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       # taz.de -- Streichliste geht ins Abgeordnetenhaus: Von der Kürzungsliste zum Haushalts-Update
       
       > Der Senat beschließt den Entwurf eines Nachtragshaushalts, über den nun
       > das Parlament entscheidet. Laut Finanzsenator sind „Anpassungen“ noch
       > möglich.
       
   IMG Bild: Der Senat hat jetzt den Entwurf des Nachtragshaushalts beschlossen, aber die letztliche Entscheidung trifft das Abgeordnetenhaus
       
       Berlin taz | Der Senat hat den Entwurf am Dienstag beschlossen, jetzt ist
       das Abgeordnetenhaus an der Reihe: Schon Mittwoch soll der Hauptausschuss
       des Parlaments den Nachtragshaushalt mit milliardenschweren Umwälzungen
       diskutieren, acht Tage später die erste Lesung im gesamten Parlament
       anstehen. Die Abstimmung über die Nachbesserung des Haushalts für 2024 und
       2025 ist für den 19. Dezember vorgesehen – [1][fast genau ein Jahr nach dem
       eigentlichen Beschluss dazu].
       
       Die schwarz-rote Landesregierung segnete dieses Haushalts-Update, das eine
       drei Milliarden Euro große Etatlücke mit Kürzungen und neuen Krediten
       schließen soll, quasi unterwegs ab, auf Bezirkstour in Reinickendorf. Im
       Roten Rathaus gegenüber Journalisten rechtfertigte Finanzsenator Stefan
       Evers (CDU) die vielfach kritisierten Kürzungen erneut als unumgänglich –
       und erinnerte daran, dass künftig weitere zwei Milliarden einzusparen
       seien.
       
       Die führenden Köpfe von CDU und SPD in Partei, Fraktion und Regierung
       hatten ihr Einsparprogramm am Montag voriger Woche vorgestellt. Der
       Nachtragshaushalt setze die dort präsentierte Liste „eins zu eins“ um,
       sagte Evers. Er kündigte allerdings „Anpassungsbedarf“ an. Darüber werde in
       den kommenden Tagen und Wochen im Parlament beraten.
       
       Die Grünen-Fraktion kritisierte am Dienstag gegenüber Journalisten das
       Vorgehen der schwarz-roten Koalition. Die habe Möglichkeiten zu höheren
       Einnahmen und auch die Expertise der Senatsverwaltungen zu wenig oder gar
       nicht genutzt. „Es hätte Alternativen gegeben“, sagte Fraktionschef Werner
       Graf, „die Kürzungen in den Bereichen, in denen es besonders bitter ist,
       wären dadurch vermeidbar gewesen.“ Als Beispiel nannte er die
       [2][unverändert niedrige Gebühr fürs Anwohnerparken].
       
       ## Harte Kritik von der Caritas-Direktorin
       
       Auf Einladung der Grünen-Fraktion berichtete Ulrike Kostka, die Direktorin
       der Caritas, des Wohlfahrtsverbands der katholischen Kirchen, von zwei
       dieser besonders bitteren Kürzungen. Nach ihren Worten ist durch die
       Streichungen die mit zahlreichen Ehrenamtlichen betriebene Caritas-Ambulanz
       am Bahnhof Zoo in Gefahr, die monatlich über 450 Menschen ohne Wohnung oder
       Krankenversicherung behandle. Gleiches soll für die Caritas-Krankenwohnung
       für 20 obdachlose Menschen gelten, die sich auch um Sterbebegleitung
       kümmert. Dieses Modell habe man „mühselig mit dem Senat über viele Jahre
       aufgebaut“, sagte Kostka.
       
       Die Caritas-Direktorin wandte sich entschieden gegen die Darstellung der
       schwarz-roten Koalition, der Bereich Soziales komme bei den Kürzungen
       glimpflich weg, während die Felder Verkehr und Kultur die Hauptlast tragen
       würden. „Berlin bleibt soziale Hauptstadt. Wir sparen nicht an den
       Menschen“, hatte Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) [3][vorige Woche
       via Pressemitteilung] hervorgehoben. Dabei bezifferte sie die Einsparungen
       in ihrem Bereich auf 3,8 Prozent.
       
       „Das stimmt einfach nicht“, sagte Ulrike Kostka und sprach von einer
       „Märchenstunde“ des Senats. Nach ihren Berechnungen geht es vielmehr um 15
       bis 20 Prozent. Darin enthalten sind Tarifsteigerungen, die der Senat nicht
       berücksichtigen würde. Die Caritas-Direktorin widersprach nicht
       grundsätzlich Kürzungen, aber sie sieht die vorliegende Liste weder von
       Logik noch von Sachkenntnis geprägt – „wir erleben Haushaltspolitik im
       Blindflug“.
       
       Im Roten Rathaus darauf angesprochen, vermochte Finanzsenator Evers den
       Vorwurf nicht nachzuvollziehen. Zur Kritik der Caritas und anderen sagte
       er, beim Thema des sozialen Zusammenhalts habe die Koalition „ausdrücklich
       Zurückhaltung geübt“.
       
       26 Nov 2024
       
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