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       # taz.de -- Klimakonferenz in Baku: Der Streit um Geld
       
       > Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verspricht auf dem
       > Weltklimagipfel finanzielle Hilfen. Die großen Fragen aber bleiben
       > ungeklärt.
       
   IMG Bild: Robert Habeck spricht mit Journalisten in Baku
       
       Baku taz | Deutschland will für den grünen Umbau der Industrie in ärmeren
       Staaten zusätzlich 220 Millionen US-Dollar bereitstellen, kündigte
       Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag am Rande der
       Weltklimakonferenz im aserbaidschanischen Baku an. Der frisch gekürte
       Kanzlerkandidat nannte die Summe als Teil einer neuen Finanz-Initiative, an
       der sich auch Großbritannien und Kanada beteiligen.
       
       Zusammen mit Mitteln aus internationalen Klimafonds kämen durch das
       Programm 1,3 Milliarden Dollar zusammen, so Habeck und der britische
       Klimaminister Ed Miliband. Der deutsche Anteil des Geldes stamme demnach
       aus der Internationalen Klimaschutzinitiative von
       Bundeswirtschaftsministerium, Bundesumweltministerium und Auswärtigem Amt.
       Es handele sich im Wesentlichen um Mittel aus dem Bundeshaushalt des
       laufenden Jahres, so Habeck. Wie es mit solchen Finanzzusagen ab dem
       kommenden Jahr aussieht, ist schließlich ungewiss. Die
       auseinandergebrochene Ampel-Regierung hat sich nicht mehr auf eine
       Haushaltsplanung für 2025 geeinigt.
       
       Während seines Besuchs warb Habeck auch für die Erhebung von Abgaben auf
       den Ausstoß von CO2, wie es beispielsweise im Europäischen Emissionshandel
       geschieht. „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagte der
       Vizekanzler. Der CO2-Ausstoß in Deutschland sei gerade in den Bereichen
       gesunken, die Teil von dem europäischen Handelssystem sind, nämlich Energie
       und Industrie.
       
       Es sei deshalb gut, dass der Emissionshandel in der EU ab 2027 auch die
       Sektoren Verkehr und Wärme umfassen soll. Die Einnahmen solcher
       marktbasierten Ansätze könnten zudem für den ökologischen Umbau der
       Wirtschaft genutzt werden. Die Bundesregierung habe 20 Millionen Euro für
       eine Initiative der Weltbank zugesagt, mit der die CO2-Bepreisung weltweit
       vorangetrieben werden soll.
       
       Weil das klimaschädliche Produkte teurer macht, sieht Habeck auch „eine
       Herausforderung“ auf Verbraucher*innen zukommen. Angaben zum sozialen
       Ausgleich – etwa durch ein Klimageld, wie die Ampel-Regierung es laut ihrem
       Koalitionsvertrag entwickeln wollte – machte er nicht.
       
       ## Die Rolle Chinas
       
       Mit Blick auf einen der Hauptstreitpunkte des Gipfels, die Verabschiedung
       eines neuen globalen Finanzziels zur Unterstützung der ärmsten Länder,
       forderte Habeck, den Kreis der Geberländer für Klimahilfen zu erweitern.
       Reiche Schwellenländer wie China, Saudi-Arabien und Katar sollten sich an
       der Finanzierung ärmerer Staaten beteiligen. Diese Schwellenländer hätten
       im Geschäft mit Öl, Kohle und Gas „astronomische Summen“ verdient. Diese
       „Übergewinne“ müssten stärker genutzt werden, „um diejenigen, die unter der
       Erderwärmung leiden, besser zu schützen“.
       
       Bisher haben sich nur die Industrieländer verpflichtet, Klima-Hilfsgelder
       für den globalen Süden zu zahlen. Seit 2020 sollen jedes Jahr insgesamt 100
       Milliarden US-Dollar fließen. Bei den Verhandlungen in Baku soll es unter
       anderem darum gehen, wie viel es ab 2025 insgesamt sein muss.
       
       Bisher gebe es von Seiten der Industrieländer auf diese Frage keine
       Antwort, beklagt Jan Kowalzig, Klimaexperte der Hilfsorganisation Oxfam.
       „Informell hören wir allerdings, dass schon eine Verdreifachung des
       bisherigen 100-Milliarden-Ziels von den Industrieländern wohl als zu
       ehrgeizig angesehen wird – im Kontrast zu den Entwicklungsländern, die
       mindestens eine Verzehnfachung fordern.“
       
       Nach wie vor würden die Industrieländer zudem die Forderung der besonders
       gefährdeten Staaten blockieren, dass das neue Klimafinanzierungsziel neben
       der Unterstützung bei Klimaschutz und Anpassung auch die Bewältigung von
       Verlusten und Schäden abdecken soll.
       
       ## Der wunde Punkt
       
       Es geht dabei um Haftung: Die Industrieländer befürchten, dass ihnen die
       Zahlung von Schadensersatz wie ein Schuldeingeständnis für die
       hauptsächliche Verursachung der Klimakrise ausgelegt wird. In den
       vergangenen Jahren gab es bei den Verhandlungen zu dem Thema zwar
       Fortschritte, etwa wurde ein erster Fonds zum Umgang mit
       klimawandelbedingten Schäden aufgesetzt – trotzdem ist das Thema immer
       wieder ein wunder Punkt.
       
       Greenpeace fürchtet zur Halbzeit der Konferenz in Baku sogar einen
       kompletten Misserfolg der Verhandlungen. „Nach der ersten Woche steht die
       Klimakonferenz dichter am Scheitern, als selbst die pessimistischen
       Vorzeichen ahnen ließen“, zog Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand
       der Umweltorganisation, am Wochenende Bilanz.
       
       Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und die Absage zahlreicher
       Staats- und Regierungschefs würden die Verhandlungen lähmen. Kaiser
       forderte die EU, das nächste Gastgeberland Brasilien und China auf, in den
       kommenden Tagen eine neue Allianz zu bilden, die sich an die Seite
       besonders vulnerabler Länder stellt. Nur so könnten die drängenden
       Finanzierungsfragen geklärt und der überfällige Ausstieg aus fossilen
       Energien vorangebracht werden.
       
       18 Nov 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Maximilian Arnhold
       
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