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       # taz.de -- Gegenkonferenzen zum Weltklimagipfel: Baku boykottieren
       
       > UN-Klimakonferenzen schaden mehr, als sie nützen, finden Klimabewegte –
       > erst recht in autoritären Staaten. Lösungen suchen wollen sie lieber
       > selbst.
       
   IMG Bild: Falsche Prioritäten: Gilt das für die smartphonefixierte Hundehalterin wie für die offiziellen COPs?
       
       Hamburg taz | Wie viel die [1][Klimakonferenzen der Vereinten Nationen]
       bisher zum Schutz des globalen Klimas beigetragen haben, ist eine Frage,
       auf die es durchaus kontroverse Antworten gibt. Manche sagen sogar, dass
       die Treffen dem Klima eher schaden. Darunter die [2][Initiative „Überleben“
       des gemeinnützigen Vereins Plattform Pro,] der sich für Demokratie,
       Klimaschutz und Menschenrechte einsetzt.
       
       Die Initiative ruft zum Boykott der COP29 im aserbaidschanischen Baku auf –
       COP steht für „Conference of the Parties“ und meint hier die 29.
       [3][Versammlung der Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention].
       Stattdessen soll am Sonntag eine Gegenveranstaltung in Berlin stattfinden.
       
       „Die weltweiten [4][Subventionen für fossile Brennstoffe] haben sich seit
       dem Pariser Abkommen mehr als verdoppelt“, kritisiert Thomas Finger, einer
       der Veranstalter*innen dieser „Good COP“. Auch die CO2-Emissionen
       seien gestiegen. „Es geht alles in die falsche Richtung“, sagt Finger.
       „Warum sollte man als NGO da mitmachen?“ Die zahlreichen
       Nichtregierungsorganisationen, die jährlich zur COP pilgerten, seien nichts
       als Statist*innen für eine klimafeindliche Politik, die auch
       Hinterzimmerdeals über Erdölgeschäfte abschließe. Dafür solle man sich
       nicht hergeben.
       
       Stattdessen wollen die Veranstalter*innen der Gegenkonferenz
       diskutieren, wie bessere Klimapolitik aussehen könnte – und wie man sich
       selbst daran beteiligen kann. Dabei soll es um [5][Postwachstumsökonomie],
       [6][klimaverträgliche Ernährung], Machtverhältnisse und
       Handlungsmöglichkeiten gehen. Speaker*innen sind etwa die Soziologin
       Anita Engels der Universität Hamburg, die Publizisten Marco Bülow und
       Harald Welzer sowie die Nachhaltigkeitsforscherin Halliki Kreinin vom
       Helmholtz-Zentrum Potsdam.
       
       ## Reine Alibifunktion?
       
       Aber ist es nicht besser, sich auch mit denjenigen an den Verhandlungstisch
       zu setzen, die nicht von vornherein auf der Seite des Klimaschutzes stehen?
       Immerhin geht es bei den Klimakonferenzen auch um [7][die Bereitstellung
       von viel Geld für die Länder des Globalen Südens, die massiv unter den
       Klimafolgeschäden] leiden. „Nein“, meint Veranstalter Finger. „Zumindest
       nicht so, wie es derzeit läuft.“ Durch die Teilnahme an den Konferenzen
       verschafften NGOs diesen gesellschaftliche Legitimation und werteten sie so
       auf. Anstatt aufzuklären, führe man die Öffentlichkeit in die Irre.
       
       Hinzu komme die Tatsache, dass die COP zum zweiten Mal infolge in einem
       autoritären Staat stattfindet, der [8][auf die Förderung von Erdöl und
       Erdgas setze]. Das unterminiere das Vorhaben Klimaschutz von vornherein und
       verhelfe den Autokraten zu weltweiter Anerkennung.
       
       ## Freiwilligkeit bringt es nicht
       
       Doch was ist mit den Vereinbarungen, die oft am Rande der Klimakonferenzen
       geschlossen werden? Bei der COP26 in Glasgow im Jahr 2021 etwa
       verpflichteten sich 145 Länder, die Entwaldung noch in diesem Jahrzehnt zu
       stoppen und die Renaturierung geschädigter Waldökosysteme zu beschleunigen.
       Ebenfalls schlossen sich 100 Staaten einer Initiative an, den
       Methan-Ausstoß bis 2030 um ein Drittel im Vergleich zu 2020 zu senken. Die
       freiwillige Selbstverpflichtung wurde im folgenden Jahr in Scharm
       al-Scheich konkretisiert und in Form des „Global Methan Pledge“, dem
       Globalen Methanpakt, von 158 Staaten unterzeichnet.
       
       „Aber was bringen solche Abkommen, wenn sie nicht umgesetzt werden?“, fragt
       Thomas Finger. Tatsächlich hat die globale Entwaldung seit dem Beschluss
       über den Abholzungsstopp sogar zugenommen, wie [9][eine Anfang Oktober
       veröffentlichte Analyse] zeigt. Auch die [10][Konzentration von Methan in
       der Atmosphäre wurde seit der Unterzeichnung des Abkommens nicht
       reduziert], sondern steigt weiter an.
       
       Die Good COP in Berlin ist derweil nicht die einzige Gegenveranstaltung zur
       Weltklimakonferenz. Auch im Mexikanischen Oaxaca tagen Aktivist*innen
       in dieser Woche im Rahmen einer „Anti COP“ auf der Suche nach einer
       besseren Klimapolitik. Diese Konferenz endet am 9. November.
       
       7 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Weltklimakonferenz-in-Baku/!6043187
   DIR [2] https://ueberleben.plattformpro.de/goodcop/
   DIR [3] /Politologe-ueber-Klimapolitik-mit-Trump/!6047357
   DIR [4] /Milliardaere-und-Investitionsallianzen/!5990055
   DIR [5] /Wachstumskritisches-Denken/!5960802
   DIR [6] /Klima-Versprechen-in-der-Werbung/!6016600
   DIR [7] /Klimagerechtigkeit/!6041431
   DIR [8] /Weltklimagipfel-in-Baku-im-November/!6034333
   DIR [9] https://forestdeclaration.org/wp-content/uploads/2024/10/2024ForestDeclarationAssessment.pdf
   DIR [10] /Zu-viel-Methan-in-der-Atmosphaere/!6045201
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
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