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       # taz.de -- Details zum Stellenabbau: „Brutale Pläne“ bei Ford
       
       > Der geplante Stellenabbau in Köln habe nichts mit der Absatzkrise für
       > E-Autos zu tun, sagt der Betriebsratschef. Er fordert eine
       > Zukunftsvision.
       
   IMG Bild: Benjamin Gruschka: „Es ist nicht akzeptabel, die Beschäftigten für verfehlte Entscheidungen des Top-Managements bluten zu lassen“
       
       „Es war totenstill in der Halle“, sagt Benjamin Gruschka, Betriebsratschef
       von Ford Deutschland am Mittwochmittag auf einer Pressekonferenz bei Ford
       in Köln. Kurz vorher hat er mit der Belegschaft über den Stellenabbau
       gesprochen, den die Geschäftsführung dort plant. Vergangene Woche hatte der
       Autobauer angekündigt, bis 2027 4.000 Arbeitsplätze in Europa zu streichen,
       2.900 davon an Kölner Standorten. Das würde etwa jede vierte Stelle in den
       Werken betreffen. Entsprechend angespannt war offenbar die Stimmung auf der
       Betriebsversammlung, zu der laut Gruschka rund 8.000 Ford-Arbeiter*innen
       gekommen waren.
       
       Bei dem Treffen haben sie erfahren, welche Bereiche von den Kürzungen
       betroffen sein sollen: Der Abbau solle quer durch verschiedene Sparten des
       Betriebs verlaufen, sagte Gruschka den Medienvertreter*innen. Nur Fahrzeug-
       und Getriebeproduktion seien nicht betroffen. Entsprechend würden wohl vor
       allem Beschäftigte in der Produktentwicklung und bei den Dienstleistungen
       außerhalb des Fahrzeugs ihre Stellen verlieren, sollte die Geschäftsführung
       die Pläne umsetzen. Konkret wollte Gruschka die betroffenen Abteilungen
       allerdings nicht benennen. Der Betriebsrat lehne sämtliche Kündigungen ab,
       egal in welchem Konzernbereich. Stattdessen fordere er eine Zukunftsvision
       für die Ford-Werke in Köln.
       
       ## Kündigungsschutz bis Ende 2032
       
       Tatsächlich sei die Geschäftsführung auf Kooperation des Betriebsrates
       angewiesen, wenn sie Stellen streichen wolle, sagt David Lüdtke von der IG
       Metall. Er ist Vertrauenskörperleiter der Ford-Werke Köln. Im Februar 2023
       hätten Betriebsrat und Geschäftsführung eine Vereinbarung getroffen.
       Demnach gelte für alle Angestellten bis Ende 2032 ein Schutz vor
       betriebsbedingten Kündigungen. Auf der Versammlung habe die
       Geschäftsführung jetzt bekräftigt, dass sie sich daran halten wolle. Den
       Stellenabbau will sie also anscheinend über Übereinkünfte mit dem
       Betriebsrat erreichen.
       
       Die Vereinbarung aus dem vergangenen Jahr sollte die Transformation
       erleichtern: [1][Um den Standort Köln von einem Verbrenner- zu einem
       Elektroautowerk umzubauen, seien Umstrukturierungen nötig gewesen, erklärt
       Lüdtke.] Betriebsrat und Geschäftsführung hätten sich dabei auf einen
       sozialverträglichen Abbau von 2.300 Stellen bis 2025 geeinigt,
       beispielsweise durch Abfindungszahlungen und Altersteilzeit. Rund 1.700 der
       betroffenen Mitarbeiter*innen hätten die Kölner Werke seitdem bereits
       verlassen. Im Gegenzug gelte für ihre Kolleg*innen der vereinbarte
       Kündigungsschutz.
       
       Dass jetzt wieder Stellen gestrichen werden sollen, wollen Gewerkschaft und
       Betriebsrat deshalb nicht hinnehmen. Die „brutalen Pläne der
       Geschäftsführung“ gefährdeten die Existenz der Ford-Standorte in
       Deutschland, sagt Gruschka. „Es ist nicht akzeptabel, die Beschäftigten für
       verfehlte Entscheidungen des Top-Managements bluten zu lassen.“
       
       Der Konzern begründet die geplanten Streichungen unter anderem [2][mit dem
       fehlenden Absatz von Elektrofahrzeugen.] Im Kölner Werk fertigt Ford seit
       Mitte des Jahres zwei E-Automodelle, Verbrenner werden hier nicht mehr
       produziert. Gruschka und Lüdtke halten das jedoch für ein vorgeschobenes
       Argument. Der Geschäftsführung gehe es um etwas anderes. „Für die
       Umstrukturierung auf E-Mobilität haben wir ja die Vereinbarung im letzten
       Jahr getroffen“, sagt Lüdtke. [3][Auch die Einigung auf Kurzarbeit mit
       Bezügen von 80 bis 87 Prozent, die noch bis mindestens Ende des Jahres und
       vielleicht darüber hinaus gelte, sei mit Blick auf die schwierige Situation
       in der E-Auto-Branche gefallen.]
       
       ## Mehr hochpreisige Fahrzeuge
       
       Die Pläne, jetzt erneut 2.900 Stellen abzubauen, hätten damit jedoch nichts
       zu tun. Sie seien Ergebnis eines sich verändernden Profils des
       Ford-Konzerns, meint Lüdtke. Der Autobauer stelle vermehrt hochpreisige
       Fahrzeuge her. Davon verspreche er sich wohl mehr Gewinne. Gehe diese
       Entwicklung weiter, könnten sich viele Menschen keinen Ford mehr leisten.
       „Und die teuren Autos können nicht all die Werke auslasten, in denen wir
       seit Jahren arbeiten“, sagt Lüdtke.
       
       Betriebsratschef Gruschka hat die Geschäftsführung am Mittwoch
       aufgefordert, die Abbaupläne wieder zurückzunehmen und stattdessen einen
       Zukunftsplan für den Standort Köln zu erarbeiten. Eine Antwort erwartet er
       bei der nächsten Versammlung am 10. Dezember.
       
       27 Nov 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Marie Gogoll
       
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       an.