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       # taz.de -- Nordderby in der Handball-Bundesliga: Flensburger Ausrufezeichen beim Kampf um die Meisterschaft
       
       > Früher war beim Nordderby klar: Die Spieler des THW Kiel jubeln und die
       > Flensburger fahren wie geprügelte Hunde heim. Diese Gewissheit ist
       > vorbei.
       
   IMG Bild: Siegreich trotz schlechtem Start: Flensburgs Spieler nach dem Abpfiff des Spiels gegen den THW Kiel
       
       Kiel taz | Johannes Golla ist als ernsthafter Mensch bekannt; er ist
       keiner, der sich über den Gegner lustig macht – schon gar nicht nach einer
       Niederlage. Doch auf die Frage, ob er die Kieler Ostseehalle schon einmal
       so leise gehört habe, sagte der Kapitän der SG Flensburg-Handewitt
       lächelnd: „Ja, letztes Jahr.“
       
       Es ist nämlich anders als früher; da reisten die Flensburger oft wie
       geprügelte Hunde nach den Handball-Derbys heim an die Grenze, ein Sieg in
       Kiel war selten wie Sonne im norddeutschen Winter. Das hat sich gedreht. In
       der Vorsaison stand das 33:26 der SG, der höchste Bundesligaerfolg der
       Flensburger beim großen Rivalen.
       
       Am Sonntagnachmittag kam nun ein 37:33 (17:17) hinzu – und diese Niederlage
       fiel für den THW noch schmeichelhaft aus: Ihm war in der zweiten Halbzeit
       minutenlang der Stecker gezogen; Trainer Filip Jicha ließ seine Mannschaft
       lange im 7:6 mit leerem Tor spielen – die SG traf fünfmal ins verwaiste
       Gehäuse und zog bis zur 40. Minute auf 25:20 davon. Laute Pfiffe gellten
       durch die ausverkaufte Arena; eine Seltenheit in Kiel. Das Publikum war mit
       der Taktik des Trainers unzufrieden.
       
       „Wir waren natürlich darauf vorbereitet, dass Kiel den Torwart rausnimmt
       und mit einem weiteren Feldspieler spielt“, sagte Golla, „und eigentlich
       spielen sie das auch sehr gut.“ Diesmal nicht, und die SG profitierte mit
       ihren fünf Treffern aus fünf Versuchen zu 100 Prozent. „Es gibt einen
       Überschuss und gute Laune, ins leere Tor zu treffen“, sagte Lasse Möller.
       
       Der Kieler Coach hingegen erklärte die Fehlabspiele mit der [1][fehlenden
       Erfahrung seiner jungen Kräfte] aus 2000er-Jahrgängen: „Sie müssen mal fünf
       solcher Derby gespielt haben, damit sie sicher genug sind.“
       
       Mit acht Minuspunkten ist die Meisterschaft für den THW in weite Ferne
       gerückt, während Flensburg bei fünf Minuspunkten steht und in Schlagdistanz
       zur MT Melsungen auf Platz eins ist. Dieser Sieg war auch für Trainer
       [2][Nicolej Krickau] sehr wichtig, hatte er zuletzt doch auch in der Kritik
       gestanden, weil die SG als einer der Meisterschaftsfavoriten gilt, bisher
       aber nicht so gespielt hat.
       
       Dabei hatte es ganz schlecht angefangen für das Team von der dänischen
       Grenze. Beim 3:9 in der zwölften Minute sah es nach einer schnellen
       Entscheidung aus. Selbst wenn es die im Handball auf solchem Niveau nur
       selten gibt, wirkte Flensburg dem Kieler Ansturm wehrlos ausgesetzt. „Wir
       haben gelernt, nach schlechtem Start nicht alles infrage zu stellen und bei
       uns zu bleiben“, sagte Kapitän Golla, „in unseren schlechten Spielen haben
       wir zu lange unser System verlassen.“ Diesmal genügte eine Auszeit.
       Flensburg deckte offensiver, wechselte Lasse Möller als Spielmacher ein,
       und kam noch vor der Pause zum 13:13-Gleichstand.
       
       „Wir kennen uns so gut und so lange“, sagte Möller, der am Sonntag vollends
       überzeugte mit acht Toren, „wir müssen das nur ausspielen.“ Mit sechs Dänen
       in der Startsieben, davon drei und Trainer Krickau beim Klub GOG von der
       Insel Fünen handballerisch sozialisiert, lief das Spiel der SG nach der
       Pause wie am Schnürchen, die SG zog auf 20:18 und 27:21 davon.
       
       „Wir haben mit Lasse Möller für Mads Mensah ein höheres Niveau im Angriff
       erreicht“, erklärte Krickau eine entscheidende Auswechslung, „wir konnten
       das Spiel dann steuern. Mich hat die Coolness des ganzen Kaders gefreut.
       Sie haben auch am schlechten Anfang akzeptiert, dass wir weitermachen
       müssen.“
       
       ## Ein Sieg fürs Gemüt
       
       Seine Coolness war an diesem Nachmittag, zur Halbzeit Torwart Kevin Möller
       auszutauschen, obwohl der acht Würfe abgewehrt hatte. „Mein
       Assistenztrainer war auch überrascht“, sagte Krickau, „ich hatte das
       Gefühl, den Kielern gerade am Kreis etwas anderes entgegensetzen zu
       müssen.“
       
       Für Möller kam Benjamin Buric, hielt 16 Bälle, und gab Flensburg ein gutes
       Gefühl von hinten heraus. „Wir haben viel Vertrauen in beide“, sagt ihr
       Trainer, der zuletzt in wichtigen Spielen fast immer auf Möller gesetzt
       hatte.
       
       Also wird der von den Fans umjubelte Sieg nicht nur gut für die Tabelle,
       sondern auch für das Gemüt gewesen sein: Minutenlang feierten die
       Handballprofis in Blau und Rot den überzeugenden Sieg im 111. Nordderby mit
       ihren Fans – in einer ausgeglichen wie nie wirkenden Bundesliga bedeutete
       dieser Erfolg ein fettes Ausrufezeichen hinter den [3][Flensburger
       Meisterschaftsambitionen].
       
       18 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Heike
       
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