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       # taz.de -- Stellenstreichungen bei Thyssenkrupp: Kündigungen „nicht verhandelbar“
       
       > Thyssenkrupp dürfe weder betriebsbedingt kündigen noch den Standort
       > Kreuztal-Eichen schließen, fordert die IG Metall. Sie kündigt Widerstand
       > an.
       
   IMG Bild: Noch laufen die Öfen im ThyssenKrupp-Stahlwerk in Duisburg. Wenn es nach dem Betriebsrat geht, bleibt es auch so
       
       Duisburg taz | Die Betriebsräte des Thyssenkrupp-Gesamtkonzerns und seiner
       Stahlsparte haben am Mittwoch zusammen mit der Gewerkschaft IG Metall
       massiven Widerstand gegen die vom Vorstand angekündigten Massenentlassungen
       angekündigt – und Unterstützung der Politik eingefordert. „Nicht
       verhandelbar“ seien die vom Stahlvorstand um dessen Vorstandssprecher
       Dennis Grimm angedrohten betriebsbedingten Kündigungen sowie die Schließung
       des Standorts Kreuztal-Eichen, erklärte der Bezirksleiter der IG Metall in
       NRW, Knut Giesler. Solange diese „roten Linien“ überschritten seien, werde
       es keine Gespräche geben, so Landesgewerkschaftschef Giesler.
       
       Der Vorstand von Thyssenkrupp Steel Europe AG (TKSE) [1][hatte am Montag
       verkünden lassen], dass die Belegschaft in den kommenden sechs Jahren um
       11.000 Mitarbeiter:innen schrumpfen soll. Aktuell arbeiten bei
       Deutschlands größtem Stahlhersteller noch 27.000 Menschen – 13.750 davon
       allein am Standort Duisburg, der als größtes zusammenhängendes
       Industrieareal Westeuropas gilt. Geht es nach dem erst seit September
       amtierenden TKSE-Vorstandssprecher Grimm, sollen allein in Produktion und
       Verwaltung 5.000 Stellen wegfallen. Durch Ausgliederungen und Verkäufe
       sollen weitere 6.000 Jobs verschwinden.
       
       Hintergrund sind Pläne, die Produktionskapazitäten von derzeit 11,5 auf 8,7
       bis 9 Millionen Tonnen Stahl jährlich zu reduzieren. TKSE schreibt derzeit
       jährlich Millionenverluste im dreistelligen Bereich. Der Stahlhersteller
       leidet unter Billigkonkurrenz aus Asien – und unter der schwächelnden
       Nachfrage etwa durch die Autoindustrie, wo auch [2][Volkswagen] und Ford
       Produktionsreduzierungen und Entlassungen angekündigt haben.
       
       Die dürften in der Stahlindustrie aber nur mit großen Schwierigkeiten
       durchzusetzen sein. Hier gilt die Montanmitbestimmung, die den
       Arbeitnehmer:innen in den Aufsichtsräten das gleiche Stimmrecht wie
       der Arbeitgeberseite zusichert: Der Aufsichtsratsvorsitzende hat im
       Gegensatz zu anderen Branchen nicht die Möglichkeit, die Interessen der
       Unternehmensseite mit seinem sonst üblichen doppelten Stimmrecht
       durchzusetzen. „Bei der Aufsichtsratssitzung von Thyssenkrupp Steel am 10.
       Dezember wird es nicht zu einem Beschluss kommen, der das Kürzungskonzept
       des Vorstands mitträgt“, sagte deshalb Gewerkschafter Giesler.
       
       ## Arbeitnehmer planen kreative Aktionen
       
       Auch Tekin Nasikkol, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats des
       Thyssenkrupp-Konzerns und zuvor Chef der Arbeitnehmervertretung der
       Stahlsparte, betonte die Kampfbereitschaft seiner Kolleg:innen. Zwar dürfen
       deren Betriebsräte wegen der Friedenspflicht, die nach dem Tarifabschluss
       für die Metallindustrie in diesem Sommer bis 2026 gilt, nicht offiziell zu
       Streiks aufrufen. Geplant seien aber „kreative Aktionen“ wie
       Informationsveranstaltungen oder Betriebsversammlungen, erklärte der
       Betriebsratschef. Und dadurch verursachte Produktionseinschränkungen
       könnten für das Management durchaus schmerzhaft werden.
       
       Außerdem plant Nasikkol für Januar eine „Stahl-Arena“, zu der er
       SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz, Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) und
       den grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck einladen will –
       schließlich dürfte die Schwäche der deutschen Industrie den anstehenden
       kurzen Bundestagswahlkampf entscheidend prägen.
       
       Kanzler Scholz hatte Nasikkol schon am Dienstag „spontan angerufen“, so der
       Betriebsratschef – schließlich gehe es um die Zukunft der gesamten
       deutschen Stahlindustrie, zu der auch Firmen wie ArcelorMittal und
       Salzgitter zählen und die rund 80.000 Mitarbeiter:innen beschäftigt.
       
       ## Stahlstreik könnte ganze Lieferketten sprengen
       
       Stahl stehe am Anfang einer ganzen Wertschöpfungskette – und ein Ende der
       Produktion in Deutschland habe das Potenzial, „die gesamte deutsche
       Industrie“ etwa durch unterbrochene Lieferketten „in die Knie zu zwingen“,
       warnte Nasikkol. Auch sei die Stahlproduktion angesichts des Kriegs in der
       Ukraine „sicherheitsrelevant“.
       
       27 Nov 2024
       
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