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       # taz.de -- Die Wahrheit: Trier, wie es kämpft und dürstet
       
       > Im Amphitheater der rheinland-pfälzischen Metropole toben ab Donnerstag
       > die Bundestagswahl-Spiele. Salve!
       
   IMG Bild: Die neue triersche Porta Nigra: Hort krasser Politspiele
       
       Da gibt es kein Vertun. Die zwei ohnmächtig gewordenen FDP-Abgeordneten
       müssen an den Füßen und aus der Arena gezogen werden. Derweil inspiziert
       Alexandra Rettich im Legionärinnen-Outfit den ehemaligen Hexenkessel aus
       der Römerzeit. Die 43-Jährige ist promovierte Leiterin des Archäologischen
       Instituts der Universität Köln. Sie hat sich auf die Gladiatorenkämpfe der
       Spätantike spezialisiert. Für den superkurzen Bundestagswahlkampf soll
       Rettich diese antike Tradition nun im Auftrag der amtierenden
       Bundeswahlleiterin aus der Versenkung holen.
       
       „Die Bürger sind doch die ständigen Schlammschlachten, Zänkereien und
       Provokationen im Politikbetrieb satt“, weiß die Sandalen-Spezialistin.
       „Viele wünschen sich, dass die demokratischen Parteien endlich konstruktiv
       und zum Wohle des Landes zusammenarbeiten.“ Rettich bückt sich und hebt
       beiläufig einen Backenzahn auf.
       
       „Damit sich die aufgeheizte Atmosphäre bereits zu Beginn des Wahlkampfs
       spürbar abkühlen kann, wird hier ab Donnerstag täglich und
       fraktionsübergreifend aber so richtig auf die Kacke gehauen. Jeder gegen
       jeden und ohne Tabus und Regeln. In immer wieder wechselnder
       parteipolitischer Besetzung. Danach ist dann hoffentlich Ruhe im Karton.“
       
       Rettich geht mit uns die Teilnehmerliste der namentlich bereits ins
       Altertum gewechselten Kombattanten durch. „Merzianus Longus und Habeckis
       Magnus werden zuerst im fairen Zweikampf gegeneinander antreten. Nancia
       Faeserius alias Secura Magna wurde in der ersten Runde derweil einem
       gewissen Lupus Kubickis zugelost.“
       
       Sorgen um die Gesundheit von Deutschlands gesammelter Polit-Beletage muss
       sich allerdings niemand machen. „Die Schwert-Attrappen aus Gummi und
       Schaumstoff sind vollkommen harmlos. Ernsthafte Verletzungen sind
       grundsätzlich ausgeschlossen. Je nach Kraftaufwand und Geschwindigkeit
       können die Dinger aber auf der Haut zwiebeln!“
       
       ## Christianus Krawallus' güldener Markenstreitwagen
       
       Wenig später stehen wir mit Rom-Kennerin Rettich vor den angrenzenden
       Trier’schen Pferdeställen. Der güldene Marken-Streitwagen von Christianus
       Krawallus ist bereits eingetroffen und wird gerade von einem 20-köpfigen
       Reinigungstrupp auf Hochglanz poliert. „Davon, dass der geschasste
       Finanzminister den kümmerlichen Umfragewerten der FDP entsprechend mit
       einem Zwergpony an den Start gehen muss, weiß er noch nix“, klatscht die
       Archäologin vor lauter Schadenfreude in die Hände.
       
       Nebenan wartet der nervös schnaubende Araber-Hengst „Brutus“ auf den
       Noch-Bundeskanzler. Weil ihn der bloße Klang unserer Stimmen offenbar schon
       zur Weißglut treibt, bäumt sich das Kraftpaket wiehernd auf und versieht
       die Tür der Pferdebox mit einem Hagel aus Huftritten. „Den hat sich unser
       Regierungschef übrigens explizit ausgesucht. Der deutschen Öffentlichkeit
       will Scholzus Wankus durch seinen Wagemut demonstrieren, dass er fest im
       Sattel sitzt und es in Sachen Führungsstärke plötzlich besser kann als vor
       zwei Wochen.“ Da sich im splitternden Holz immer mehr Risse zeigen, drängt
       uns Dr. Rettich allerdings erst einmal, weiter zu gehen.
       
       Zurück im Amphitheater fühlen wir uns nach dem Abstieg in die
       windgeschützten Katakomben des Mini-Kolosseums deutlich wohler. Nachdem wir
       im Vorbeigehen am völlig offenen Latrinenbereich Gregorius Gysi bei einer
       kontemplativen Silberlockensitzung gesehen haben, treffen wir in der
       Waffenkammer auf einen alten Bekannten. Arminius Laschet drangsaliert in
       Brustblech, Beinschienen, buschgeschmücktem Helm und mit einer riesigen
       Styropor-Streitaxt bewaffnet gerade einen Dummy im Lodenanzug.
       
       Rettich warnt uns davor, den ehemaligen Chef der Union jetzt anzusprechen.
       „Arminius ist gerade voll im Berserkerrausch“, wispert die
       Latschen-Insiderin. „Er strebt zwar kein politisches Amt mehr an, möchte
       die Gelegenheit aber nutzen, um es seinem Erzfeind Marcus Bavaricus legal
       heimzuzahlen. Dafür hat er mit Gladiator-Darsteller Ralf Moeller wochenlang
       trainiert.“
       
       ## Urschrei Richtung Söder-Surrogat
       
       Als der Aachener nach einem Urschrei auf das Söder-Surrogat zuspringt und
       sich im Hals der Trachtenpuppe verbeißt, wird es Frau Rettich und uns zu
       bunt. Wir flüchten zu unserer eigenen Sicherheit für einige Minuten auf die
       überfüllte Krankenstation. Weil die Historienfachfrau uns dort „aus
       wichtigen Termingründen“ aber nicht alles zeigen kann, verrät sie uns
       abschließend noch etwas „über die Gladiatorenbonbons der kommenden
       Spielzeit“: Fans von antiken Dramen dürfen sich Rettich zufolge auf Volkus
       Wissing in der Rolle des Partei-Rebellen Spartacus und Gerhardius Schroeder
       als zündelnden Nero freuen.
       
       „Um das Challenge-Niveau deutlich anzuheben, konnten wir zudem eine
       Vielzahl attraktiver Zusatzgegner aus der Rugby-Szene verpflichten.“ Ziel
       sei es, dass in der Arena versammelte Demokraten und Demokratinnen unter
       dem Eindruck eines übermächtigen Gegners lernen, „über Parteigrenzen hinweg
       zu kooperieren“. Auch in Trier.
       
       „Falls sich der Erfolg nicht sofort einstellt, ist das natürlich gar kein
       Problem“, feixt Rettich.„Dann treffen wir uns halt nach dem nächsten
       Koalitionsbruch wieder hier – in Trier.“
       
       27 Nov 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patric Hemgesberg
       
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