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       # taz.de -- Politische Gesten im US-Sport: Tanz den Donald Trump
       
       > Der Tanzstil des künftigen US-Präsidenten Trump wurde im Wahlkampf zu
       > einem Markenzeichen. Einige Athleten feiern ihre Erfolge nun in seinem
       > Style.
       
   IMG Bild: Auf den Song „YMCA“ tanzen und so einen Trend kreieren: Donald Trump und und die Gouverneurin Kristi Noem aus South Dakota
       
       Donald [1][Trumps] Begabung als Tänzer kommt in etwa seinem rhetorischen
       Talent gleich. Wenn er, wie zuletzt häufig, bei Kundgebungen zu Klängen der
       Village People mit der Hüfte wackelt und – kaum den Takt haltend – rechts
       und links in die Luft boxt, ist das ähnlich unelegant wie seine wirren,
       kruden Reden. Und doch finden nun auch seine Disco-Einlagen eine breite
       Anhängerschaft, vor allem im Sport.
       
       Am prominentesten setzten den „Trump Dance“ vor wenigen Wochen die drei
       [2][San Francisco 49ers] Nick Bosa, Leonard Floyd und Sam Okuayinonu in
       Szene, nachdem Bosa den Quarterback der Tampa Bay Buccaneers umgehauen
       hatte. Zumindest bei [3][Bosa] war die Geste mit höchster
       Wahrscheinlichkeit politisch. Bosa war kurz zuvor eine Strafe aufgebrummt
       worden, weil er zu einer Pressekonferenz mit einer „MAGA“-Kappe erschienen
       war.
       
       Seitdem macht die Geste Schule. In der [4][NFL] wurde sie in den
       vergangenen Wochen von Brock Bowers, Za’Darius Smith, Malcolm Rodriguez,
       Calvin Ridley und Nick Westbrook-Ikhine benutzt, um erfolgreiche Spielzüge
       zu feiern. Der [5][UFC]-Kämpfer Jon Jones verfiel in den Trump-Tanz,
       nachdem er über das Thanksgiving-Wochenende gegen Stipe Miocic im Madison
       Square Garden den Kampf um die Schwergewichtsmeisterschaft gewonnen hatte.
       Kurz darauf sprang er über die Seile, um Trump, der sich den Kampf aus der
       ersten Reihe ansah, einen schweißnassen „Bro Hug“ zu verpassen.
       
       Doch der Trend zum Trump-Tanz macht nicht bei testosterontriefenden
       Macho-Sportarten wie Football oder der UFC halt. Der
       US-Fußball-Nationalspieler Christian Pulisic schwang im Trump-Stil die
       Hüften, nachdem er gegen Jamaika den Siegtreffer erzielte. Sogar die
       Spieler des englischen Fußballdrittligisten Barnsley FC feierten mit dem
       Tanz ein Tor. Und die britische Golferin Charley Hull zeigte beim
       Annika-Turnier einen gelungenen Schlag mit dem Trump-Schwung.
       
       ## Narrative stricken
       
       Wenigstens Hull gab offen zu, dass die damit ihrer Bewunderung für Trump
       Ausdruck verleihen wollte. Pulisic versuchte sich später damit
       rauszureden, dass er die Geste auf Tiktok gesehen habe und einfach nur
       lustig fand. Der ehemalige US-Torhüter Tim Howard mochte ihm das jedoch
       nicht abkaufen: Pulisic solle gefälligst zu seinen politischen Ansichten
       stehen, sagt er.
       
       Nun ist es gewiss verfrüht, aus diesen Gesten bereits eine Trumpifizierung
       des US-Sports herauszulesen. [6][Dave Zirin], Experte für Sport und Politik
       bei der Wochenzeitschrift The Nation, nennt entsprechende Berichte
       „aufgeblasen“. Insbesondere rechtslastige Medien wie Fox würden versuchen,
       aus einzelnen Vorfällen ein Narrativ zu stricken, wonach der zukünftige
       Präsident bereits die Sportwelt gleichgeschaltet habe. In Wahrheit jedoch
       bilde der US-Sport weiterhin die gesamte Bandbreite der politischen
       Meinungen ab, und insbesondere der Basketball, mit lautstarken Vorsprechern
       wie Stephen Curry und [7][LeBron James], tendiere weiterhin nach links.
       
       Unbedeutend ist die Häufung der Vorfälle dennoch nicht. Gesten zählen
       bekanntlich im Sport, im Stadion sind sie spätestens seit den erhobenen
       Fäusten von [8][Tommie Smith und John Carlos] 1968 ein überaus wirksames
       politisches Mittel. Und der Kniefall von [9][Colin Kaepernick] war ein
       Fanal für eine breite Akzeptanz des schon immer politisierten Sportfeldes.
       
       So kommentierte der mittlerweile zurückgetretene Football-Spieler Malcom
       Jenkins, der Seite an Seite mit Kaepernick im Football-Stadion gegen
       rassistische Gewalt demonstriert hatte, die Trump-Tanz-Manie damit, „dass
       da eine ganz neue Generation an Spielern heranwächst“. Und genau unter
       dieser Generation junger Männer, gleich ob weiß oder schwarz, hatte Donald
       Trump bei der gerade zu Ende gegangenen Wahl enormen Erfolg.
       
       Was das alles für den US-Sport der kommenden vier Jahre bedeutet?
       Vermutlich weniger Kniefälle und mehr Trump-Tänze. Organisationen wie die
       NFL werden ihrem Marketinginteresse folgen und sich nach dem dominanten
       Massengeschmack richten. Dass sich Stimmen wie Basketball-Nationaltrainer
       Steve Kerr, der beim demokratischen Wahlkonvent aufgetreten ist, Stephen
       Curry oder [10][Megan Rapinoe] werden zum Schweigen bringen lassen, ist
       jedoch bislang noch schwer zu glauben. Sebastian Moll
       
       3 Dec 2024
       
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