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       # taz.de -- Sozialbericht 2024: Ungleichheit wächst
       
       > Zwar steigen Löhne und Vermögen in Deutschland – die Ungleichheit aber
       > auch. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Sozialbericht 2024
       > hervor.
       
   IMG Bild: Armut ist mittlerweile in Deutschland allzeit sichtbar geworden
       
       Berlin taz | Die Ungleichheit in Deutschland wächst weiter. Während
       Vermögen und Löhne insgesamt steigen, ist das Armutsrisiko gleichbleibend
       hoch – das Risiko für Altersarmut nimmt sogar zu. Das geht aus dem
       [1][Sozialbericht 2024] hervor, den mehrere Bundesinstitute, darunter das
       Statistische Bundesamt, am Mittwoch vorgestellt haben. Er gibt seit 1995
       Auskunft über die Lebensverhältnisse in Deutschland.
       
       Die reichsten 10 Prozent der Haushalte in Deutschland verfügen demnach über
       56 Prozent des Vermögens in Deutschland, heißt es in dem 444-seitigen
       Bericht. In [2][Sachen Ungleichheit] zählt Deutschland damit zu den
       Spitzenreitern im europäischen Vergleich.
       
       Vor allem Erbschaften und Schenkungen seien ein wichtiger Grund, weshalb
       sich [3][Vermögensunterschiede über Generationen hinweg zementieren]. „Vor
       allem Menschen mittleren Alters haben von diesen intergenerationalen
       Vermögenstransfers profitiert“, sagte bei der Vorstellung des Berichts
       Philip Wotschak vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).
       
       ## Lücke zwischen Ost und West schließt sich kaum
       
       Zwischen Ost und West sind die Unterschiede weiterhin groß. Ostdeutsche
       Haushalte besitzen im Durchschnitt nur 150.900 Euro Nettovermögen im
       Vergleich zu 359.800 Euro im Westen. Das Nettovermögen ermittelt sich aus
       Sach- und Finanzwerten abzüglich Kredite und anderer Verbindlichkeiten. In
       den letzten zehn Jahren hat sich diese Lücke kaum geschlossen.
       
       Derweil sind insbesondere Alleinerziehende, Menschen mit Hauptschul- oder
       ohne Berufsabschluss, Menschen in Ostdeutschland sowie mit
       Einwanderungsgeschichte von Armut bedroht. 16 Prozent der bundesdeutschen
       Haushalte liegen unter der Armutsrisikoschwelle. Bei jungen Menschen
       zwischen 20 und 29 sind es sogar rund 22 Prozent. Fast jede vierte Person
       im Alter zwischen 60 und 79 Jahren in Ostdeutschland ist von Armut bedroht.
       
       ## Alarmierende Zahlen
       
       Der Sozialbericht, der früher Datenreport hieß, untersucht seit 1995 die
       Lebensverhältnisse in Deutschland. Er kombiniert amtliche Statistik mit
       Erkenntnissen der empirischen Sozialforschung. Das Statistische Bundesamt
       gibt ihn zusammen mit dem WZB, dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
       und dem Sozio-ökonomischen Panel heraus.
       
       Angesichts dieser strukturellen Ungleichheiten warnt Thomas Krüger von der
       Bundeszentrale für politische Bildung, welche den Bericht veröffentlicht,
       vor einer [4][zunehmenden sozialen Polarisierung] in der Gesellschaft. Auch
       die sinkende Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie in
       Deutschland weise darauf hin, dass diese sich in einer Stresssituation
       befinde, so Krüger. „Die Zahlen sind alarmierend, in den letzten Jahren ist
       ein deutlich negativer Trend zu erkennen.“
       
       Neben den Themen Ungleichheit und Einkommensverteilung beschäftigten sich
       die Sozialwissenschaftler:innen auch mit Fragen wie
       Arbeitsmarktpotenzialen, Kinderbetreuung, der Lebenssituation von
       Migrant:innen, und den Sorgen der Menschen in Deutschland. „Gerade nach den
       [5][Wahlergebnissen in den USA, in denen der Wahlkampf hochemotional und
       selten sachlich geführt wurde,] ist fundierte empirische Evidenz
       unabdingbar“, so Nicola Fuchs-Schündeln, Präsidentin des WZB.
       
       6 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/sozialbericht-2024/
   DIR [2] /Soziale-Ungleichheit/!6003046
   DIR [3] /DIW-Oekonom-ueber-Vermoegensteuer/!6027802
   DIR [4] /Polarisierung-der-Gesellschaft/!6029362
   DIR [5] /US-Wahl-in-den-sozialen-Medien/!6047305
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Amelie Sittenauer
       
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