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       # taz.de -- Asylrechtsreform: Fortschrittskoalition gegen Menschenrechte
       
       > In Bezug auf die Migrationspolitik ist die Ampel weit nach rechts
       > gerückt. Personen im Grenzverfahren dürfen inhaftiert werden – auch
       > Kinder.
       
   IMG Bild: Umsetzung der europäischen Asylreform: Geflüchtete werden wie Verbrecher behandelt, auch Kinder dürfen jetzt inhaftiert werden
       
       Der 6. November 2024 wird als Schicksalstag im Gedächtnis bleiben. Zwei
       Ereignisse sind sofort präsent: Donald Trump gewinnt die US-Wahlen, und die
       Ampelkoalition bricht auseinander. Das dritte Ereignis bringt es zu weit
       weniger Aufmerksamkeit, ist jedoch ähnlich folgenreich. Das Bundeskabinett
       überführt noch vor dem Bruch das europäische Gesetz zur Umsetzung der
       [1][Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)] in nationales
       Recht.
       
       Es ist der letzte gemeinsame Nenner einer Regierung, die in puncto
       Migrationspolitik stetig weiter an den rechten Rand gewandert ist. Das
       Gesetz stellt den größten Einschnitt im Asylrecht seit Jahrzehnten dar.
       Ohne Not hat sich die Ampel für eine besonders scharfe Auslegung des
       Gesetzestexts entschieden. Sie forciert die Instrumentarien Haft und
       Freiheitsbeschränkung für Personen im Grenzverfahren.
       
       Nun dürfen auch Kinder inhaftiert werden. Künftig wird auch die
       Bundesregierung Länder zu „sicheren Herkunftsstaaten“ und [2][„sicheren
       Drittstaaten“] erklären können. Ohne das zuvor noch existierende Korrektiv
       in Form des Bundesrates, der zumindest ansatzweise eine menschenrechtlich
       fragwürdige Migrationspolitik gängelte, schuf die selbst ernannte
       Fortschrittskoalition eine Zuständigkeit, die insbesondere in den Händen
       einer möglichen rechts-konservativen Bundesregierung zur Waffe gegen die
       europäische Idee der Menschenrechte eingesetzt werden kann.
       
       Wie Haft und Freiheitsbeschränkung konkret aussehen werden, ist unklar.
       Klar ist hingegen, welche Haftanstalt der Bundesregierung Modell stand.
       [3][Das Moria-Lager auf der griechischen Insel Lesbos] gilt in
       verfahrensrechtlicher Hinsicht als Blaupause für GEAS. Vor vier Jahren ging
       Moria in Flammen auf, da die Haft für die Menschen nicht länger aushaltbar
       war.
       
       Dass der Bundestag sich angesichts dessen lernresistent beweist, zeigt, vor
       welcher Zukunft Deutschland steht: Menschenrechtsverletzungen, die einst
       primär an den Außengrenzen vorzufinden waren, werden sich nun auch im
       Inneren einnisten.
       
       22 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Valeria Hänsel
       
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