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       # taz.de -- Parlamentswahlen in Senegal: Zeit für den demokratischen Wechsel
       
       > Bei den Parlamentswahlen in Senegal zeichnet sich ein Wahlsieg der neuen
       > Regierungspartei Pastef ab. Diese steht für eine linke Politik.
       
   IMG Bild: Eine Wahlhelferin in Senegals Hauptstadt Dakar, vor Öffnung der Wahllokale am Sonntag
       
       Dakar taz | Der Finger von Aicha Hassoul Ba leuchtet in einer knallig
       pinken Farbe, als sie aus dem Wahlbüro der senegalesischen Stadt Pikine
       tritt. Sie habe „für Veränderung“ gewählt, erzählt sie, und meint damit
       Senegals neue [1][Regierungspartei Pastef] (Afrikanische Patrioten Senegals
       für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit). Die Farbe, die sich nicht abwaschen
       lässt, soll verhindern, dass Menschen mehrmals wählen. Für die 35-Jährige
       symbolisiert das grelle Pink eine neue Ära. Eine Hoffnung, die weite Teile
       von Senegals Bevölkerung seit Anfang des Jahres gepackt hat.
       
       Am Sonntag hat das westafrikanische Land ein neues Parlament gewählt. Es
       ist eine Wahl, die richtungsweisend für die politische Zukunft des Landes
       ist – und sie ist die zweite in diesem Jahr. Bereits bei den
       Präsidentschaftswahlen im März hatte das Volk mit großer Mehrheit die linke
       Partei Pastef und deren Vorsitzenden [2][Bassirou Diomaye Faye] ins höchste
       Amt des Landes gewählt.
       
       „Früher war Pikine für Macky Sall. Jetzt sind wir alle für Pastef“, sagt
       Aicha Hassoul Ba. Der Vorort von Senegals Hauptstadt Dakar ist eine der
       bevölkerungsreichsten Gegenden des Landes. „Es heißt immer, wer Pikine
       gewinnt, gewinnt die Wahl“, ergänzt Wahlhelfer Seydina Oumar Sy.
       
       Senegals [3][ehemaliger Präsident Macky Sall] war im März abgewählt worden,
       nachdem er zunehmend repressiv gegen Kritiker vorgegangen war und die
       Präsidentschaftswahlen verschoben hatte. Ein Unding in Senegal, einem Land
       mit tief verwurzelten demokratischen Traditionen, dem einzigen in
       Westafrika, das noch nie einen Militärputsch erlebt hat.
       
       ## Ohne Mehrheit ließ sich schlecht regieren
       
       Die [4][gewaltsamen Proteste], die daraufhin ausbrachen und Todesopfer
       forderten, waren tiefgreifend. Auch in Pikine wurde in der Zeit heftig
       protestiert. Das Schild der Shell-Tankstelle an der Hauptstraße, die durch
       den Ort führt, ist immer noch zerstört. Protestler hatten Steine geworfen
       und in ihrem Frust mehrere ausländische Marken angegriffen. Ex-Präsident
       Macky Sall war von Pastef – damals noch in der Opposition – immer wieder
       Korruption und heimliche Absprachen mit ausländischen Firmen vorgeworfen
       worden.
       
       Es ist jene alte Riege um Sall, die bis dato noch die Mehrheit im Parlament
       stellte. Neupräsident Bassirou Diomaye Faye hatte daher im September das
       Parlament aufgelöst und vorgezogene Wahlen ausgerufen, nachdem sich die
       Opposition geweigert hatte, Diskussionen über das Haushaltsgesetz
       aufzunehmen. Ohne Mehrheit lässt sich schlecht regieren, doch das ist nun
       nicht mehr der Fall.
       
       Zwar hat die Nationale Wahlbehörde noch keine Stellungnahme abgegeben, doch
       die Prognosen sagen einen eindeutigen Sieg für Pastef voraus. „Wie viele
       der 165 Sitze im Parlament tatsächlich von Pastef besetzt werden, wird
       spätestens am Freitag klar sein, wenn sämtliche Stimmen gezählt sind und
       die offiziellen Ergebnisse verkündet werden“, sagt Wahlanalyst Ababacar
       Fall vom senegalesischen Demokratieinstitut Gradec: „Ich schätze aber, dass
       es an die 130 Sitze sein werden“.
       
       Auch Konkurrent Macky Sall, der seinen Wahlkampf aus dem Ausland leitete,
       gratulierte bereits am Montag Pastef zu ihrem Sieg: „Das souveräne Volk hat
       sich eindeutig geäußert“, erklärte Sall. Ein Eingeständnis – ganz im Sinne
       der demokratischen Traditionen des Landes.
       
       Mit dem klaren Sieg ist es für Pastef Zeit, die Ärmel hochzukrempeln. Das
       Führungsduo mit Präsident Faye und Premierminister Ousmane Sonko will
       Rohstoffverträge neu verhandeln, politische Institutionen reformieren,
       Korruption bekämpfen und Arbeitslosigkeit reduzieren. Die erste
       Herausforderung wartet bereits: einen Haushalt aufzustellen, inmitten einer
       Finanzkrise.
       
       19 Nov 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Helena Kreiensiek
       
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