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       # taz.de -- Weltklimakonferenz in Aserbaidschan: „Moskaus einsamer Klimademonstrant“ im Exil
       
       > Das einstige Gesicht von Fridays for Future Russland, Arschak
       > Makitschjan, kritisiert das COP29-Gastgerberland Aserbaidschan. Einreisen
       > darf er nicht.
       
   IMG Bild: Aktivist Arschak Makitschjan protestiert beim Zwischen-Klimagipfel in Bonn im Juni gegen Verdrängung des Krieges um Bergkarabach
       
       Berlin taz | Ein Einzelkämpfer zu sein, dieses Gefühl kennt Arschak
       Makitschjan gut. „Ich bin der einzige Aktivist aus Armenien“, klagte er bei
       den Klima-Gesprächen der Vereinten Nationen im Juni [1][in Bonn]. Dort
       wurde der [2][29. Weltklimagipfel] vorbereitet, der am Montag in der
       aserbaidschanischen Hauptstadt Baku begonnen hat. Makitschjan protestiert
       seit der umstrittenen Vergabe gegen das Gastgeberland des Gipfels, zuletzt
       in einem Video auf seinem Instagram-Kanal, in dem er die Militäroperation
       in Bergkarabach verurteilt.
       
       „Für mich ist die COP der Versuch, den Genozid Aserbaidschans gegen die
       Armenier grün zu färben“, sagte er. Seine größte Sorge: Die Klimakonferenz
       in Baku könnte Kriegsverbrechen Aserbaidschans verschleiern.
       
       Als Aserbaidschan im September 2023 das international als Teil des Landes
       anerkannte, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnte [3][Gebiet
       Bergkarabach zurückeroberte], endete dies mit der Vertreibung von rund
       120.000 Menschen. Das EU-Parlament kritisiert eine „ethnische Säuberung“,
       Makitschjan spricht von Völkermord. Anders als in Gaza würde das andere
       Klimaaktivist*innen aber kaum kümmern. „Ich fühle mich von ihnen im
       Stich gelassen“, sagt er.
       
       Makitschjan kennt sich aus mit Krieg, er nennt sich „Experte für
       Diktaturen“. Der 30-Jährige wurde in Armenien geboren. Als er ein Jahr alt
       war, war gerade der erste Krieg um Bergkarabach vorbei. Seine Familie floh
       mit ihm nach Russland. In Moskau studierte er Geige am Konservatorium,
       bevor er 2019 – inspiriert von Greta Thunbergs Klimastreiks – begann,
       eigene Proteste zu organisieren.
       
       ## Medien nannten ihn „Moskaus einsamer Klimademonstrant“
       
       Woche für Woche stand der schmächtige Mann mit den schwarzen Locken mit
       einem Plakat auf dem Puschkin-Platz, um auf die Dringlichkeit der
       Klimakrise aufmerksam zu machen. Meist war er allein, Medien tauften ihn
       „Moskaus einsamer Klimademonstrant“. Heute ist er stolz darauf, die erste
       Klimabewegung in Russland organisiert zu haben.
       
       Mehrfach wurde er von den Behörden verhaftet und zu Geldstrafen verurteilt.
       Am 24. Februar 2022 – dem Tag von Putins Angriff auf die Ukraine –
       heiratete Makitschjan seine Frau. Das Paar posierte vor dem Standesamt: Sie
       mit einem gelben Blumenstrauß zum blauen Kleid, er mit der Aufschrift „Fuck
       the war“ auf dem Hemd. Das Foto ging viral. Im März flüchteten die beiden
       ins Exil nach Berlin.
       
       Seit die russische Botschaft ihm Anfang 2023 seinen einzigen Pass entzog,
       ist er staatenlos. Sein Vater und sein Bruder mussten Russland binnen drei
       Tagen verlassen, sie leben nun in Armenien. Offiziell wegen eines
       Formfehlers in den Dokumenten, Makitschjan führt die Ausweisung allein auf
       sein politisches Engagement zurück. Er hat die armenische
       Staatsbürgerschaft beantragt und lebt vorerst mit einem dreijährigen
       Freiberufler-Visum in Deutschland.
       
       ## Armenier dürfen nach Aserbaidschan nicht einreisen
       
       An der COP29 in Baku kann er nicht teilnehmen, Armenier dürfen nach
       Aserbaidschan auch mit Pass nicht einreisen. Dabei hat Makitschjan schon
       bei vielen internationalen Klimagipfeln demonstriert – nicht nur in Bonn.
       „Es ist beschämend, dass die Tragödie des armenischen Volkes immer wieder
       ignoriert wird“, findet er.
       
       Europa macht Makitschjan für die Menschenrechtsverstöße Aserbaidschans
       mitverantwortlich. Grund sei die Gaspartnerschaft der EU mit dem
       Kaukasusland. Diese bestehe trotz der Erfahrung mit Russland, das die
       Abhängigkeit von fossiler Energie jahrzehntelang zur Erpressung genutzt
       habe. „Niemand lernt aus der Geschichte“, mahnt Makitschjan. Dabei sei
       klar: „Ohne Menschenrechte, Demokratie und Partizipation können wir nicht
       für Klimagerechtigkeit kämpfen.“
       
       12 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Maximilian Arnhold
       
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