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       # taz.de -- Anklage gegen Daniela Klette erhoben: „Politisch motivierter Verfolgungseifer“
       
       > Die RAF-Verdächtige Daniela Klette wurde angeklagt. Ihr werden 13
       > Überfälle vorgeworfen. Ihre Verteidiger*innen üben Kritik.
       
   IMG Bild: Demnächst wird sich Daniela Klette vor dem Schwurgericht Verden verantworten müssen
       
       Berlin taz | Es sind 13 Raubüberfälle, welche die Staatsanwaltschaft Verden
       der [1][RAF-Verdächtigen Daniela Klette] vorwirft, teilweise in Verbindung
       mit versuchtem Mord. Dazu kommt der Vorwurf des unerlaubten Waffenbesitzes.
       Nach taz-Informationen wurde bereits am Dienstag gegen Klette Anklage
       erhoben. Die Verteidiger*innen der 66-Jährigen bestätigten dies am
       Freitagabend. Der Schriftsatz soll mehr als 700 Seiten umfassen.
       
       Die Staatsanwaltschaft selbst war vorerst nicht zu erreichen. Der Prozess
       soll vor dem Schwurgericht Verden verhandelt werden.
       
       Klette war Ende Februar 2024 [2][in Berlin-Kreuzberg festgenommen worden],
       nach mehr als 30 Jahren des Untertauchens. Sie soll zur dritten und letzten
       Generation der RAF gehört haben, die sich im Jahr 1998 auflöste und der
       zehn Morde zugerechnet werden.
       
       Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelte indes nur zu mehreren
       Raubüberfällen auf Supermärkte und Geldtransporter in Niedersachsen,
       Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, die Klette von 1999 bis 2016
       begangen haben soll, nachdem sie mit den ebenso RAF-Beschuldigten
       Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg abgetaucht war. Die Überfälle werden
       nicht mehr der RAF zugerechnet, sondern nur noch der Finanzierung des
       Untergrundlebens für das Trios.
       
       ## Mehr als 2,7 Millionen Euro erbeutet?
       
       Warf die Staatsanwaltschaft Klette zunächst acht Überfälle vor, kamen
       später weitere dazu. Am Ende waren es 13. Die Ankläger stützen sich dabei
       auf Datenfunde, die sie nach Klettes Festnahme auf ihrem Handy und Computer
       sicherstellten. Bei den Überfällen soll das Trio mehr als 2,7 Millionen
       Euro erbeutet haben.
       
       Bei einem Überfall 2015 in Stuhr (Niedersachsen) wurde auch auf den
       Beifahrer eines Geldtransporters geschossen, Klette soll mit einer
       Panzerfaust gedroht haben. Diese Tat wertet die Anklage als versuchten
       Mord.
       
       Die Verteidiger von Klette – Undine Weyers, Ulrich von Klinggräff und Lukas
       Theune – kritisierten die Anklage am Freitag. Diese weise „erhebliche
       Mängel“ auf, vor allem bei dem Vorwurf des versuchten Mordes, teilten sie
       der taz mit. „Die Staatsanwaltschaft weigert sich hier beharrlich,
       offenkundige und entlastende Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis zur
       nehmen.“
       
       So würden die Ermittlungsergebnisse widerlegen, dass gezielt auf den Fahrer
       des Geldtransportes geschossen wurde. Auch werde die entlastende
       Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ignoriert, so Theune, von Klinggräff
       und Weyers. Es dränge sich „der Eindruck einseitiger Ermittlungen und ein
       offenkundig politisch motivierter besonderer Verfolgungseifer auf“. Dies
       habe sich zuvor schon durch eine „öffentliche Vorverurteilung“ von Klette
       gezeigt.
       
       ## Verteidigung sieht Vorwürfe nicht als erwiesen an
       
       Die Verteidiger*innen hatten zuletzt betont, dass eine [3][Anwesenheit
       Klettes an den Tatorten nicht erwiesen sei]. DNA-Spuren von ihr fänden sich
       nur in Fluchtfahrzeugen, die teils 1.000 Kilometer und mehr zurückgelegt
       hätten. Auch gebe es bei einigen Überfällen Spuren von vier Personen an den
       Tatorten. Man könne also nicht davon ausgehen, dass immer nur Staub, Garweg
       und Klette bei den Taten dabei gewesen seien.
       
       Und im Fall Stuhr sei der Vorwurf des versuchten Mordes nicht zu halten:
       Auch bei dieser Tat sei niemand verletzt worden. Die mitgeführten Waffen
       hätten stets nur als Drohkulisse gedient. Obwohl es bei anderen Taten
       Möglichkeiten gegeben hätte, Menschen zu verletzen, seien dort Raubversuche
       lieber abgebrochen worden. Die Staatsanwaltschaft Verden hatte dem
       widersprochen.
       
       Auch die Bundesanwaltschaft ermittelt noch gegen Klette, wegen [4][drei
       RAF-Taten], an denen die 66-Jährige mit Staub und Garweg beteiligt gewesen
       sein soll: auf ein Gebäude der Deutschen Bank im hessischen Eschborn 1990,
       auf die US-Botschaft in Bonn 1991 und auf einen Gefängnisneubau im
       hessischen Weiterstadt 1993. Klettes Anwält*innen betonten auch hier
       bisher, dass eine RAF-Mitgliedschaft Klettes gar nicht erwiesen sei. Die
       Mitgliedschaft an sich wäre aber ohnehin bereits verjährt.
       
       Auch Klette hatte zuletzt aus der Haft in der JVA Vechta heraus die
       Vorwürfe gegen sich als „konstruiert“ kritisiert: Der Staat setze „weiter
       auf Eskalation und Denunziation“. Bei der Festnahme von Klette sollen in
       ihrer Wohnung allerdings Waffen, Sturmhauben, Gold und mehr als 240.000
       Euro Bargeld gefunden worden sein.
       
       Nach Staub und Garweg wird bis heute erfolglos gefahndet. Garweg hatte
       zuletzt unerkannt auf einem Bauwagenplatz in Berlin gewohnt. Klette konnte
       ihn bei ihrer Festnahme noch übers Handy warnen, woraufhin er flüchtete.
       Festnahmeversuche von Garweg [5][erwiesen sich zuletzt als Verwechslungen].
       Für Hinweise auf den Aufenthaltsort von Garweg und Staub haben die Behörden
       bis zu 125.000 Euro ausgelobt.
       
       8 Nov 2024
       
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