URI: 
       # taz.de -- Kampfpause zwischen Israel und Hisbollah: Frist bis Ende Januar
       
       > Israel und die Hisbollah haben sich auf eine Waffenruhe geeinigt. Auch
       > die Hamas spricht sich für ein Ende der Kämpfe aus. Das jedoch ist
       > unwahrscheinlich.
       
   IMG Bild: Ein Land atmet auf: Zwei Frauen laufen in Tyros im Süden vom Libanon am Mittwoch auf der Straße
       
       Jerusalem taz | Nach vierzehn Monaten Krieg [1][schweigen seit
       Mittwochmorgen um 4.00 Uhr Ortszeit] zwischen Israel und der libanesischen
       Hisbollah die Waffen. In den Stunden zuvor erschütterte eine Reihe
       besonders schwerer israelischer Luftangriffe Beirut. Am Sonntag hatte die
       Hisbollah mit 250 Raketen noch eine der größten Salven seit Kriegsbeginn
       auf Israel gefeuert: „Wir können, wenn wir wollen“, lautete die Botschaft.
       Nun aber scheint die am Dienstagabend von Israel angenommene Feuerpause zu
       halten.
       
       Die Hisbollah war für die Einigung von der Bedingung abgerückt, eine
       Waffenruhe auch im Gazastreifen durchzusetzen. Die vom Iran unterstützte
       Miliz musste in den vergangenen drei Monaten massive Verluste verkraften.
       Ein Großteil der Hisbollah-Führungsriege, einschließlich des langjährigen
       Anführers [2][Hassan Nasrallah], kam ums Leben. Zudem hat Israel nach
       eigenen Angaben rund 80 Prozent des Raketenarsenals der Miliz zerstört.
       Jetzt stellt sich die Frage: Werden sich beide Seiten an die Waffenruhe
       halten?
       
       Das Abkommen räumt laut Medienberichten eine Frist bis Ende Januar ein. In
       dieser Zeit soll sich die israelische Armee aus dem Libanon und die
       Hisbollah in Gebiete nördlich des Flusses Litani zurückziehen. Dieser liegt
       rund 30 Kilometer von der Grenze entfernt. Die libanesische Armee kündigte
       die Stationierung von 10.000 Soldaten im Grenzgebiet an, die dort neben den
       UN-Soldaten [3][der Unifil-Mission] die Kontrolle übernehmen sollen. Im
       Wesentlichen basiert die Vereinbarung damit auf der
       UN-Sicherheitsratsresolution 1701, die 2006 den vorigen Libanonkrieg
       beendet hat, aber nie konsequent umgesetzt wurde.
       
       Neu ist, dass die USA gemeinsam mit vier anderen Staaten die Einhaltung
       überwachen und Israel weiterhin das Recht auf Angriffe im Libanon
       einräumen. Diese dürfen sich nur gegen unmittelbare Bedrohungen,
       Waffenschmuggel oder einen Wiederaufbau der Hisbollah nahe der Grenze
       richten, wenn die libanesische Armee dagegen nicht vorgeht.
       
       Unklar ist bislang, inwieweit die Hisbollah als bewaffnete Miliz bestehen
       darf. Das israelische Sicherheitskabinett hatte den Vorschlag am
       Dienstagabend mit einer Mehrheit von zehn zu einer Stimme angenommen.
       
       ## Ein politischer Erfolg für Netanjahu
       
       Den Krieg im Libanon gegen den Willen der Hisbollah von dem in Gaza zu
       trennen, ist ein politischer Erfolg für Netanjahu. Der
       religiös-nationalistische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hatte dennoch von
       einem „historischen Fehler“ gesprochen. Mit einem Bruch der Koalition
       drohte er dennoch nicht.
       
       Der Siedlerbewegung sei letztlich Gaza wichtiger, sagt die
       Politikwissenschaftlerin und Netanjahu-Expertin Gayil Talshir. „Sie wollen
       dort eine Militärbesatzung und eine Wiederbesiedlung durchsetzen.“ Kritik
       kommt stattdessen ausgerechnet von den evakuierten Gemeinden im Norden,
       denen der Schritt nutzen soll. Der Krieg hat mehr als eine Million
       Libanesen und rund 60.000 Israelis zu Vertriebenen gemacht. Als
       „Kapitulationsabkommen“ bezeichnete der Bürgermeister der Stadt Kirijat
       Schmona in Nordisrael, Avichai Stern, die Einigung und forderte eine
       israelische Pufferzone innerhalb des Libanon.
       
