [5][Paris St-Germain] ein riesiges „Free Palestine“-Transparent entrollt
       wurde, das auch einen martialischen Krieger mit Kufiya heroisiert, tat die
       Uefa nichts. Ob das damit zusammenhängt, dass PSG [6][dem Staatsfonds Qatar
       Sports Investment] gehört, wie die israelische Zeitung Ha’aretz vermutet,
       sei dahingestellt.
       
       Dass die Uefa nun genötigt wurde, wenigstens ein bisschen zu handeln, liegt
       am Krieg, den Israel aktuell in Gaza und im Libanon führt, und im engeren
       Sinne sind es die Amsterdamer Ausschreitungen, die etliche Augenzeugen als
       Pogrom beschreiben.
       
       ## Relativierende Einwände
       
       Zu Amsterdam ist gegenwärtig viel von [7][„Falschmeldungen“] die Rede: Es
       seien viele israelische Fans nicht als Opfer, sondern als Täter zu
       betrachten. Die „Vorgeschichte“ seien „gewaltsame Übergriffe von Anhängern
       des Fußballclubs Maccabi Tel-Aviv“, schreibt die [8][Frankfurter
       Allgemeine]. Und die Zeitung [9][nd] glaubt, von Antisemitismus könne man
       nicht sprechen, denn die Opfer seien „als Israelis und nicht wegen ihres
       Glaubens verfolgt worden“. Ein oft verbreitetes Video zeige nicht, wie
       anfänglich berichtet, Gewalt gegen Maccabi-Anhänger, sondern israelische
       Fans, die selbst angreifen.
       
       Tatsächlich gab es mehr hässliche Szenen, als zunächst bekannt war.
       Maccabi-Fans waren mit rassistischen Gesängen durch Amsterdamer Straßen
       gezogen, eine Palästinafahne wurde verbrannt. Die [10][Einschätzung]
       jedoch, dass marodierende Fangruppen, die möglichst derb provozieren
       wollen, im internationalen Fußball leider nicht ungewöhnlich sind, wird von
       vielen Beobachtern in diesem konkreten Fall nicht akzeptiert. Deren
       Auftritt wird vielmehr in Relation gesetzt zu den folgenden antisemitischen
       Jagdszenen. Es ist die Erzählung von der „Gewalt auf beiden Seiten“, die
       gleichermaßen zu verurteilen sei.
       
       Aber trotz der um sich greifenden Rede von „Falschmeldungen“ ist an der
       Tatsache, dass sich in der Nacht auf Freitag in Amsterdam ein kaum
       vorstellbarer Judenhass breit machte, nicht zu rütteln. In einer
       gründlichen Rekonstruktion des Geschehens berichtet die Wochenzeitung
       [11][Jüdische Allgemeine] von Fällen, wie sich Israelis in Häuser flüchten
       mussten, von Personen- und Passkontrollen, die sich als
       Pro-Palästina-Aktivisten verstehende Menschen durchführten und dabei
       abfragten, wer Jude sei. Der britische [12][Guardian], der die Nacht
       ebenfalls rekonstruierte, berichtet von stundenlangen Hetzjagden mit
       Motorrollern und E-Bikes.
       
       Sortieren wir die vielen Befunde. Es ist nicht nur der jüngste Nahostkrieg,
       der sich auf den Fußball auswirkt. Es ist auch ein offener Judenhass, der
       sich mitten in Europa entlädt, und dem Sportverbände und viele Medien mit
       einer Relativierung begegnen, die nicht selten den Sound in sich trägt, es
       seien doch die Juden, die angefangen hätten.
       
       14 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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   DIR [7] /Wirbel-um-Berichterstattung-in-Amsterdam/!6045521
   DIR [8] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amsterdam-die-jagd-auf-fans-aus-israel-hat-eine-vorgeschichte-110102406.html
   DIR [9] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1186660.fan-gewalt-beim-fussball-berichte-zu-ausschreitungen-in-amsterdam-wurden-korrigiert.html
   DIR [10] /Angriffe-auf-israelische-Fans/!6045259
   DIR [11] https://www.juedische-allgemeine.de/juedische-welt/was-ueber-die-gewaltszenen-in-amsterdam-bekannt-ist/
   DIR [12] https://www.theguardian.com/world/2024/nov/11/what-happened-amsterdam-israeli-football-fans
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Krauss
       
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