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       # taz.de -- Drahtzieher der 9/11-Anschläge: Verfahren ohne absehbares Ende
       
       > Das US-Verteidigungsministerium annulliert einen Deal mit den wegen 9/11
       > angeklagten Inhaftierten. Seit 2006 sind sie im Gefangenenlager
       > Guantánamo.
       
   IMG Bild: Donald Trump hat in der Vergangenheit schon erklärt, das Gefangenenlager weiter betreiben zu wollen
       
       Washington taz | Das Verfahren gegen fünf mutmaßliche Drahtzieher der
       Anschläge vom 11. September 2001 geht im US-Gefangenenlager Guantánamo auf
       Kuba einfach nicht zu Ende. Ende Juli hatten drei der Angeklagten, darunter
       der als „Mastermind“ der Anschläge angeklagte Khalid Sheikh Mohammed, mit
       den Militäranklägern einen Deal ausgehandelt, der ihnen den Verzicht auf
       die Todesstrafe im Austausch für ein Schuldeingeständnis zusichern sollte.
       
       Letzte Woche nun mischte [1][sich US-Verteidigungsminister Lloyd Austin]
       ein und erklärte die Deals für ungültig. Daraufhin entschied ein
       Militärrichter, Austins Einspruch sei zu spät gekommen und erklärte die
       Deals für gültig – woraufhin nunmehr das Verteidigungsministerium auch
       diese Entscheidung anfechten will.
       
       Daraufhin hat Militärrichter Matthew McCall am Sonntag entschieden, die
       bereits geplante Anhörung des Schuldeingeständnisses erneut zu verschieben.
       
       Die Abkommen waren von Militäranwälten ausgehandelt und von der
       Vorsitzenden der Militärkommission, Susan Escallier, abgesegnet wurden. Für
       ein Schuldeingeständnis würden die mutmaßlichen Täter im Gegenzug eine
       lebenslange Freiheitsstrafe ohne Chance auf vorzeitige Entlassung erhalten.
       Austin begründete seine Entscheidung, die Vereinbarungen zu annullieren,
       damit, dass er das „letzte Wort“ in diesen Dingen habe.
       
       ## Aufgeladenes Thema auch nach 23 Jahren
       
       Gleichzeitig entzog er Escallier die Autorität, im Fall gegen die fünf
       mutmaßlichen Architekten der Terror-Anschläge vom 11. September 2001
       weitere Vereinbarungen zu treffen. Das Hin und Her zeigt, wie politisch
       aufgeladen das Thema auch mehr als 23 Jahre nach den Anschlägen noch immer
       ist.
       
       Bereits ein Jahr zuvor war es US-Präsident Joe Biden, der Verhandlungen
       über ähnliche Vereinbarungen mit allen fünf Angeklagten stoppte. Mehr als
       2.000 Angehörige der Opfer des 11. September hatten in einem Schreiben an
       Biden damals ihren Unmut über die möglichen Abkommen geäußert.
       
       „Diese Frage von Leben oder Tod ist eine Ablenkung. [2][Ein Deal vermeidet
       einen Prozess,] ein Deal vermeidet eine öffentliche Rechenschaft“ und das
       sei das Wichtigste überhaupt, erklärte Brett Eagleson, der seinen Vater in
       einem der World-Trade-Center-Türme verlor, gegenüber Politico.
       
       Die drei Angeklagten – Khalid Sheikh Mohammed, Walid Muhammad Salih Mubarak
       bin Attash und Mustafa Ahmed Adam al-Hawsawi – befinden sich seit 2006 im
       Gefangenenlager auf dem US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay.
       
       ## KSM gilt als Drahtzieher der Anschläge
       
       Sie wurden zusammen mit Ali Abdul Aziz Ali und Ramzi Bin al-Shibh, zwei
       weiteren mutmaßlichen Al-Qaida Terroristen, 2008 zum ersten Mal angeklagt.
       Eine zweite Anklage folgte 2012. Doch unzählige weitere Gerichtsverfahren
       haben den Prozessbeginn immer wieder verzögert. Bis heute gibt es keinen
       genauen Termin für einen Prozessauftakt. Allen fünf Angeklagten wird
       vorgeworfen, für den Tod von knapp 3.000 Menschen am 11. September 2001
       verantwortlich zu sein.
       
       Khalid Sheikh Mohammed, auch bekannt unter dem Kürzel KSM, gilt als der
       Drahtzieher der Anschläge. Vor seiner Ankunft in Guantánamo wurde KSM
       jedoch gefoltert. Der US-Geheimdienst CIA soll ihn 183-mal dem
       Waterboarding unterzogen haben. Auch andere Formen der Folter, die in den
       berüchtigten CIA-Geheimgefängnissen als „verschärfte Verhörmethoden“ an der
       Tagesordnung war, sollen zum Einsatz gekommen sein.
       
       Laut Rechtsexperten hat die US-Regierung [3][mit der Anwendung von Folter]
       die Chance auf einen rechtsgültigen Prozess selbst sabotiert. Insgesamt
       sind in Guantánamo noch immer knapp 30 Personen inhaftiert. Bemühungen, das
       Lager zu schließen, wurden über die Jahre immer wieder blockiert.
       
       Donald Trump, der im Januar seine neue Amtszeit antreten wird, hat in der
       Vergangenheit erklärt, das Gefangenenlager weiter betreiben zu wollen.
       
       11 Nov 2024
       
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