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       # taz.de -- Repression in Hongkong: Lange Haftstrafen für 45 Demokratieaktivisten
       
       > In einem umstrittenen Prozess fällt ein Hongkonger Gericht Urteile gegen
       > Aktivisten. Sie hatten sich gegen Pekings politische Einmischungen
       > gewandt.
       
   IMG Bild: Polizisten am Dienstag vor dem West Kowloon Magistrates' Court in Hongkong
       
       Berlin taz | In nur 30 Minuten haben die drei von Pekings Statthalter
       handverlesenen Richter am Dienstagvormittag die Urteile gegen 45 Hongkonger
       Demokratieaktivisten verhängt, wie [1][Medien] aus der südchinesischen
       Sonderverwaltungsregion berichteten. Die Verurteilten waren im Februar 2021
       festgenommen worden und saßen schon 3 Jahre und 8 Monate in strenger
       U-Haft, weil ihnen die Freilassung auf Kaution verwehrt wurde.
       
       Dabei hatten sie nie Gewalt angewendet und im Sommer 2020 nur eine
       informelle Vorwahl durchgeführt, um die Kandidaten ihrer demokratischen
       Massenbewegung mit den größten Wahlchancen zu identifizieren.
       
       Das von Peking angeordnete Sicherheitsgesetz für die eigentlich für 50
       Jahre autonome Metropole Hongkong machte aus der Vorwahl, an der mehr als
       600.000 Menschen teilnahmen, eine „Verschwörung mit dem Ziel der
       Subversion“.
       
       Die Coronapandemie lieferte dann einen Anlass zur Verschiebung der Wahl für
       den Legislativrat, die dann später weitgehend ohne Kandidaten der
       Demokratiebewegung stattfand.
       
       ## Prozess zielt auf Zerschlagung der Demokratiebewegung
       
       Kein Zweifel: Der Zweck des gesamten Verfahrens gegen die „Hong Kong 47“
       war die Einschüchterung und Zerschlagung der Peking-kritischen
       Massenbewegung, die 2019 vergeblich die versprochene Demokratisierung und
       vereinbarte Autonomie der Stadt eingefordert hatte. Hongkong war bis 1997
       eine britische Kolonie. Nach dem Motto „ein Land, zwei Systeme“ war der
       Metropole von Peking für 50 Jahre eine demokratische Selbstverwaltung
       zugesagt worden.
       
       In Hongkongs bisher größtem Verfahren nach dem umstrittenen
       Sicherheitsgesetz vom Sommer 2020 betragen die jetzigen Strafen gegen die
       von den Richtern nur nach ihren Häftlingsnummern bezeichneten früheren
       Aktivisten, Politiker, Journalisten, Dozenten und Studierenden von vier
       Jahren und zwei Monaten bis zu 10 Jahren Haft. Zwei der ursprünglich 47
       Angeklagten waren im Mai freigesprochen worden.
       
       Wer sich [2][in den Gerichtsverhandlungen, die sich vom Februar bis
       Dezember 2023 erstreckten], schuldig bekannte, bekam eine um ein Drittel
       niedrigere Strafe. 31 Angeklagte machten dies, 16 weigerten sich.
       
       Das Gericht identifizierte den Juraprofessor Benny Tai, 60, als Drahtzieher
       und gab ihm mit 10 Jahren die höchste Haftstrafe. Er war ein
       intellektueller Führer und hatte schon die „Regenschirm-Bewegung“ 2014
       inspiriert. Der prominente Studierendenführer [3][Joshua Wong], inzwischen
       28 Jahre alt, ist schon wegen anderer Urteile im Gefängnis und bekam jetzt
       weitere 4 Jahre und 8 Monate Haft aufgebrummt.
       
       ## Taiwan: „Prinzip ein Land, zwei Systeme“ ist gescheitert
       
       Vertreter westlicher Regierungen kritisierten die Urteile. Taiwans
       Regierung erklärte, sie zeigten, dass das Prinzip „ein Land, zwei Systeme,“
       das Peking auch für eine Vereinigung mit dem internationale isolierten
       Taiwan vorsieht, gescheitert sei.
       
       Das innenpolitische Klima hat sich in Hongkong mit der Durchsetzung des
       Sicherheitsgesetzes komplett geändert. Medien, Schulen, Museen und
       Organisationen müssen bei allzu offener Kritik mit Anklagen rechnen oder
       zensieren sich in vorauseilendem Gehorsam selbst. Viele Aktivisten,
       Journalisten und Wissenschaftler sind ins Ausland geflohen, oft nach
       Großbritannien oder Taiwan.
       
       An diesem Mittwoch soll auch der Prozess gegen den inhaftierten
       [4][Verleger Jimmy Lai], 76, weitergehen. Beobachter rechnen damit, dass
       der Ex-Herausgeber der geschlossenen Hongkonger prodemokratischen
       Boulevardzeitung Apple Daily das Gefängnis bis zu seinem Tod nicht mehr
       verlassen wird.
       
       19 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://hongkongfp.com/2024/11/19/breaking-hong-kong-pro-democracy-activist-benny-tai-jailed-10-years-over-subversion-in-landmark-national-security-case/
   DIR [2] /Justiz-in-Hongkong/!5910812
   DIR [3] /portrait/!5321052&s
   DIR [4] /Demokratieaktivist-in-Hongkong/!6026813
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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