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       # taz.de -- Überlastung des Berliner Kita-Personals: Man redet wieder miteinander
       
       > Am Runden Tisch bei der Bildungssenatorin ging es um die Probleme des
       > Berliner Kita-Fachpersonals. Laut Verdi war das Gespräch
       > „lösungsorientiert“.
       
   IMG Bild: Krankmachende Überlastung: Kita-Erzieher*innen haben die Nase voll
       
       Berlin taz | Die Herbstferien sind vorbei, der Kampf um bessere
       Arbeitsbedingungen in Berliner Kitas ist es nicht. Am Freitag kamen auf
       Einladung von Jugendsenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) Gewerkschaften
       und Akteur*innen der Berliner Kitalandschaft zu einem Runden Tisch in
       der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie zusammen. An der
       geschlossenen Veranstaltung nahmen auch Vertreter*innen der Freien
       Träger teil.
       
       In die bisherige Debatte um überlastetes Fachpersonal waren nur
       gewerkschaftlich organisierte Erzieher*innen, also jene der Berliner
       Eigenbetriebe, involviert. Nun will sich der Senat der Überbelastung und
       den daraus resultierenden Krankheitsfällen – keine Berliner Berufsgruppe
       ist laut einer Studie häufiger krank als Erzieher*innen – durch die
       Nutzung freier Kapazitäten in allen Kitas widmen. Darunter auch die der
       [1][Freien Träger, die rund 80 Prozent aller Einrichtungen ausmachen].
       
       Die Probleme der Erzieher*innen, Eltern und Träger seien dieselben, hatte
       die Grünen-Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz letzte Woche Freitag
       vergangener Woche gesagt. „Es geht um die Zukunft aller Berliner Kitas –
       nicht nur der Eigenbetriebe“, so die Fraktionssprecherin für Bildung und
       Familie.
       
       Der Senat gab sich nun mit dem Gesprächs-Angebot diplomatisch.
       Günther-Wünsch betonte jedoch in einer Pressemitteilung, dass das Gespräch
       „kein Wünsch-dir-was, sondern ein ernsthafter und lösungsorientierter
       Austausch“ sei. Zu einer Formulierung konkreter Lösungsansätze kam es am
       Freitag allerdings nicht. Lediglich von einer „Bestandsaufnahme“ ist in der
       Pressemitteilung der Senatorin die Rede.
       
       „Ohne den Druck, den unsere Kollegen in den letzten Monaten aufgebaut
       haben, hätte dieses Treffen heute nicht stattgefunden“, sagte Verdis
       Landesbezirksleiterin Berlin-Brandenburg Andrea Kühnemann der taz am
       Freitag. Sie hatte am Runden Tisch teilgenommen und berichtete im Anschluss
       von einem konstruktiven, lösungsorientierten Gespräch. Der Senat habe
       eingesehen, dass die Situation prekär sei und Handlungsbedarf bestehe.
       
       ## Betreuungsschlüssel soll untersucht werden
       
       Verdi fordert nun eine repräsentative Erhebung des Verhältnisses von
       Fachkräften zu Kindern und einen Abgleich mit den Bestimmungen des
       Kinderförderungsgesetzes. So könne die Überbelastung der Erzieher*innen
       durch nicht eingehaltene Personalschlüssel festgestellt werden. Der
       tatsächliche Betreuungsschlüssel solle dann erhöht und regelmäßiger
       kontrolliert werden. Diese Forderung soll laut Kühnemann im Januar beim
       nächsten Gespräch im Januar aufgegriffen werden.
       
       Die Position der Gewerkschaften – namentlich Verdi und die GEW – ist nach
       den jüngsten Gerichtsbeschlüssen freilich geschwächt. Zuerst [2][untersagte
       das Berliner Arbeitsgericht Ende September einen von Verdi angekündigten
       unbefristeten „Erzwingungsstreik“], im Berufungsverfahren wurde dies vom
       Landesarbeitsgericht bestätigt.
       
       Ziel des geplanten Streiks war gewesen, den Senat zu Tarifverhandlungen mit
       dem Ziel eines „Entlastungstarifvertrags“ oder wenigstens zu einer
       „schuldrechtlichen Entlastungsvereinbarung“ zu bringen, um die Lage in den
       Eigenbetreiben zu entschärfen. Der Senat klagte erfolgreich dagegen, die
       Richter*innen begründeten das Verbot damit, dass Verdi der
       Friedenspflicht unterlege. Bislang hat es zum Bedauern der Gewerkschaft
       noch nie Tarifverhandlungen für die Kita-Eigenbetriebe gegeben, da der
       Senat diese kategorisch ablehnte.
       
       ## Schlechtes Signal aus Hannover
       
       Auch eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Hannover im Oktober schwächte
       die Verhandlungsposition der Berliner Gewerkschaft: Es untersagte Verdi –
       ebenfalls mit Verweis auf die Friedenspflicht – einen Streik, der auf die
       Überbelastung des Personals an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH)
       aufmerksam machen und Druck auf die niedersächsische Landesregierung
       ausüben sollte.
       
       In Hannover kam es zwar zu einer außertariflichen Entlastungs-Regelung, die
       sich Verdi nun auch für Erzieher*innen in den Berliner Eigenbetrieben
       wünscht. Sie kam aber nur zustande, weil dort bereits vergleichbare Modelle
       an anderen Universitätskliniken bestehen.
       
       Verdi ist nun gezwungen, seine Forderungen außertariflich und ohne Streiks
       durchzusetzen. Im Januar soll es weitere Gespräche mit dem Senat geben, um
       eine Lösung für die Überbelastung des pädagogischen Personals zu finden.
       
       8 Nov 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Kemmerling
       
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