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       # taz.de -- Vorgezogene Bundestagswahl: Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
       
       > Am 23. Februar 2025 wird in Deutschland gewählt – mit Olaf Scholz als
       > Kanzlerkandidat für die SPD? Ein Pro und Contra.
       
   IMG Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteildigungsminister Boris Pistorius wollen sich um die Kanzlerkandidatur nicht streiten
       
       ## Ja
       
       Wer den Auftritt von Olaf Scholz bei Caren Miosga verfolgt hat, fragt
       sich, wie die SPD es schaffen will, mit ihm an der Spitze die
       Bundestagswahl zu gewinnen. Der Kanzler sprach wenig über die
       [1][schwächelnde Wirtschaft], gar nicht über eigene Fehler, dafür viel über
       die von Christian Lindner. Nicht cool. Und sicher werden nicht nur zwei
       Hamburger SPD-Politiker, sondern auch andere Genoss:innen kalte Füße
       bekommen haben.
       
       Aber Scholz jetzt auswechseln? Eher würde die Parteispitze die
       Willy-Brandt-Plastik in der Bundeszentrale durch eine von Adenauer
       ersetzen. Scholz ist gesetzt. Dafür gibt es gute Gründe. So würde es, wenn
       ausgerechnet der Regierungschef einpackt, die eigene Erzählung ad absurdum
       führen, dass für [2][das Ampel-Ende] nur Christian Lindner verantwortlich
       sei.
       
       Die SPD hat zudem schlechte Erfahrungen mit eingewechselten
       Spitzenkandidaten gemacht: Martin Schulz, Peer Steinbrück, Frank-Walter
       Steinmeier, Rudolf Scharping – sie alle scheiterten an Helmut Kohl
       respektive Angela Merkel. Zum Glück für den oder die Betreffenden drängt
       sich gerade auch kein:e sozialdemokratische Heilsbringer:in auf. Boris
       Pistorius?
       
       Ist ein beliebter Verteidigungsminister, aber seine Bilanz ist bei näherer
       Betrachtung mau. Das Beschaffungswesen ist nach wie vor eine Blackbox und
       sein Geschick, für sich und seinen Bereich zu werben, um zusätzliche
       Milliarden zu akquirieren, begrenzt. Und wie [3][das Wahlergebnis in den
       USA] gezeigt hat, sorgt ein Wechsel der Spitzenkandidatin nicht für ein
       Spitzenergebnis, wenn eine Partei nicht überzeugen kann.
       
       Wie die Union Deutschland aus der Krise führen will, außer das Bürgergeld
       abzuschaffen, das Heizungsgesetz zu killen und Steuern zu senken, bleibt
       vage. Die SPD und der Kanzler haben immerhin schon Ideen präsentiert –
       Investitionsanreize, Deutschlandfonds, Industriestrompreis – und setzen auf
       den Staat als handelnden Akteur. Nur mit einem Olaf Scholz, der glaubhaft
       machen kann, dass das der bessere Plan ist, hat die SPD überhaupt eine
       kleine Chance. Anna Lehmann
       
       ## Nein
       
       Der erste Schritt zu einem politischen Neuanfang in Deutschland ist getan.
       Es gibt jetzt einen Wahltermin, weil der Kanzler nachgegeben hat. Statt wie
       von Olaf Scholz ursprünglich anvisiert im März wird nun doch schon im
       Februar gewählt. Gut so. Fehlt nur noch der zweite Schritt: Scholz’
       Rücktritt, um den Weg für einen neuen SPD-Kandidaten freizumachen. Leider
       ist das extrem unwahrscheinlich.
       
       Scholz will weitermachen, bisher mucken dagegen nur ein paar Hinterbänkler
       auf, und natürlich wäre es ein großes Wagnis, so kurz vor Wahlen den
       amtierenden Kanzler auszuwechseln. Aber was um alles in der Welt kann die
       SPD in ihrer desolaten Lage mit 15 Prozent in den Umfragen vielleicht noch
       aufmuntern und dem ganzen Wahlkampf neuen Schwung verleihen, wenn nicht ein
       Wagnis? Scholz steht für ein Weiter-so. Aber genau das will eine übergroße
       Mehrheit nicht mehr.
       
       Seine Unbeliebtheitswerte sind sogar noch höher als die von Christian
       Lindner. Und nein, das sind keine Momentaufnahmen, wie Scholz zu hoffen
       scheint. Das negative Urteil über den einsilbigen Mann im Kanzleramt hat
       sich seit Jahren verfestigt. Auch der spektakuläre Ampelbruch hat daran
       nichts geändert. Was Scholz verspricht, ist eine Fortführung seiner Politik
       im gleichen Stil, nur [4][mit etwas mehr Schulden]. Das wird nicht reichen,
       um den Untergang aufzuhalten, und das ist nicht nur für die SPD gefährlich.
       
       Wenn die vielen Menschen, die [5][von der Ampelregierung
       Scholz-Habeck-Lindner enttäuscht] wurden, von den beteiligten Parteien nun
       kein anderes Angebot bekommen als die Kandidaten Scholz, Habeck und
       Lindner, ist zu befürchten, dass noch mehr von ihnen Union, BSW und AfD
       wählen. Ob ein SPD-Kandidat Boris Pistorius daran viel ändern könnte, ist
       offen. Aber möglich wäre es. Immerhin ist der Verteidigungsminister der
       beliebteste Politiker im Land, deutlich vor Friedrich Merz. Keine schlechte
       Voraussetzung, um einen Neuanfang zu wagen. Lukas Wallraff
       
       13 Nov 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
   DIR Lukas Wallraff
       
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