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       # taz.de -- Kürzungen im Berliner Landeshaushalt: Kultursenator soll die Bühne verlassen
       
       > Der Berliner Kulturetat soll massiv gekürzt werden. Im Berliner
       > Abgeordnetenhaus drängt die Opposition Joe Chialo (CDU) zum Rücktritt.
       
   IMG Bild: Kultursenator Joe Chialo (CDU) stand in der Finanzdebatte des Abgeordnetenhauses im Zentrum der Kritik
       
       Berlin taz | Jetzt ist es die Opposition, die kürzen will. Nicht im
       Haushalt, sondern im Senat. Es ist Donnerstagmorgen, das Abgeordnetenhaus
       diskutiert die jüngsten Kürzungen der schwarz-roten Koalition, und
       Linksfraktionschef Tobias Schulze fordert einen Rücktritt: „Wenn Sie keinen
       Plan haben, dann sollten Sie Platz machen für jemanden, der einen Plan
       hat.“ Der Adressat sitzt nur fünf Meter weg: Kultursenator Joe Chialo (CDU)
       ist es, den Schulze weghaben will. Auch die Grünen halten ihn für
       gescheitert.
       
       Knapp 48 Stunden liegt zum Zeitpunkt der Debatte jene Pressekonferenz
       zurück, [1][in der am Dienstag die führenden Köpfe von CDU und SPD
       darstellten], wie sie eine 3-Milliarden-Haushaltslücke füllen wollen.
       Passieren soll das über 2 Milliarden Euro schwere Kürzungen, Kredite, die
       mit der Schuldenbremse vereinbar sind, und zusätzliche Steuereinnahmen.
       Dabei verzichtete die Koalition darauf, Parkgebühren und das mit 10,20 Euro
       jährlich im Städtevergleich [2][als äußerst billig geltende Anwohnerparken]
       zu verteuern.
       
       Weil sein Ressort rund 130 Millionen oder 12 Prozent des bisherigen Budgets
       einsparen soll, ist Chialo in die Kritik geraten, nicht genug oder gar
       nicht für die Berliner Kulturszene gekämpft zu haben. „Das haben die
       Berliner Kreativen nicht verdient. Man fragt sich schon: „Was machen Sie
       eigentlich beruflich?“, höhnt Grünen-Fraktionschef Werner Graf, der noch
       vor Schulze am Rednerpult steht.
       
       Wobei seine Frage wiederum nicht sonderlich kreativ ist – auf diese Weise
       [3][machte sich 2016 schon ein Piraten-Abgeordneter] über den damaligen
       Innensenator Frank Henkel von der CDU lustig. Grafs Fazit lautet: „Es tut
       mir leid, Herr Chialo: Sie sind als Senator gescheitert.“
       
       ## Finanzsenator verteidigt Chialo
       
       Chialo kommt in dieser Rederunde nicht dran, Finanzsenator Stefan Evers
       (CDU) verteidigt die Kürzungen gegen die Kritik der Opposition. Wobei die
       bei der AfD anders ausfällt als bei Grünen und Linkspartei: Sie hat kein
       Problem mit deutlich weniger Geld in der Klima- und Verkehrspolitik und
       kritisiert stattdessen die als moderat geltende Erhöhung bei der Citytax
       und wenigen anderen Steuern.
       
       Später, in der Fragestunde, wird Chialo sinngemäß sagen, dass auch der
       Kulturbereich seinen Beitrag fürs große Ganze leisten muss: „Es geht nicht
       nur um Einzelthemen.“ Der Finanzsenator hat ihn zu diesem Zeitpunkt schon
       etwas blumiger in Schutz genommen: „Ein guter Kultursenator ist kein
       Schutzheiliger des Status quo“, ist von Evers zu hören.
       
       Mehrfach halten Redner der Koalition der Opposition vor, viel zu
       kritisieren, aber keine eigenen Vorschläge zu machen. Von den Grünen habe
       er zwar zum Geburtstag ein Reclam-Heftchen mit dem Titel „77 Tipps zur
       Steigerung der Staatseinnahmen“ bekommen, erzählt etwa Evers. Die aber
       datieren auf Aristoteles zurück und enthielten heute nicht mehr angesagte
       Maßnahmen wie Erpressung oder Hinrichtung verschwenderischer Politiker.
       
       Die Linksfraktion allerdings hatte durchaus konkrete Vorschläge gemacht.
       Sie forderte etwa am 1. Oktober vor Journalisten unter anderem,
       Steueraußenstände in dreistelliger Millionenhöhe konsequenter einzutreiben
       und die Möglichkeit zu Krediten stärker auszunutzen.
       
       ## Sprachlich auf dem Rummelplatz
       
       Viele Zwischenrufe begleiten die Debatte, Beleidigungen bleiben aber aus.
       Als SPD-Fraktionschef Raed Saleh sagt: „Wir haben einfach nur unseren Job
       gemacht“, hallt ein „Aber schlecht!“ aus der Linksfraktion. Die Grünen
       sehen Berlin auf einer Achterbahnfahrt, bei der Schwarz-Rot die Bürger
       kopfüber hängen lässt. Der Finanzsenator bleibt beim Kontern sprachlich auf
       dem Rummelplatz: „Ich hätte mehr Angst vor grüner Geisterbahnpolitik.“
       
       21 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Berliner-Landeshaushalt/!6047223
   DIR [2] /Neue-Chefin-des-BUND-Berlin/!6027085
   DIR [3] https://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/protokoll/plen17-078-pp.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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