# taz.de -- Prognose zu KI und Stromverbrauch: Der Energiefresser
> Eigentlich soll Künstliche Intelligenz das Leben der Menschen
> erleichtern. Doch der große Stromhunger macht KI auch zum potenziellen
> Klima-Killer.
IMG Bild: Auch in Smartphone-Apps steckt immer häufiger Künstliche Intelligenz
Düsseldorf/Potsdam dpa | Entwickelt sich die [1][Künstliche Intelligenz]
mit ihrem unersättlichen Energiehunger zum großen Klimakiller? Der
Energieverbrauch von Rechenzentren für KI-Anwendungen und andere
Digitalisierungsprojekte wird in Europa jedenfalls bis zum Jahr 2030 stark
ansteigen – und kann wohl nicht allein aus erneuerbaren Quellen gedeckt
werden.
Laut einer Studie von McKinsey wird sich der Strombedarf in diesem Zeitraum
voraussichtlich auf mehr als 150 Terawattstunden bis 2030 fast
verdreifachen. „Das macht rund fünf Prozent des gesamten europäischen
Stromverbrauchs aus“, sagte Diego Hernandez Diaz, Partner bei McKinsey &
Company, der dpa. Bislang seien es nur zwei Prozent.
Der [2][steigende Strombedarf von KI] könnte den Klimawandel beschleunigen,
wenn er nicht durch [3][erneuerbare Energien] gedeckt werde, heißt es in
der McKinsey-Studie. Derzeit stamme ein Großteil des Stroms für
Rechenzentren noch aus fossilen Brennstoffen, obwohl sich viele große
Rechenzentrumsbetreiber – darunter auch Branchenriesen wie Amazon (AWS),
Microsoft und Google – verpflichtet haben, ihre Anlagen mit erneuerbaren
Energien zu betreiben.
Zuletzt mussten die Tech-Riesen nämlich einräumen, dass der KI-Boom zu
einem deutlichen Anstieg ihrer Treibhausgasemissionen geführt hat. Im
jüngsten Google-Umweltbericht hieß es im vergangenen Juli, der Ausstoß sei
allein im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf über 14,3 Millionen Tonnen
Kohlendioxid gestiegen, „ausgelöst vornehmlich durch den gestiegenen
Energieverbrauch von Rechenzentren und Emissionen in der Lieferkette“.
## Warum ist KI ein Stromfresser?
Die Ursachen des großen Stromhungers kann man exemplarisch an der
technischen Ausstattung eines neuen KI-Rechenzentrums sehen, das vom
Elon-Musk-Unternehmen xAI im Sommer eröffnet wurde. Die Anlage nutzt
100.000 der neusten Spezialchips (sogenannte H100 GPUs von Nvidia)
gleichzeitig, wie Musk auf X stolz verkündete.
„Jeder dieser Nvidia-Prozessoren hat eine Leistung von 700 Watt, was
ungefähr der Leistung eines modernen, energieeffizienten Backofens
entspricht“, sagt Ralf Herbrich, Leiter des Fachgebiets „Künstliche
Intelligenz und Nachhaltigkeit“ am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in
Potsdam. Wenn dieses Rechenzentrum ein Modell trainiere, brauche es 70
Megawatt allein für die Berechnungen. „Rechnet man den Energieverbrauch für
die Netzwerkübertragung der Daten hinzu, verdoppelt sich das noch einmal.
Das entspricht der Energieleistung von 25 Windkrafträdern.“
Weltweit summiert sich das: Herbrich schätzt, dass global die Rechenzentren
vier bis fünf Prozent des Energieverbrauchs ausmachen. „Nimmt man die
Nutzung digitaler Technologien wie Laptops und Smartphones dazu, sind acht
Prozent des weltweiten Energieverbrauchs erreicht.“ Ein enormer Anteil
dieser Energie gehe in das Training von KI-Modelle.
## Ein KI-Bild wie eine halbe Handyladung
Wenn man sich Texte und Bilder mit modernen KI-Modellen erstellen lässt,
wird ähnlich wie beim KI-Training viel Strom verbraucht: Das Generieren
eines Bildes basierend auf einer Textanfrage verbraucht nach Berechnungen
des Experten so viel Energie wie eine halbe Handyladung. „Selbst wenn
KI-Modelle zukünftig weniger trainiert werden, wird die Vorhersage mit
diesen Modellen den Energieverbrauch stetig steigen lassen.“ Die Anzahl der
Berechnungsschritte für die genauesten KI-Modelle habe sich seit dem Jahr
2018 bis heute fast um einen Faktor von einer Million vergrößert.
Herbrich sieht aber auch Ansätze, um den Energieverbrauch von KI-Methoden
zu senken: die Anzahl der Berechnungsschritte zu verkleinern und die
Energie pro Berechnungsschritt deutlich zu reduzieren. Dazu müsse man
mathematisch andere Verfahren verwenden, die effizienter seien. Ein
alternativer Ansatz sei, die Energieverbrauch der einzelnen
Berechnungsschritte zu verringern. Wichtig sei, dass bei der Vereinfachung
der Formeln die Genauigkeit der KI-Vorhersagen nur minimal sinke.
## Nicht genügend sauberer Strom
Aber selbst mit energieeffizienteren Algorithmen wird der Strombedarf durch
KI-Anwendungen zunehmen, weil immer mehr Menschen im Beruf und in der
Freizeit Künstliche Intelligenz einsetzen. Und beim tatsächlich vorhandenen
Energiemix in der Europäischen Union wird jede KI-Nutzung auch
CO2-Emissionen generieren. Im Jahr 2023 wurde knapp ein Drittel des Stroms
(32,5 Prozent) in der EU mit fossilen Brennstoffen produziert.
Die zunehmende Nachfrage nach sauberem Strom bringe erhebliche
Herausforderungen mit sich, sagt McKinsey-Energieexperte Diaz. So seien
zuverlässige Stromquellen nur begrenzt verfügbar. Außerdem gebe es Engpässe
bei der Verfügbarkeit von Fachkräften. Die zusätzliche Nachfrage nach
grünem Strom erfordert der Studie zufolge massive Investitionen in
erneuerbare Energiequellen und den Ausbau der Strominfrastruktur, um den
Strom von den Erzeugungsstandorten zu den Verbrauchern zu transportieren.
Für die gesamte Klimabilanz der Künstlichen Intelligenz muss man aber auch
die Beiträge zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel
berücksichtigen – zum Beispiel im Energiesektor, in der Güterproduktion, in
der Land- und Forstwirtschaft oder im Katastrophenschutz. „So kann KI
helfen, die Ernährungssicherheit zu steigern und Ressourcen in der
Landwirtschaft und der industriellen Produktion effizienter zu nutzen, aber
auch wissenschaftliche Experimente und damit die Entwicklung sauberer
Technologien zu beschleunigen“, erklärte Vérane Meyer, Digitalexpertin der
Heinrich-Böll-Stiftung zur Vorlage des Reports „Smarte Technologie gegen
den Klimawandel“.
Auch die Digitalbranche betont die Rolle der KI als Hilfe beim Klimaschutz:
„Künstliche Intelligenz hat für den Klimaschutz ein riesiges Potenzial“,
sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „KI kann den
Energieverbrauch von Fabriken entscheidend senken, Gebäude auf CO2-Sparkurs
bringen, Lebensmittelverschwendung verringern oder in der Landwirtschaft
den Einsatz von Dünger minimieren.“
1 Nov 2024
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