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       # taz.de -- Flutkatastrophe in Spanien: Massendemonstration gegen Krisenmanagement
       
       > Nach den Überschwemmungen sind mehr als 100.000 Menschen auf die Straße
       > gegangen. Sie fordern den Rücktritt von Regionalpräsident Carlos Mazón.
       
   IMG Bild: „Mazón, tritt zurück!“ – die Demonstrant*innen in Valencia fordern am Samstagabend den Rücktritt des Regionalpräsidenten
       
       Valencia afp | Nach den [1][verheerenden Überschwemmungen] im Osten
       Spaniens haben in der Küstenmetropole Valencia deutlich mehr als 100.000
       Menschen gegen das Krisenmanagement der Behörden demonstriert. Die
       Regionalbehörden sprachen am Samstag von 130.000 Teilnehmern. Viele der
       aufgebrachten Bürger forderten den Rücktritt von Regionalpräsident Carlos
       Mazón. In anderen spanischen Städten wie Madrid und Alicante beteiligten
       sich tausende weitere Menschen an Protesten.
       
       Die Demonstrierenden in Valencia zogen vom Rathaus der Stadt zum Sitz der
       Nationalregierung, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP
       berichtete. Mit dem Ruf „Mörder“ machten sie ihrer Wut über die Behörden
       Luft. Die Kundgebung fand in einer gespannten Atmosphäre statt. Es kam zu
       mehreren Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und der Polizei,
       wie der AFP-Reporter beobachtete.
       
       Die Empörung der Menschen über das Krisenmanagement in den rund 80 Städten
       und Gemeinden der Region richtet sich insbesondere gegen den Regierungschef
       der Region Valencia, Carlos Mazón von der konservativen Volkspartei PP. Ihm
       wird unter anderem vorgeworfen, viel zu spät auf die Warnung der spanischen
       Wetterbehörde Aemet reagiert zu haben.
       
       Außerdem soll Mazón noch nach dem Einsetzen des heftigen Regens stundenlang
       abwesend gewesen sein. Der 50-Jährige hatte sich spanischen Medien zufolge
       damit verteidigt, dass er in einem Restaurant in Valencia ein
       „Arbeitsessen“ mit einem Journalisten gehabt habe.
       
       ## Notfallbeauftragte soll Alarmsystem nicht gekannt haben
       
       Einige Menschen in den betroffenen Gebieten berichteten, dass die
       Warnnachrichten erst auf ihren Handys eingegangen seien, als das Hochwasser
       bereits zahlreiche Autos mit sich gerissen hatte. Die Notfallbeauftragte
       der Region, Salomé Pradas, hatte am Donnerstag zugegeben, dass sie das
       Alarmsystem nicht gekannt habe – zog ihre Äußerung aber später zurück.
       
       Aber auch Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez wurde von
       den Protestteilnehmern kritisiert. Mazón und Sánchez haben sich gegenseitig
       vorgeworfen, die Überschwemmungen infolge massiver Regenfälle Ende Oktober
       unterschätzt und die Rettungs- und Hilfseinsätze schlecht koordiniert zu
       haben. PP-Sprecher Miguel Tellado warf Sánchez vor, die Unterstützung für
       die Region Valencia aus politischem Kalkül absichtlich verschleppt zu
       haben.
       
       Die 30-jährige Demonstrantin Ana de la Rosa kritisierte „politischen Krieg,
       als nicht der Moment dafür war, weil die Bürger Hilfe brauchten und diese
       nicht bekamen“. Damit hätten sich die Behörden der „fahrlässigen Tötung“
       schuldig gemacht.
       
       Der 73-jährige Julián García warf Mazóns Regionalregierung vor, von der
       Zentralregierung in Madrid nicht die Unterstützung erbeten zu haben, die
       nach der Katastrophe nötig gewesen sei. Der Regionalpräsident müsse daher
       zurücktreten. Auch auf einem Transparent an der Spitze des Protestzugs
       sowie auf vielen selbst gebastelten Plakaten standen Rücktrittsforderungen
       an Mazón zu lesen. In der spanischen Hauptstadt Madrid, die nicht zur
       Region Valencia gehört, forderten hunderte Demonstrierende ebenfalls Mazóns
       Amtsverzicht.
       
       ## Rücktrittsforderungen an Regionalpräsident
       
       Der Zentralregierung in Madrid warfen die Demonstrierenden in Valencia vor,
       dass bis zum Eintreffen ihrer Hilfe in den Hochwassergebieten zu viel Zeit
       vergangen sei. So hätten vielerorts [2][die Menschen selbst die Sache in
       die Hand] genommen.
       
       Zahlreiche Menschen aus nicht oder weniger stark betroffenen Orten machten
       sich auf eigene Faust auf den Weg in die Katastrophengebiete, um
       Lebensmittel zu bringen und bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Daran
       erinnerten die Demonstranten am Samstag, indem sie die derzeit immer wieder
       zu hörende Zeile „Nur das Volk rettet das Volk“ sangen.
       
       Der Osten und Süden Spaniens waren Ende Oktober von heftigen Regenfällen
       heimgesucht worden, mancherorts gab es binnen 24 Stunden so viel
       Niederschlag wie sonst in einem ganzen Jahr. Zahlreiche Straßen
       verwandelten sich so in reißende Flüsse und spülten Autos mitsamt ihren
       Insassen fort. Nach vorläufigen Angaben starben mindestens 220 Menschen,
       davon 212 in der Region Valencia. Die Suche nach Dutzenden Vermissten sowie
       die Aufräumarbeiten in den mit Schlamm überzogenen Orten dauern an.
       
       Am Sonntag vergangener Woche hatten bereits der spanische [3][König Felipe
       VI]. und seine Frau Letizia die Wut der Menschen zu spüren bekommen. Bei
       einem Besuch im Katastrophengebiet wurde das Königspaar von aufgebrachten
       Bürgern angebrüllt und mit Schlamm beworfen, der Besuch wurde schließlich
       vorzeitig abgebrochen.
       
       10 Nov 2024
       
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