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       # taz.de -- Ziviler Premier in Mali gefeuert: Die Militärjunta wird radikaler
       
       > Nach unüblich deutlicher Kritik an der politischen Entwicklung wird
       > Übergangspremier Choguel Maïga entlassen. Die zivile Politik ist nun
       > ausgebootet.
       
   IMG Bild: Choguel Maiga bei seinem letzten Auftritt als Premierminister von Mali, 20. November auf einem Kulturfestival in Ségou
       
       Berlin taz | Gut vier Jahre nach dem Sturz der gewählten zivilen Regierung
       Malis ist die Militarisierung des malischen Staates komplett. Der bisherige
       zivile Premierminister [1][Choguel Maïga] wurde am vergangenen Mittwoch von
       Staats- und Armeechef [2][General Assimi Goïta] abgesetzt und durch General
       [3][Abdoulaye Maïga] ersetzt. Der neue Regierungschef, zuvor als Minister
       für Territorialverwaltung eines der bekanntesten öffentlichen Gesichter der
       herrschenden Militärjunta, hat seitdem auch Vertraute auf Schlüsselposten
       gesetzt.
       
       Choguel Maïga war der höchstrangige Zivilist in Malis Militärregierung. Er
       kam aus der zivilen Protestbewegung [4][M5-RFP (Bewegung des 5. Juni /
       Sammlung der Patriotischen Kräfte)], die mit ihren Demonstrationen gegen
       den gewählten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta den Militärputsch, den
       damaligen Oberst Goïta im August 2020 befördert und begrüßt hatte.
       
       Goïta sicherte sich im Mai 2021 mit einem zweiten Militärputsch die volle
       Macht, verschob dann die für 2022 versprochenen Wahlen erst auf spätestens
       März 2024 und später erneut auf unbestimmte Zeit. Während die zivile
       Protestbewegung längst wieder in Opposition steht, war Maïga der Junta treu
       geblieben. Ihr antiwestlicher Kurs, der die „nationale Souveränität“
       betont, stößt nach wie vor auf breiten Zuspruch in Mali, aber sie agiert
       zunehmend repressiv.
       
       Choguel Maïga hatte als Premierminister zuletzt mehrfach die
       ungeschriebenen Grenzen erlaubter Kritik in Mali überschritten. So gab er
       Anfang November bekannt, er höre jeden Tag anderthalb Stunden lang
       „Westmedien“ wie BBC, RFI oder VOA, angeblich um über deren „Manipulation“
       auf dem Laufenden zu bleiben, aber auch, „um mich darüber zu informieren,
       was man mir vorenthält oder was man in Mali ohne mich macht“. RFI ist in
       Mali offiziell verboten.
       
       ## „Es gibt keinerlei Debatte“
       
       Am 16. November [5][sagte Maïga vor M5-RFP-Aktivisten], die von ihm
       geführte Übergangsregierung sei von „Konfusion“ geprägt und das Land
       brauche endlich eine „Klärung“, wie der laufende „Übergang“ enden soll. „Es
       gibt keinerlei Debatte über diese Frage“, sagte er und seine eigene Arbeit
       so charakterisiert: „Der Premierminister ist darauf reduziert, sich mit
       Gerüchten in der Presse zufriedenzugeben oder mit einer riskanten
       Interpretation der Taten und Gesten des Ministers für
       Territorialverwaltung.“
       
       Vier Tage später übernahm eben jener Minister, General Abdoulaye Maïga,
       Choguel Maïgas Amt. Der geschasste Premier [6][reagierte mit einem weiteren
       zynischen Spruch] über sich selbst in der dritten Person: „Ah, ich habe
       soeben erfahren, dass der Premierminister seines Amtes enthoben ist.
       Endlich erreicht der Nil Kairo!“ Anders gesagt: Seine Absetzung war für ihn
       nur eine Frage der Zeit. Er werde aber „immer im Dienst des ewigen Mali
       bleiben“, warnte er.
       
       Mit Choguel Maïga, so spekulieren die gleichgeschalteten malischen Medien,
       hat die Opposition nun einen Kandidaten gegen General Goïta gefunden, wenn
       dieser sich irgendwann bei Wahlen als Präsident bestätigen lassen will.
       Wobei sich dafür erst noch einiges ändern müsste.
       
       Am 31. März hatte ein neues Oppositionsbündnis nach der amtlichen
       Suspendierung der Aktivitäten politischer Parteien in Mali die Rückkehr zur
       verfassungsmäßigen Ordnung, freie politische Betätigung, Meinungsfreiheit
       und Freilassung politischer Gefangener gefordert – vergeblich.
       
       Am vergangenen Mittwoch traten sie erneut im „Pressehaus“ der Hauptstadt
       Bamako auf und [7][erneuerten ihre Kritik]. „Wir befinden uns in einem
       endlosen Übergang. Man hindert die politische Klasse und das Volk daran,
       seine Grundrechte auszuüben“, so die elf Politiker.
       
       24 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/ChoguelKMaiga
   DIR [2] https://x.com/GoitaAssimi
   DIR [3] https://x.com/Colonel_Maiga
   DIR [4] /Mali-nach-dem-Putsch/!5708767
   DIR [5] https://www.youtube.com/watch?v=FLaNsPTZ3Rg
   DIR [6] https://x.com/ChoguelKMaiga/status/1859409918941393348
   DIR [7] https://www.maliweb.net/non-classe/mali-une-coalition-de-partis-politiques-exigent-la-liberation-de-tous-les-detenus-le-respect-des-libertes-dopinion-et-le-retour-a-lordre-constitutionnel-3085190.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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