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       # taz.de -- Nach Ende der Friedenspflicht: Warnstreiks bei VW beginnen
       
       > Die IG Metall hat am Montag dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen.
       > Konzern, Gewerkschaft und Betriebsrat ringen um die Zukunft des
       > Autobauers.
       
   IMG Bild: Die Warnstreiks bei VW beginnen
       
       Wolfsburg taz | VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hat einen Beitrag der
       Aktionär*innen zur Rettung des angeschlagenen Autobauers gefordert.
       „Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten. Auch der Vorstand. Und
       eben auch die Aktionärsseite“, sagte Cavallo am Montagvormittag vor
       mehreren tausend Beschäftigten bei einer Warnstreik-Kundgebung auf dem
       Gelände des VW-Stammwerks in Wolfsburg.
       
       Am Wochenende ist die sogenannte Friedenspflicht bei Volkswagen zu Ende
       gegangen, in der Arbeitsniederlegungen verboten sind. Daraufhin rief die IG
       Metall [1][in allen deutschen VW-Werken zu Warnstreiks auf]. Ausgenommen
       war lediglich das Werk in Osnabrück, da dort der Flächentarifvertrag der
       Metall- und Elektroindustrie gilt.
       
       In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in
       den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen
       mehr als 10.000 Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die 2021 eine Angleichung
       an den Haustarif vereinbart wurde. VW fordert wegen der schwierigen Lage
       des Konzerns 10 Prozent Lohnkürzung. Zudem stehen Werkschließungen und
       betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Die IG Metall will das verhindern.
       
       Vor einigen Tagen legten Betriebsrat und IG Metall deshalb ein Konzept zur
       Rettung von Volkswagen vor. Darin wird die jüngste Tarifeinigung in der
       Metall- und Elektroindustrie übernommen. Sie sieht eine Lohnsteigerung von
       5,1 Prozent über eine Laufzeit von 25 Monaten vor. Bei VW soll dieses Geld
       laut dem Plan aber nicht direkt an die Beschäftigten gehen. Es soll
       stattdessen [2][in einen sogenannten Flexi-Fonds fließen], mit dem
       zwischenzeitliche Arbeitszeitreduzierungen aufgrund der geringen Nachfrage
       finanziert werden sollen.
       
       ## Funken in Flammen verwandeln
       
       Laut IG Metall und Betriebsrat würden die Beschäftigten dabei durch ihre
       Lohnzurückhaltung einen Beitrag von 1,5 Milliarden Euro zur Sanierung des
       Konzerns leisten. Im Gegenzug fordern sie, dass es weder Werkschließungen
       noch betriebsbedingte Kündigungen gibt.
       
       Der VW-Vorstand lehnte Ende vergangene Woche jedoch das Konzept der
       Arbeitnehmer ab und hält an seinen Plänen für Fabrikschließungen,
       Kündigungen und Gehaltskürzungen fest. Am Freitag erklärte das Unternehmen,
       die von den Arbeitnehmervertretern genannten möglichen Einsparungen von 1,5
       Milliarden Euro würden sich nicht ergeben. „Wer die Belegschaft ignoriert,
       spielt mit dem Feuer – und wir wissen, wie man Funken in Flammen
       verwandelt“, entgegnete nun IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in
       Wolfsburg.
       
       Am 9. Dezember gehen indes die Verhandlungen um die Zukunft des Wolfsburger
       Autobauers weiter. Zuvor soll es kommenden Mittwoch [3][eine
       Betriebsversammlung geben]. Neben Konzernchef Oliver Blume wird unter
       anderem auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwartet.
       
       ## Zu viele Menschen, zu wenig Autos in der Produktion
       
       Personalabbau ist im gesamten Autosektor [4][auch wegen der Antriebswende
       ein Thema]. Der Verband der Automobilindustrie rechnet damit, dass wegen
       der weniger personalintensiven Produktion von E-Autos bis 2035 im Vergleich
       zu 2019 rund jede vierte Stelle wegfallen wird, also etwa 140.000 Jobs.
       Andere Studien kommen auf weniger hohe Zahlen, sind sich aber weitgehend
       einig, dass in Zukunft weniger Arbeitsplätze nötig sein werden.
       
       Nach Ansicht des Autoexperten Stefan Bratzel produziert VW darüber hinaus
       mit zu vielen Menschen zu wenige Autos. Volkswagen baute vergangenes Jahr
       2,52 Millionen Fahrzeuge mit 200.000 Beschäftigten weltweit – Toyota kam
       auf fast viermal so viele Autos mit nur doppelt so vielen
       Beschäftigten.(mit dpa, afp)
       
       2 Dec 2024
       
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