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       # taz.de -- Krieg in der Ukraine: Mit dem Rücken zur Wand
       
       > Crash der Ampel in Deutschland, ein unberechenbarer US-Präsident 2025,
       > der bisher härteste Winter für die Ukraine. Europa muss sich neu
       > sortieren.
       
   IMG Bild: Unter ständigem Druck: Menschen in der Ukraine sitzen während einer Evakuierung in einem gepanzerten Minivan
       
       Berlin taz | Genau eine Woche ist es her, dass die Welt mit einem neuen
       US-Präsidenten mit dem Namen Donald Trump aufwachte. Wenige Stunden später
       krachte die Ampelregierung in Berlin. Die USA und Deutschland waren bisher
       die beiden wichtigsten Unterstützer der Ukraine, mit Waffen, mit Geld, mit
       politischer Solidarität.
       
       Mit den neuen Unwägbarkeiten stehen sowohl die Nato als auch die EU enorm
       unter Druck. Am Mittwoch reiste [1][der noch amtierende US-Außenminister
       Antony Blinken] ins Nato-Hauptquartier nach Brüssel.
       
       Bei einem Treffen mit dem Generalsekretär des Militärbündnisses Mark Rutte
       und dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha wurde mehr als deutlich,
       was derzeit auf dem Spiel steht. „Die Verteidigung der Ukraine kann nicht
       auf Eis gelegt und es kann nicht abgewartet werden“, sagte Sybiha. Blinken
       bemühte sich am Mittwoch um vorauseilende Schadensbegrenzung.
       
       ## Zukunft der Ukrainehilfe unsicher
       
       Trump hatte mehrfach im Wahlkampf die Ukrainehilfe in Frage gestellt und
       ventiliert, dass er [2][die russische Invasion binnen 24 Stunden beenden
       würde]. Die Sorge ist groß, dass Kyjiw gezwungen wird, einen Frieden nach
       russischer Art zu akzeptieren. Details über Trumps Pläne sind aber nach wie
       vor nicht bekannt.
       
       Blinken äußerte sich wie Rutte zudem deutlich zur Beteiligung Nordkoreas am
       Krieg Russlands gegen die Ukraine. Der US-Außenminister sprach von einer
       „entschlossenen Reaktion“, die nun folgen müsse. Die USA gehen davon aus,
       dass nordkoreanische Soldaten derzeit Seite an Seite mit russischen Truppen
       kämpfen, die meisten davon in der Region Kursk. Rutte warb an der Seite
       Blinkens und Sybihas um mehr Unterstützung für die Ukraine – vor allem in
       dieser kritischen Zeit.
       
       Der US-Außenminister stellte aber auch klar, dass die Verteidigungsausgaben
       in der Nato künftig eine größere Rolle spielen werden. Die europäischen
       Staaten werden spätestens, wenn Trump im Amt ist, stärker zur Kasse
       gebeten. Laut Blinken würden derzeit 23 von 32 Nato-Mitgliedsstaaten die
       Marke von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgeben.
       
       ## Dritter Kriegswinter steht bevor
       
       Aus Kyjiw wurde am Mittwochmorgen massiver Beschuss mit Raketen, Drohnen
       und Marschflugkörpern gemeldet. Solche kombinierten Angriffe dienen dazu,
       die Luftabwehr maximal zu belasten und vielfältigen Schaden anzurichten.
       Die russische Armee attackiert insbesondere zivile Gebäude, sowie die
       Energieversorgung.
       
       Der inzwischen dritte Kriegswinter treibt auch Hilfsorganisationen um. „Es
       ist davon auszugehen, dass dieser Winter für die Zivilbevölkerung der
       Ukraine der bisher härteste wird“, sagte Christof Johnen, Leiter der
       Internationalen Zusammenarbeit beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) am Mittwoch
       in Berlin.
       
       Rund 40 Prozent der ukrainischen Bevölkerung benötigten humanitäre Hilfe.
       „Die Menschen sind erschöpft und das nicht nur an der Front“, sagte Johnen.
       Die Ukrainer:innen, die gerade aus den umkämpften Gebieten evakuiert
       werden, seien „die Ärmsten der Ärmsten“ und stiegen oft nur mit einer
       Plastiktüte im Gepäck aus dem Zug.
       
       ## Vertrauen in die USA und Deutschland schwindet
       
       Auf dem Dorf seien Nothilfen in Form von Bargeld wichtig, damit die
       Menschen Holz für den Winter kaufen könnten. In der Stadt hingegen sei „die
       Infrastruktur extrem fragil geworden“, so Johnen. „Komplexe städtische
       Infrastruktursysteme können sie über gewisse Zeit mit Notreparaturen
       instand halten, aber irgendwann bricht alles zusammen.“ Das beobachte man
       auch in anderen Kriegsregionen. Der Luftalarm und die Stromausfälle mache
       viel mit der Psyche der Menschen.
       
       [3][Das Vertrauen in die USA und auch in Deutschland schwindet] offenbar.
       Nato-Chef Rutte reiste am Mittwoch auch nach Polen. Der polnische Premier
       Donald Tusk sieht sein Land nun in einer Führungsrolle. Geplant ist
       offenbar in naher Zukunft ein Gipfeltreffen mit dem französischen
       Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Keir Starmer.
       
       Gemeinsam – mit Tusk an der Spitze – will man sich auf eine
       US-Administration unter Trump vorbereiten. Sowohl Rutte als auch Tusk wird
       nachgesagt, ein relativ gutes Verhältnis zu dem Republikaner zu haben. Der
       Reisetrip Ruttes setzt sich am Donnerstag fort. Dann wird er in Lettland
       erwartet.
       
       13 Nov 2024
       
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