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       # taz.de -- Frauenrechte in Afghanistan: Bildungsverbot für Frauen wird strenger
       
       > Afghanistans Taliban schließen auch medizinische Lehreinrichtungen für
       > Frauen. Damit erlischt eine der letzten Möglichkeiten zur
       > Hochschulbildung.
       
   IMG Bild: Frauen werden in einem Klassenraum einer Polizei-Kaserne zu Polizistinnen ausgebildet
       
       Berlin taz | Die Taliban schließen eine der letzten Möglichkeiten für
       Afghaninnen, sich Hochschulbildung anzueignen – an medizinischen
       Lehreinrichtungen. Vizegesundheitsminister Bacht-ur-Rahman Scharafat gab
       diesen Beschluss des obersten Taliban-Führers Mullah Hebatullah Achundsada
       am Montag den Leitern der Institute bekannt, die dazu nach Kabul bestellt
       worden waren.
       
       Das berichteten afghanische Medien am Dienstag unter Berufung auf mehrere
       Teilnehmer des Treffens, die anonym bleiben wollten. Fragen nach den
       Gründen habe der Vizeminister nicht zugelassen. Die Taliban bestätigten die
       Berichte bisher offiziell nicht.
       
       Die Entscheidung soll mit sofortiger Wirkung in Kraft treten. Sie gelte für
       alle staatlichen und privaten Einrichtungen. Für Mittwoch und Donnerstag
       waren Semesterprüfungen für die Studentinnen angesetzt. Ob sie jetzt noch
       stattfinden, ist fraglich. In Afghanistan gibt es zehn staatliche sowie 164
       private medizinische Lehreinrichtungen für Hebammen, Zahnärztinnen,
       Schwesternschülerinnen und Laborantinnen.
       
       ## Eine der letzten Chancen auf Hochschulbildung
       
       Dort konnten Frauen noch studieren und Professorinnen lehren. 60 Prozent
       der Student*innen an den privaten Einrichtungen seien Frauen gewesen;
       ihre Zahl an den staatlichen Instituten ist nicht bekannt. Ärztin durften
       Frauen unter den Taliban schon vorher nicht mehr werden.
       
       Frauenrechtlerinnen verbreiten in sozialen Medien Berichte Betroffener. In
       einem heißt es: „Meine Klassenkameradinnen im Hebammeninstitut sind in
       einem schrecklichen Zustand. In unserer Chatgruppe beklagen sie die
       Tatsache, dass sie als Mädchen geboren wurden. Einige erinnern sich an die
       Opfer und Entbehrungen, die sie um der Bildung willen auf sich genommen
       haben.“ In einem Video hört man junge Frauen aus Protest singen.
       
       Erst im Februar hatten die Taliban Frauen wieder zur medizinischen
       Ausbildung zugelassen. Damals wies das Gesundheitsministerium seine
       Außenstellen in den Provinzen an, Abiturientinnen dafür anzuwerben. Das
       könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Taliban-Führung in Kandahar nun
       wieder einmal ein etwas pragmatischeres Ministerium in Kabul überstimmte.
       
       Ähnlich vor dem endgültigen Verbot der Schulbildung für Mädchen ab Klasse 7
       im März 2022: Das Bildungsministerium hatte damals nach der Winterpause das
       neue Schuljahr vorbereitet, und die Mädchen saßen in ihren Klassen, [1][als
       der Erlass der Taliban-Führung eintraf]. Vor fast zwei Jahren verwehrten
       die Taliban Frauen [2][auch den Zugang zu den Universitäten].
       
       ## Situation für Mädchen verschlechtert sich
       
       Vor einer Woche schlossen örtliche Taliban-Behörden in der Zentralprovinz
       Bamian auch alle UN-geförderten Kurse für Mädchen unter Klasse 7, die in
       Folge von Kriegsschäden keinen Zugang zu regulären Schulen haben. Ähnliche
       Kurse, gefördert auch von ausländischen Hilfswerken, waren bereits in
       mehreren anderen Provinzen unterbunden worden, [3][darunter in
       südafghanischen Taliban-Hochburgen].
       
       Nach dem [4][Erlass des sogenannten Tugendgesetzes im Augus]t habe sich die
       Situation für Mädchen im afghanischen Bildungssystem noch einmal
       verschlechtert, berichtete im November die exilafghanische
       Menschenrechtsorganisation Rawadari. So müssen sich in vielen Provinzen
       jetzt auch Dritt- bis Sechstklässlerinnen verschleiern.
       
       Inzwischen gab Karim Khan, Ankläger am Internationalen Strafgerichtshof
       (ICC) in Den Haag, am Montag bekannt, dass der ICC „sehr bald“ Haftbefehle
       wegen möglicher Kriegsverbrechen in Afghanistan beantragen werde.
       [5][Ermittlungen des ICC richteten sich auch gegen Taliban-Vertreter].
       
       3 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Ruttig
       
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