       Netanjahu warnte in einer Rede am Dienstagabend, Israel werde auf jeden
       Verstoß mit enormer Härte antworten. „Die Länge der Waffenruhe hängt davon
       ab, was im Libanon passiert. (…) Wenn sie sich wieder bewaffnen, werden wir
       angreifen“, sagte er.
       
       ## Der Machtwechsel in den USA
       
       Eine entscheidende Rolle für das Abkommen dürfte der im Januar anstehende
       Machtwechsel in den USA gespielt haben. Der Wahlsieger Donald Trump hatte
       gefordert, dass der Krieg schnell enden soll, und Netanjahu weiß, dass sein
       Land auf die Unterstützung der USA angewiesen ist. [4][Auch der scheidende
       US-Präsident Joe Biden soll Berichten zufolge Druck ausgeübt haben].
       
       Der Iran begrüßte die Waffenruhe am Mittwoch. Sima Shine vom israelischen
       Thinktank Inss glaubt, dass sowohl die Hisbollah als auch Teheran den Krieg
       tatsächlich beenden wollen. „Damit soll gerettet werden, was von der
       Hisbollah politisch und militärisch übrig ist“, sagte die israelische
       Ex-Geheimdienstlerin und Iran-Expertin. Zudem wolle auch der Iran vor
       Trumps Amtsantritt möglichst „reinen Tisch“ machen.
       
       ## Hamas bietet Waffenruhe an
       
       Nach der Waffenruhe im Libanon äußerte am Mittwoch [5][auch die Hamas] im
       Gazastreifen Bereitschaft zu einer Waffenruhe. Die Gruppe sei „bereit zu
       einer Waffenruhe und einem Austausch von Gefangenen“, teilte ein Sprecher
       mit. [6][Auch Biden] kündigte einen erneuten Vorstoß für ein Ende der
       Kämpfe in Gaza an.
       
       Die Politikwissenschaftlerin Talshir glaubt nicht, dass Netanjahu sich auf
       ein Ende des Krieges in Gaza einlassen will. „Er selbst hat gesagt, dass
       nach dem Krieg die Zeit für Neuwahlen und eine Aufarbeitung des 7. Oktobers
       ist. Dazu will er es nicht kommen lassen.“
       
       27 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Israel-und-Hisbollah/!6048436
   DIR [2] /Tod-von-Hassan-Nasrallah/!6036732
   DIR [3] /Unifil-Einsatz-im-Libanon/!6039830
   DIR [4] /Waffenruhe-im-Libanon/!6053396
   DIR [5] /Radikalisierung-in-Jordanien/!6045782
   DIR [6] /Waffenruhe-im-Libanon/!6053396
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Wellisch
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Israel
   DIR Hisbollah
   DIR Vereinte Nationen
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Libanon
   DIR Libanon
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Jordanien
   DIR Libanon
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Waffenruhe Israel und Hisbollah: Es fehlt der Glaube
       
       Die brüchige Waffenruhe mit der Hisbollah spaltet die Menschen im Norden
       Israels. Die einen wollen weiterkämpfen, den anderen geht die Einigung
       nicht weit genug.
       
   DIR +++Nachrichten im Nahost-Krieg+++: Prekäre Waffenruhe
       
       Trotz Waffenruhe sagt das israelische Militär, es habe „Terroristen“
       getötet. Hunderte fliehen aus dem Norden des Gazastreifens.
       
   DIR Israel und Hisbollah: Eine Waffenruhe auf Zeit
       
       Kurz vor Amtsende ist US-Präsident Biden eine Waffenruhe zwischen Israel
       und der Hisbollah gelungen. Ob sie eingehalten wird, muss sich erst zeigen.
       
   DIR Waffenruhe zwischen Israel und Hisbollah: „Endlich nachts schlafen“
       
       Im Libanon wird die Waffenruhe positiv aufgenommen. Viele der Vertriebenen
       können womöglich noch monatelang nicht in ihre Häuser zurückkehren.
       
   DIR Waffenruhe im Libanon: Biden hofft auf Katalysatorwirkung für Gaza
       
       Seit dem frühen Mittwochmorgen ruhen die Waffen zwischen Israel und der
       Hisbollah im Libanon. Biden hofft, dass eine Waffenruhe in Gaza folgen
       wird.
       
   DIR Radikalisierung in Jordanien: Ein Sturm zieht auf
       
       In Jordanien findet die Hamas immer mehr Anhänger, insbesondere bei der
       Jugend. Die Rekonstruktion eines Anschlags, bei dem drei Israelis starben.
       
   DIR Unifil-Einsatz im Libanon: Auf verlorenem Posten
       
       Seit 46 Jahren bemüht sich die Libanon-Truppe der Vereinten Nationen um
       Frieden. Die Geschichte einer unerfüllten Mission.