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       # taz.de -- Hilfe bei häuslicher Gewalt: Ministerium bringt Gewalthilfegesetz auf den Weg
       
       > Einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung soll das Gewalthilfgesetz
       > bringen. Das Familienministerium gab den Entwurf nun in die Ressorts.
       
   IMG Bild: Das neue Gesetz könnte ein Meilenstein für die Betroffenen werden
       
       Berlin taz | Wer von häuslicher Gewalt betroffen ist, soll künftig einen
       Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. So sieht es ein Gesetzentwurf
       vor, den das Bundesfamilienministerium nun in die Abstimmung mit den
       anderen Ressorts gegeben hat. Der Entwurf des sogenannten
       Gewalthilfegesetzes liegt der taz vor. Es will die Bundesländer
       verpflichten, ausreichend Schutzeinrichtungen wie Frauenhäuser sowie
       Beratungsstellen zu schaffen. Zugleich soll sich der Bund zehn Jahre lang
       an den Kosten beteiligen.
       
       „Deutschland hat ein massives Gewaltproblem gegen Frauen“, sagte
       Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Mittwoch bei der
       Regierungsbefragung im Bundestag. „Das müssen wir geschlossen angehen.“ Das
       Gewalthilfegesetz sei ein „Meilenstein“, so Paus. Es „schreibe Geschichte“
       beim Schutz vor Gewalt. Es sei höchste Zeit, dass jede betroffene Frau
       gemeinsam mit ihren Kindern die Hilfe und Unterstützung erhalte, die sie
       bräuchten.
       
       Die Zahl der Opfer von häuslicher Gewalt war im vergangenen Jahr erneut
       gestiegen. Mehr als 250.000 Menschen waren nach [1][Zahlen des
       Bundeskriminalamts] 2023 betroffen. Dabei liegt die Dunkelziffer deutlich
       höher. Überwiegend betrifft die Gewalt Frauen: Mehr als 70 Prozent der
       Opfer häuslicher Gewalt sind weiblich, während die Täter mit 76 Prozent
       zumeist Männer sind. [2][Fast jeden zweiten Tag stirbt in Deutschland eine
       Frau durch Partnerschaftsgewalt].
       
       Bisher allerdings gibt es keine bundesgesetzliche Regelung zum Hilfesystem
       bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. Entsprechend fehlen je
       nach Gebiet mehr oder weniger Kapazitäten in Schutzeinrichtungen wie
       Frauenhäusern sowie Fachberatungsstellen. Ziel des Gesetzentwurfs ist nun,
       ein verlässliches Hilfesystem zu schaffen, das „vor geschlechtsspezifischer
       und häuslicher Gewalt schützt, interveniert, Folgen mildert und präventiv
       tätig wird“, so das Papier. Das Gesetz setzt damit die Istanbulkonvention
       des Europarats gegen Gewalt gegen Frauen weiter um.
       
       ## Hilfesystem ausbauen
       
       Jeder Mensch soll dem Entwurf zufolge unabhängig von Wohnort,
       Aufenthaltsstatus oder Einkommen kostenfrei Hilfe bekommen. Vorliegen muss
       für die Aufnahme etwa in einem Frauenhaus lediglich eine „akute
       Gefährdungslage“. Für deren Nachweis reichen die Angaben der Betroffenen
       aus. Eine polizeiliche Anzeige ist keine Voraussetzung für eine Aufnahme.
       
       Vor allem die Länder werden zur Umsetzung des Gesetzes in die Pflicht
       genommen: sie sollen ein „Angebotsnetz an zahlenmäßig ausreichenden Schutz-
       und Beratungsangeboten“ sicherstellen. Zudem sollen sie das Hilfesystem
       ausbauen: mit Maßnahmen zur Prävention von geschlechtsspezifischer und
       häuslicher Gewalt sowie zur Unterstützung des Umfelds der gewaltbetroffenen
       Person.
       
       Zwischen 2027 und 2029 soll sich der Bund am Ausbau des Hilfesystems mit
       jeweils zwischen 112 und 195 Millionen Euro jährlich an den Kosten
       beteiligen, so das Gesetz. Zwischen 2030 und 2036 beteiligt er sich mit
       jeweils 306,5 Millionen Euro. Die Länder sollen dann mit geplanten 379,5
       Millionen Euro beteiligt sein.
       
       Aus Koalitionskreisen hieß es am Mittwoch, das Gesetz sei „ein Wendepunkt
       in der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in Deutschland.“ Deshalb sei es
       richtig, dass der Bund sich befristet an den Kosten beteilige, um die
       notwendige Infrastruktur mit auszubauen. Ziel sei, das Gesetz noch im
       November ins Kabinett zu bringen. Sonst könne es in dieser
       Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden.
       
       6 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/lagebild-haeusliche-gewalt-2201488
   DIR [2] https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
       
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