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       # taz.de -- Haushaltschaos in Berlin: Überall sinkende Schiffe
       
       > Die Berliner Bezirke ächzen unter dem Haushaltschaos des Senats. Die
       > Grünen fordern vom Senat konkrete Lösungen, um „das Schiff wieder
       > flottzumachen“.
       
   IMG Bild: Im Abgeordnetenhaus schwelt weiterhin die Haushaltskrise. Kann sie bis zum Jahresende gelöst werden?
       
       Berlin taz | Es sind ereignisreiche Zeiten: Donald Trumps Wahlsieg in den
       USA, der Bruch der Ampelkoalition, bevorstehende Neuwahlen. Dabei könnten
       das Berliner Haushaltschaos und das drei Milliarden Euro große
       Haushaltsloch schon fast in Vergessenheit geraten. Doch nicht mit den
       Berliner Grünen: Bei einer Pressekonferenz am Freitag kritisierten sie die
       „katastrophalen Auswirkungen“ der Haushaltsmisere auf die 12 Bezirke und
       deren Finanzplanung.
       
       Denn obwohl in den Vormonaten immer wieder eine Lösung angekündigt worden
       war, ist auch Anfang November noch nicht klar, wie die drei Milliarden Euro
       genau eingespart worden werden sollen. Immerhin sind [1][mindestens ein
       Drittel] des insgesamt 40 Milliarden Euro schweren Haushalts fest für
       Gehälter und Mieten verplant.
       
       Spätestens Ende September wollte die schwarz-rote Koalition einen Plan
       vorgestellt haben, dann war von November die Rede – nun rückt das
       Jahresende näher, eine Lösung aber bisher nicht. Stattdessen gilt weiterhin
       eine allgemeine [2][Haushaltssperre], die derzeit für große Unsicherheit
       bei all denjenigen sorgt, die am Tropf des Landeshaushalts hängen:
       [3][Kultureinrichtungen, freie Träger, soziale Projekte.]
       
       Die Berliner Grünen kritisierten am Freitagmorgen, den Bezirken würden die
       Haushaltsprobleme des Senats aufgehalst, ohne dass sie im Vorfeld ein
       Mitspracherecht bei der Planung gehabt hätten. Frei nach dem Motto: Die
       Suppe, die man sich eingebrockt hat, müsse man auch selbst wieder
       auslöffeln. Außerdem seien die Bezirkshaushalte inklusive der
       erforderlichen Sparmaßnahmen längst beschlossen, sagte Jörn Oltmann, grüner
       Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg.
       
       ## Bezirke können nicht einmal Signale senden
       
       Claudia Leistner, Stadtentwicklungs-Stadträtin von Treptow-Köpenick, sprach
       von „dramatischen Konsequenzen“ der Haushaltssperre. Weil
       Zuwendungsbescheide derzeit nicht freigegeben werden dürften, stünden freie
       Träger vor „maximaler Unsicherheit“. Dass es Anfang November noch keine
       Finanzierungssicherheiten gebe, sei zwar nicht unüblich, dass auch
       entsprechende Signale fehlten, aber schon. Können im nächsten Jahr
       Mitarbeiter:innen weiterbeschäftigt und Mietverträge verlängert
       werden? Das bleibt zum Ende des Jahres weiterhin völlig offen.
       
       In Treptow-Köpenick sei beispielsweise die Straßensozialarbeit von
       Projekten wie „Gangway“ gefährdet. Soziale Träger wie „Treffpunkt
       Strohhalm“, ein niedrigschwelliges Angebot für sozial isolierte oder von
       Obdachlosigkeit bedrohte Menschen, oder die Behindertenhilfe „Das fünfte
       Rad“ seien jedoch elementar, um das soziale Gefüge in den Bezirken
       aufrechtzuerhalten, so Leistner.
       
       „Die Existenzängste bei den Trägern sind zum Greifen“, sagte auch Jörn
       Oltmann. Wichtige Präventionsstrukturen in den Bereichen Suchthilfe und
       Straßensozialarbeit, die sich die Bezirke in der Vergangenheit aufgebaut
       hatten, drohten zu zerfallen. Die Situation der Bezirke beschrieb er am
       Freitagmorgen mit nautischen Metaphern: Derzeit würde „ein Tanker auf den
       Eisberg zufahren“, dabei könnten möglicherweise „beide Seiten des Schiffes
       aufreißen“.
       
       An Finanzsenator Stefan Evers (CDU) ließen die Grünen kein gutes Haar.
       „Einen solchen Finanzsenator kann ich mir schenken“, sagte Jörn Oltmann
       sichtlich verärgert. Es fehlten konkrete Vorschläge für einen Weg aus der
       Krise, Evers bliebe schlicht untätig. Stattdessen ziehe sich der
       Finanzsenator auf die Zuschauerränge zurück, kritisierte der
       Bezirksbürgermeister weiter. Ein solcher Haushalt hätte gar nicht erst
       beschlossen werden sollen, darüber waren sich die Berliner Grünen am
       Freitag einig. Oltmann blieb bei seiner maritimen Rhetorik: Es sei jetzt
       schnelles Handeln erforderlich, um „das Schiff wieder flott zu machen“.
       
       8 Nov 2024
       
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