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       # taz.de -- Trumps Zollpolitik: Ins eigene Fleisch
       
       > Sollte Trump seine Zollpolitik wie angekündigt umsetzen, würde das der
       > US-Wirtschaft schaden, sagen Expert*innen. Doch es geht ohnehin um was
       > anderes.
       
   IMG Bild: America First – Aber zu welchem Preis? Trump Merchandise, kommt oft aus China
       
       Berlin taz | Gut zwei Monate vor seiner Amtseinführung sorgt Donald Trump
       erneut für Unruhe. Bereits an seinem ersten Amtstag als US-Präsident will
       er Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Produkte aus Mexiko und Kanada
       einführen. Die Zölle auf chinesische Importe, die bereits existieren,
       sollen außerdem um 10 Prozent steigen, wie er auf seiner
       Social-Media-Plattform Truth Social angekündigt.
       
       Den Erlass möchte er demnach als „Executive Order“, also als Dekret,
       umsetzen, das keiner Zustimmung anderer politischer Organe bedarf. Er würde
       damit eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen einlösen. [1][Mit der
       harten Zollpolitik möchte Trump demzufolge gegen illegale Migration und
       Drogenkriminalität vorgehen]. Mexiko und Kanada seien in der Lage, illegale
       Grenzübertritte und Drogenschmuggel zu unterbinden. Zudem [2][behauptet er,
       Vertreter Chinas hätten zugesichert, den illegalen Drogenhandel, vor allem
       mit dem Opioid Fentanyl, mit allen Mitteln zu stoppen. China sei dem jedoch
       nicht nachgekommen.] Die Zölle würden so lange in Kraft bleiben, bis diese
       Probleme gelöst seien.
       
       Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in den USA widersprach Trumps
       Unterstellung. [3][Er betonte, beide Staaten profitierten von der
       Handelskooperation.] Auch Kanada und Mexiko reagierten zunächst defensiv
       auf die Ankündigung. Laut Informationen der Nachrichtenagentur Reuters
       haben Donald Trump und der kanadische Regierungschef Justin Trudeau noch am
       Montag im Anschluss an die Ankündigung telefoniert.
       
       Aus kanadischen Kreisen verlautete, es habe sich um eine gute Diskussion
       gehandelt und man werde in Kontakt bleiben. [4][Der mexikanische
       Abgeordnete Ricardo Monreal schrieb auf X, die angekündigten Zölle würden
       keines der Grenzprobleme der beiden Länder lösen.] Die Zölle würden
       lediglich das Leben der Menschen aller betroffenen Länder verteuern, so
       Monreal.
       
       ## Gegen den Überkonsum
       
       Diese Sicht bestätigt Julian Hinz vom Kieler Institut für Weltwirtschaft.
       Ihm zufolge würden die Zölle der US-Wirtschaft selbst extrem schaden. Die
       Effekte davon würden nicht nur Bürger*innen treffen, sondern auch
       US-Unternehmen: „Die Handelsbeziehungen zwischen den USA, Mexiko und Kanada
       sind sehr eng“, betont der Ökonom. [5][Der Agentur Trading Economics
       zufolge beziehen die USA 16 Prozent aller importierten Produkte aus Mexiko,
       14 Prozent aus Kanada. 15 Prozent kommen zudem aus China.]
       
       Hinz rechnet deshalb mit Widerstand US-amerikanischer Unternehmen gegen die
       angekündigten Zölle. So seien beispielsweise gerade die kanadische und
       US-amerikanische Automobilindustrie miteinander verflochten. „Für die
       Fertigung eines amerikanischen Autos gibt es oft gleich mehrfache
       Grenzübertritte von Produktionsteilen“, so Hinz. Zölle würden die
       Produktion entsprechend erheblich verteuern. Trump würde mit deren
       Einführung zudem gegen das Freihandelsabkommen USMCA verstoßen, das er in
       seiner letzten Präsidentschaft selbst noch mit Kanada und Mexiko
       geschlossen hatte.
       
       [6][Dass Trumps Zollpolitik der US-Wirtschaft mehr schaden als nutzen
       würde], haben Ökonom*innen schon im Vorfeld der Wahl prognostiziert.
       [7][Beispielsweise veröffentlichte das Peterson Institute im Mai eine
       Studie, der zufolge gerade das Leben von US-Amerikaner*innen mit geringem
       Einkommen durch hohe Zölle auf US-Importe teurer würde.]
       
       Die USA hätten traditionell ein Handels- und Leistungsbilanzdefizit,
       erläutert Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft. „Das
       bedeutet, die Amerikaner importieren mehr, als sie exportieren, und
       konsumieren mehr, als sie sparen.“ Mit den Zöllen würde Trump versuchen,
       dem entgegenzuwirken, doch das könne mit dieser eindimensionalen Maßnahme
       gar nicht funktionieren, so Sultan. Dafür müsse sich vielmehr etwas am
       Ausgabeverhalten der US-Amerikaner*innen, insbesondere des Staates, ändern.
       
       ## Realpolitischer Effekt: gegen null
       
       Die angestrebte Zollpolitik von Donald Trump sei vor diesem Hintergrund
       weniger als Teil eines wirtschaftlichen Programms zu verstehen als vielmehr
       als Druckmittel zur Durchsetzung politischer Ziele, sagt Christian Lammert
       vom John-F.-Kennedy-Institut Berlin. „Zölle sind gewissermaßen Trumps
       Lieblingsthema, das kennen wir schon aus seiner letzten Präsidentschaft“,
       so Lammert.
       
       Er versuche damit, Länder zu bestimmten Handlungen zu bewegen, und gebe
       sich oft genug mit rein symbolischen Erfolgen zufrieden. Denn natürlich
       seien die Möglichkeiten Mexikos und Kanadas beschränkt, illegale Migration
       und Drogenkriminalität tatsächlich zu stoppen. „Aber wenn auf Druck Trumps
       hin bald statt zwei Beamten vier in einer mexikanisch-amerikanischen
       Grenzregion patroullieren, kann er das schon als Erfolg seiner Politik
       verkaufen.“ Auch wenn der realpolitische Effekt nahe null gehen sollte, so
       Lammert.
       
       Aus Europa kommen besorgte Reaktionen auf die Zoll-Ankündigungen des
       künftigen US-Präsidenten. So warnte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell
       vor einem drohenden Handelskrieg. Bundeswirtschaftsminister, Robert Habeck,
       betonte, das Entscheidende an Trumps Ankündigung sei, dass er
       Freihandelsabkommen breche. Damit würden gemeinsame Regeln „zunehmend
       brüchig“.
       
       26 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://truthsocial.com/@realDonaldTrump/113546215051155542
   DIR [2] https://truthsocial.com/@realDonaldTrump/posts/113546215408213585
   DIR [3] https://www.mfa.gov.cn/eng/xw/fyrbt/202411/t20241126_11533398.html
   DIR [4] https://x.com/RicardoMonrealA/status/1861252376885158312
   DIR [5] https://tradingeconomics.com/united-states/imports-by-country
   DIR [6] /Folgen-einer-zweiten-Amtszeit-Trumps/!5998309
   DIR [7] https://www.piie.com/publications/policy-briefs/2024/why-trumps-tariff-proposals-would-harm-working-americans
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marie Gogoll
       
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