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       # taz.de -- Scholz telefoniert mit Putin: Scholz gibt den „Friedenskanzler“
       
       > Nach knapp zwei Jahren Funkstille spricht Olaf Scholz mit Russlands
       > Präsidenten Wladimir Putin. Der wiederholt offensichtlich alt bekannte
       > Bedingungen.
       
   IMG Bild: Nach fast zwei Jahren Funkstille hat Bundeskanzler Olaf Scholz jetzt mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert
       
       Moskau taz | Seiner Ankündigung folgten Taten: Nach knapp zwei Jahren hat
       der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitagnachmittag, dem Tag
       996 des russischen Überfalls auf die Ukraine, zum ersten Mal wieder mit dem
       russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert.
       
       Eine Stunde soll das Gespräch gedauert haben. Zuvor hatte Scholz mit dem
       ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen. Scholz soll Putin
       zu „Verhandlungen mit der Ukraine“ aufgefordert haben. Das Ziel: „ein
       gerechter und dauerhafter Frieden“. So teilte es der Regierungssprecher
       Steffen Hebestreit nach dem Telefonat mit.
       
       Scholz habe zudem deutlich gemacht, dass mit der Entsendung
       nordkoreanischer Soldaten nach Russland für Kampfeinsätze gegen die Ukraine
       „eine gravierende Eskalation und eine Ausweitung des Konflikts verbunden“
       seien, hieß es aus Regierungskreisen weiter. Der Bundeskanzler habe auch
       „die unverbrüchliche Entschlossenheit Deutschlands, die Ukraine in ihrem
       Abwehrkampf gegen die russische Aggression so lange wie nötig zu
       unterstützen“ betont.
       
       Erst am Sonntag hatte Scholz in der ARD-Sendung mit Caren Miosga seine
       Bereitschaft zum Gespräch mit dem Kremlherrscher geäußert. Er sei
       schließlich ein „verantwortlicher Politiker“, nur der „richtige Zeitpunkt“
       müsse kommen. Dieser war nun offenbar gekommen.
       
       ## Immer wieder dieselbe Leier
       
       Und [1][Scholz bekam das zu hören, was der russische Präsident seit dem
       Beginn seiner „militärischen Spezialoperation“, wie er den Überfall seiner
       Truppen auf das Nachbarland nennt, immer wieder von sich gibt]: Die
       „aktuelle Krise“ sei ein „direktes Ergebnis jahrelanger aggressiver
       Nato-Politik“, die darauf abgezielt habe, ein „antirussisches
       Aufmarschgebiet auf ukrainischem Territorium zu schaffen“.
       
       Die Interessen Russlands, so teilte es der Kreml nach dem Telefonat mit,
       würden ignoriert und die „Rechte der russischsprachigen Bevölkerung mit
       Füßen getreten“. Derweil fliegt Russland seine Einsätze auf Charkiw und
       Odessa, es sind mehrheitlich russischsprachige Städte in der Ukraine.
       
       Moskau sei Friedensgesprächen nie abgeneigt gewesen, so teilt Moskau mit.
       Aber diese sollen – auch darauf pocht der Kreml seit langem – die
       „Sicherheitsinteressen Russlands berücksichtigen, auf neuen territorialen
       Realitäten basieren und die Grundursachen des Konflikts beseitigen“, so
       steht es in der Kreml-Mitteilung. Die Mitteilungen aus Berlin und Moskau
       offenbaren diplomatische Sprachlosigkeit.
       
       In Deutschland aber herrscht Wahlkampf. Und Scholz will unbedingt ein
       politisches Signal nach innen senden. [2][Er will nach seiner einst
       ausgerufenen „Zeitenwende“ nun den „Friedenskanzler“ geben] – und verkennt
       bei seiner Anbiederung an Putin, was das Ziel Russlands nach wie vor ist –
       Putins Gerede von der „Bereitschaft zum Verhandeln“ hin oder her.
       
       ## Politische Unterwerfung
       
       Es ist die politische Unterwerfung der Ukraine. Erst im Sommer, auch darauf
       will Putin laut der Kreml-Mitteilung Scholz hingewiesen haben, hatte der
       Moskauer Kriegsherr eine eurasische Sicherheitsarchitektur skizziert, die
       an die im Dezember 2021 der Nato und den USA vorgelegten
       „Sicherheitsgarantien“ angelehnt ist. Ein russisches Diktat, wonach die USA
       sich militärisch aus Europa zurückziehen sollen.
       
       Putin sieht sich nach wie vor nicht als den Verantwortlichen für die
       Zerstörung und den Tod in der Ukraine. Der Krieg sei Russland vom Westen
       aufgezwungen worden, hatte er erst vor einer Woche wieder gesagt. Da saß er
       vollkommen entspannt und selbstbewusst bei der Tagung des Waldai-Klubs,
       einer Versammlung kremlloyaler Claqueur*innen aus dem In- und Ausland,
       in Sotschi.
       
       Den Grund für den Krieg in der Ukraine sieht Putin in der Erniedrigung
       Russlands, von sich aus übe Russland nie Gewalt aus, log er in aller
       Öffentlichkeit. Den westlichen Politikern fehle es an Hirn, meinte er in
       Sotschi. Das Freitagstelefonat bezeichnete der Kreml dann doch als
       „ausführlich und offen“.
       
       15 Nov 2024
       
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