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       # taz.de -- Housing First in Hamburg: Nur ein kleiner Tropfen
       
       > Das Hamburger Housing First-Projekt für Obdachlose ist erfolgreicher als
       > zunächst gedacht. Bislang konnten 30 Menschen in Wohnungen vermittelt
       > werden.
       
   IMG Bild: Kein sicherer Rückzugsort, um wieder ins Leben zurückzufinden: Zelt unter einer Hamburger Brücke
       
       Hamburg taz | Das Hamburger Modellprojekt für [1][Housing First] ist
       erfolgreicher als zu Beginn angenommen. Insgesamt 30 Menschen konnte die
       Diakonie, die das Projekt seit 2021 umsetzt, bisher in 29 Wohnungen
       vermitteln. Damit hat das Projekt sein geplantes Ziel bereits erreicht. Um
       weitere Vermittlungen in der noch acht Monate laufenden Projektlaufzeit zu
       ermöglichen, wollen SPD und Grüne in der Bürgerschaft nun die geplante
       Fördersumme um 20 Prozent erhöhen.
       
       Der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung sieht die Überwindung von
       Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 vor. Dazu muss angesichts der
       Wohnungsproblematik in Deutschland schnell viel passieren. Der Aktionsplan
       formuliert grundlegende Ziele und Erfolge sowie zentrale Maßnahmen, um
       diese Ziele zu erreichen. Unter anderem soll der in Deutschland noch wenig
       verbreitete Housing-First-Ansatz gefördert werden.
       
       Das Ziel von Housing-First-Projekten ist es, obdachlosen Menschen eine
       Wohnung und die Unterstützung zu bieten, die sie benötigen. Sie sollen
       einen sicheren Rückzugsort haben, der Weg zurück in die Gesellschaft soll
       so erleichtert werden.
       
       Wie erfolgreich die Strategie ist, zeigt sich in Finnland. Dort hat ein
       groß angelegtes Housing-First-Projekt dazu geführt, dass die Zahl der
       Obdachlosen zurückgegangen ist. In Hamburg, aber auch in ganz Europa,
       steigt sie von Jahr zu Jahr.
       
       ## Reguläre Mietverträge
       
       Im Hamburger Projekt erhalten die Betroffenen eine unbefristete Wohnung, an
       die nur wenige Bedingungen geknüpft sind. Die Wohnungen gehören
       Vermieter:innen, die sie über die Wohnungsvermittlung des Projektes
       anbieten. Die Miete wird anfangs häufig über das Wohngeld oder das
       Bürgergeld von den Behörden finanziert, bis die Menschen auf eigenen Beinen
       stehen können. Der Mietvertrag besteht ganz regulär zwischen den
       Mieter:innen und den Vermieter:innen.
       
       In Hamburg zieht das Projekt eine positive Zwischenbilanz. Bei den
       Menschen, die über Housing First eine Wohnung gefunden haben, sei eine
       [2][sehr positive Entwicklung] zu beobachten. Auch die Diakonie bestätigt,
       wie wichtig die Wohnungen für die einzelnen Menschen sind.
       
       Wenn man das Projekt jedoch in den größeren Zusammenhang der
       Obdachlosigkeit stellt, ändern die wenigen Wohnungen jedoch nicht viel. Die
       Zahl der Obdachlosen steigt immer mehr, zuletzt zählte die Stadt 2.000
       Menschen. Das Hamburger Straßenmagazin Hinz&Kunzt und das dahinter stehende
       gleichnamige Projekt gehen davon aus, dass es dieses Jahr noch einmal
       deutlich mehr sein werden.
       
       Hinz&Kunzt wisse auch durch eigene Projekte, dass eine langfristige
       Wohnmöglichkeit eine erfolgreiche Strategie sei, Menschen nachhaltig aus
       der Obdachlosigkeit zu holen. Projekte wie Housing First seien ideal, es
       müsse aber deutlich mehr Wohnungen geben.
       
       Wie viele Menschen das Projekt noch in Wohnungen vermitteln kann, ist
       unklar. Die Diakonie ist optimistisch, dass durch die Aufstockung der
       Mittel mehr Menschen betreut werden können. Die Ausweitung des Projekts sei
       poitiv, Housing First sei neben anderen Strategien ein wichtiger Baustein
       im Kampf gegen Wohnungslosigkeit.
       
       Ein Problem ist allerdings der Hamburger Wohnungsmarkt.
       [3][Sozialwohnungen] und günstige Mieten sind für die meisten nur schwer zu
       bekommen. Auch wenn die Zusammenarbeit der Diakonie mit der
       Wohnungswirtschaft sehr gut sei, brauche es in Zukunft mehr Wohnraum
       speziell für Wohnungslose, so Malte Habscheidt, Pressesprecher des
       [4][Projekts Housing First]. Offen ist auch, wie es mit dem Projekt nach
       dem Modellzeitraum weitergeht. Das muss die Sozialbehörde entscheiden.
       
       Eine Schwachstelle des Hamburger Projektes ist, dass nur Menschen mit
       sozialrechtlichen Ansprüchen Zugang haben. Dadurch fallen viele Obdachlose,
       die beispielsweise keine deutschen Staatsbürger:innen sind, aus dem
       System und können diese Form der Hilfe nicht in Anspruch nehmen. Aktuell
       kommen immer mehr wohnungslose Menschen aus EU-Nachbarländern wie Polen
       oder Rumänien. Sie können von Wohnprojekten dieser Art nicht aufgefangen
       werden.
       
       10 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Hilfe-fuer-Obdachlose/!5946235
   DIR [2] /Housing-First-in-Bremen/!6035678
   DIR [3] /Kampf-gegen-hohe-Mieten/!5888918
   DIR [4] https://housing-first.hamburg/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frida Schubert
       
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