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       # taz.de -- Wahl der EU-Kommission: Stimmungsmache gegen mögliche Vizepräsidentin
       
       > Spaniens Konservative machen Umweltministerin Ribera, die als
       > EU-Vizekommissionspräsidentin vorgesehen ist, für Folgen der
       > Flutkatastrophe verantwortlich.
       
   IMG Bild: Unter Druck: Spaniens Umweltministerin Teresa Ribera
       
       Madrid taz | Spaniens angespannte innenpolitische Lage bedroht die Bildung
       der neuen EU-Kommission unter [1][Ursula von der Leyen]. Spaniens
       konservative Partei, die Partido Popular (PP), und ihr Oppositionschef
       Alberto Nuñez Feijóo üben mit Erfolg Druck auf die Europäische Volkspartei
       (EVP) aus. Sie wollen die Wahl von Teresa Ribera zur [2][neuen
       Vizepräsidentin der Kommission] in Brüssel aufschieben. Sie ist bisher
       Ministerin für den Ökologischen Umbau in Spanien. Von der Leyen, die bis
       Ende des Monats die neue Kommission im Amt sehen will, muss jetzt bangen.
       
       Es handelt sich um einen verzweifelten Versuch der PP. Sie wollen
       Verantwortung für [3][das missratene Krisenmanagement] bei den
       Überschwemmungen in der spanischen Mittelmeerregion Valencia von der
       dortigen konservativen Regionalregierung auf die sozialistische
       Zentralregierung abschieben. Die PP nimmt Umweltministerin Teresa Ribera
       ins Visier, obwohl nicht sie, sondern die Regionalregierung die
       Verantwortung bei Notfällen und Katastrophen hat.
       
       „Wird die zuständige Ministerin genau jetzt ausgezeichnet, wo noch immer
       nicht geborgene Leichen unter dem Schlamm liegen?“ fragte der
       PP-Europaabgeordnete Esteban González Pons angesichts der Anhörung von
       Ribera vergangene Woche. Aus Madrid bekam er von seinem Parteichef
       Unterstützung. „Sie verdient es nicht für ihre schlechte Arbeit prämiert zu
       werden, und viel weniger noch zur Vizepräsidentin aller Europäer ernannt zu
       werden. Das wäre eine Beleidigung für die Vernunft und für alle
       europäischen Bürger“, erklärt Feijóo.
       
       Der PP-Vorsitzende fordert, dass Ribera zusichert, im Falle einer Anklage
       in Spanien in Sachen Flut, umgehend zurückzutreten. Unzählige Fälle zeigen,
       wie leicht sich in Spanien Richter finden lassen, die selbst aussichtslose
       Ermittlungen einleitet. In vielen solcher Fälle treten rechtsextreme Kläger
       auf. So geschah es auch bei Politikern der linksalternativen Podemos, oder
       der einstigen Vizepräsidentin der damaligen Linkskoalition in Valencia.
       
       ## Kritik an Mazón
       
       Wenn diese Verfahren dann Monate oder Jahre später eingestellt werden, ist
       der Schaden bereits angerichtet. Mindestens 223 Menschen verloren bei den
       Überschwemmungen in der Region Valencia am vergangenen 29. Oktober ihr
       Leben. Über ein Dutzend wird noch immer vermisst. Die PP-Regionalregierung
       unter Carlos Mazón schickte viel zu spät eine Warnung an Bewohner in den
       betroffenen Regionen.
       
       Als die Handys schrillten, stand schon alles unter Wasser. Viele der Opfer
       waren bereits in den Fluten ertrunken. Mazón selbst kam zu spät zum
       Krisenstab. Dabei hatte sich flussaufwärts die Katastrophe bereits Stunden
       zuvor angekündigt.
       
       Die Rufe nach einem Rücktritt Mazóns werden immer lauter. Der Angriff auf
       Ribera soll all das überdecken und gleichzeitig die Linksregierung in
       Madrid unter dem Sozialisten Pedro Sánchez schwächen.
       
       Feijóo und seinen PP kritiseren Ribera auch für ihre Arbeit als Ministerin.
       „Ihre Amtsführung war eine absolute Katastrophe in Sachen Energie, Umwelt
       und Wohlstand der Bürger. Wenn Frau Ribera überhaupt etwas erreicht hat,
       dann ist es, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen zu gefährden und
       die Bürger in einer energetischen Notlage zu belassen“, sagt Feijóo.
       
       ## Erfolgreiche Umweltministerin
       
       Etwas, was an der Realität völlig vorbeigeht. War es doch Ribera, die, mit
       einer Deckelung des Gaspreises für die Stromerzeugung, die Strompreise
       niedriger hielt als anderswo in der Union. „Iberische Ausnahme“ wurde dies
       getauft.
       
       Und in Sachen Umweltschutz stammen von Ribera so wichtige Initiativen, wie
       der Ausstieg aus dem Kohleabbau oder die Verpflichtung der Gemeinden mit
       mehr als 50.000 Einwohnern, eine verkehrsberuhigte Niedrigemissionszone
       einzurichten. International machte sie sich im Rahmen eines
       Meeresschutzabkommens einen Namen.
       
       Der Vorsitzenden der EVP, Manfred Weber, unterstützt Feijóo und die PP in
       deren Kreuzzug gegen Ribera. Die spanische Presse sieht darin einen ganz
       persönlichen Rachefeldzug des Deutschen gegen seine Parteikollegin Von der
       Leyen. Weber habe selbst seit lange Ambitionen EU-Kommissionspräsident zu
       werden. Einen Traum, den Von der Leyen jetzt zum zweiten Mal in Folge zu
       Nichte machen wird, sollte ihre Mehrheit aus Sozialdemokraten,
       Konservativen und Liberalen nicht noch im letzten Augenblick platzen.
       
       19 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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