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       # taz.de -- Pressefreiheit in Guatemala: Machtkampf zwischen Präsident und Generalstaatsanwältin
       
       > Der guatemaltekische Investigativjournalist José Rubén Zamora muss schon
       > wieder in Haft. Er ist zum Symbol eines nationalen Machtkampfes geworden.
       
   IMG Bild: Der guatemaltekische Journalist Jose Ruben Zamora, Gründer der Zeitung El Periodico, muss erneut ins Gefängnis
       
       José Rubén Zamora hatte es geahnt. „Sie werden nicht lockerlassen“, hatte
       der 68-jährige, vielfach prämierte Journalist am 19. Oktober gesagt,
       [1][als er das Gefängnis Mariscal Zavala in Guatemala verlassen durfte].
       Fast exakt einen Monat später muss sich Zamora nun erneut am Gefängnistor
       melden und wegschließen lassen.
       
       Zamora, [2][Gründer und ehemaliger Redaktionsleiter der investigativen
       Tageszeitung el Periódico], ist zum Symbol eines Machtkampfs zwischen der
       korrupten Generalstaatsanwältin María Consuelo Porras und dem amtierenden
       Präsidenten Bernardo Arévalo geworden. Präsident Arévalo hat Zamora nur
       wenige Tage nach seiner Haftentlassung im Hausarrest besucht, ihn sogar zu
       einem offiziellen Termin eingeladen. Im Beisein von Zamora unterzeichnete
       Guatemalas Präsident am 11. November die „Erklärung von Chapultepec“, ein
       Dokument, das zehn Prinzipien zur Meinungs- und Pressefreiheit enthält.
       
       Wenige Tage später urteilte ein Berufungsgericht in Guatemala-Stadt, dass
       Zamora sich wieder in der auf einem Militärstützpunkt gelegenen Haftanstalt
       Mariscal Zavala einfinden müsse. Für Zamora entbehrt die Rolle rückwärts
       der drei Richter des Berufungsgerichts jeglicher Grundlage: „Ich habe 814
       Tage in Untersuchungshaft gesessen und damit länger als die zulässige Zeit.
       Die Ermittlungsbehörden haben keine Beweise für die mir zur Last gelegten
       Straftaten vorlegen können – sie sind fabriziert“, erklärt Zamora. Der
       Vollblutjournalist, [3][dessen Zeitung el Periódico im Mai 2023 in Konkurs
       ging], weiß genau, weshalb die Generalstaatsanwaltschaft an ihm ein Exempel
       statuieren will.
       
       ## Abstruse Klagen
       
       „144 Korruptionsfälle hat unser investigatives Team von el Periódico
       aufgedeckt und genau deshalb stehe ich am Pranger“, erklärt Zamora mit
       fester Stimme. Er hat die Belege, die nachweisen, dass sämtliche Vorwürfe
       wegen Geldwäsche gegen ihn haltlos sind, mehrfach kopiert, digitalisiert
       und hinterlegt – er habe ein sauberes Gewissen. Doch zugleich weiß Zamora
       genau, dass die Generalstaatsanwaltschaft nicht nachgeben wird.
       
       Unliebsame Journalisten wie der junge Diego España von der Tageszeitung La
       Hora müssen sich gegen abstruse Klagen wehren – ähnlich wie Zamora.
       Kriminalisierung Andersdenkender ist Alltag in dem mittelamerikanischen
       Land. Etliche Berichterstatter:innen leben im Exil und warten ab, ob
       laufende Verfahren gegen sie beendet und archiviert werden. Gerson Ortiz,
       ehemals rechte Hand von José Rubén Zamora, befindet sich im Exil in
       Spanien. Julia Corado, langjährige Redaktionsleiterin, beobachtet das
       Geschehen wie viele andere Guatemaltek:innen geschockt aus Costa Rica.
       
       ## Unterdrückung statt Wandel
       
       Statt den erhofften politischen Wandel zu erleben, müssen sie mit ansehen,
       mit welcher Selbstverständlichkeit María Consuelo Porras, die umgeben ist
       von einem Team aus Staatsanwält:innen, Richter:innen und
       Sachverständigen, agiert. Letztes Beispiel ist die Hausdurchsuchung beim
       gerade zurückgetretenen Infrastrukturminister Félix Alvarado – wegen
       mutmaßlicher Geldwäsche.
       
       Nur ein Beispiel, weshalb José Rubén Zamora sich sicher ist, dass
       [4][Präsident Bernardo Arévalo] sich entscheiden muss: „Er sollte die
       juristische Zwangsjacke abstreifen, die Generalstaatsanwältin entlassen
       oder zumindest ein Referendum über ihre Absetzung ansetzen“, schlägt Zamora
       vor. Sollte Arévalo den Mut dafür nicht aufbringen, glaubt Zamora, dass er
       ebenfalls in einer Zelle auf dem Militärstützpunkt Mariscal Zavala landen
       könnte. Dort wird Zamora am Freitag nur dann wieder auftauchen, wenn der
       Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts gegen Zamora nicht
       wieder aufhebt. Den Antrag dazu hat Zamora fristgemäß gestellt.
       
       21 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Knut Henkel
       
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