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       # taz.de -- Performance in der Berlinischen Galerie: Wenn Worte nicht mehr reichen
       
       > Das Dance On Ensemble entwickelt neue Verständigungsmöglichkeiten. Die
       > daraus entstandene Performance wurde in der Berlinischen Galerie
       > uraufgeführt.
       
   IMG Bild: Eines der Duos des „Dance On Ensembles“ die miteinander auf verschiedenste Weise im Dialog stehen
       
       Die Erzählung vom Turmbau zu Babel aus dem Alten Testament scheint
       gegenwärtiger denn je. Wir leben in einer Zeit, in der direkte
       Kommunikation und das Miteinander immer seltener und ungewisser zu werden
       scheinen. Mit dieser Thematik beschäftigt sich das Dance On Ensemble
       zusammen mit dem Solistenensemble Kaleidoskop und dem Künstler Rabih Mroué
       in der Performance „A Sky Like A Wall“. In den Räumen der Berlinischen
       Galerie haben sie eine Skulptur aus Körpern, Klang und Bewegung entwickelt.
       
       Ausgangspunkt der verschiedenen Szenen sind acht Duos aus jeweils einem*r
       Tänzer*in und einem*m Musiker*in, die miteinander auf verschiedenste
       Weise im Dialog stehen. Hier werden neue Verständigungsmöglichkeiten
       erprobt, die ganz ohne klare Worte funktionieren.
       
       Das können raumgreifende Bewegungen sein, mit Hilfe einer Art Stethoskops
       durch eine Wand hindurch oder Worte in einer Fantasiesprache. Einige
       Performer*innen sind zu Beginn noch allein, doch auch sie kommunizieren
       durch ihre Bewegungen oder mit ihren Instrumenten mit dem Publikum.
       
       Die Zuschauer*innen dürfen umherwandern, den Klängen oder dem
       Stimmengewirr folgen, beobachten und verweilen. Es lassen sich
       Missverständnisse beobachten, sanfte Annäherungen, es wird aneinander
       vorbeigeredet, Dialoge aus Musik und Bewegungen geführt. Immer wieder
       finden sich mehrere Performer*innen zu einer Gruppe zusammen, kreieren
       a cappella eine Klangcollage, um sich dann wieder zu zerstreuen und an neue
       Winkel der Räume zu lenken.
       
       ## Choreografie von Rabih Mroués
       
       Instrumente werden auf verschiedenste Weise genutzt: mal für Franz
       Schuberts Streichquartett Nr. 13, mal wird auf ihnen getrommelt und ein
       akustischer Sturm erschaffen, mal harmonieren sie, mal scheinen sie zu
       streiten. Und auch die Musiker*innen tanzen, bewegen sich durch den
       Raum, kommen zusammen und gehen dann wieder in einen Dialog mit den
       Tanzenden. Die Übergänge zwischen „Szenen“ sind immer fließend. Sanft
       werden die Zuschauer so durch den Abend geführt.
       
       Entstanden ist die Choreografie auf Basis von Rabih Mroués „Notebook of the
       Unspecified Color“ – ein Notizbuch voll mit Skizzen, Texten und Partituren,
       die an den Turmbau zu Babel angelehnt sind. Auf dieser Basis haben die
       Musiker- und Tänzer*innen den Abend selbst kreiert. Das Heft ist auch
       für die Zuschauer*innen im Raum ausgelegt und das ein oder andere Bild
       lässt sich in der Performance erkennen, wenn auch auf abstrakte Weise.
       
       Die Vielstimmigkeit und Bewegungen stehen im starken Kontrast zu den
       stummen, gestellten Porträts der Ausstellung von Rineke Dijkstra, die
       zurzeit in der Berlinischen Galerie zu sehen ist, bieten jedoch einen
       passenden Hintergrund für die Performance. Die Fotografien zeigen
       Einzelpersonen, Paare oder Gruppen, zu denen sich auch die
       Performer*innen in Beziehung setzen. Der Titel der Ausstellung „Still –
       Moving“ ist auch für den Abend passend.
       
       All die verschiedenen Disziplinen – Tanz, Klang, Fotografie, auch die
       Architektur des Raums – harmonieren während der Performance miteinander.
       Teilweise gehen sie ineinander über. Denn auch wenn die Worte fehlen, sind
       sie alle eine Form der Verständigung und können zusammenbringen –
       vielleicht sogar mehr als Sprache allein. Unsere verbale Kommunikation hat
       Grenzen, Kunst in ihren verschiedenen Formen eröffnet da neue
       Möglichkeiten.
       
       So ist der Abend sowohl eine Verständigung zwischen Publikum und
       Performer*innen, zwischen Körpern und Klang, als auch zwischen
       unterschiedlichen Disziplinen. Wenn in unserer Gegenwart Kommunikation
       nicht mehr möglich scheint, müssen neue Formen gefunden werden. „A Sky Like
       a Wall“ zeigt diese Formen auf.
       
       3 Dec 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Greta Haberer
       
       ## TAGS
       
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