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       # taz.de -- Buchautor über Willi Lemke: „Ich hielt ihn für einen Bruder Leichtfuß“
       
       > Der im August verstorbene Willi Lemke war Manager des SV Werder und
       > Bremer Senator. Biograf Helmut Hafner über schwarze Kassen, Uli Hoeneß
       > und den KGB.
       
   IMG Bild: Leinwand vor dem Bremer Dom, auf der die Trauerfeier am 23. August 2024 live übertragen wurde
       
       taz: Herr Hafner, was war Willi Lemke am meisten: Sportler, Politiker oder
       Lobbyist? 
       
       Helmut Hafner: Er war in erster Linie Netzwerker. Wir wollten mit dem Buch
       keine Heldenverehrung betreiben. Es gab ja auch ein paar dunkle Flecken in
       seiner Laufbahn.
       
       taz: Was hatten Sie für ein Bild von ihm, bevor sie das Buch mit [1][Ralf
       Lorenzen] machten? 
       
       Hafner: Es war nicht so positiv. Ich habe in ihm einen Bruder Leichtfuß
       gesehen. Aber ich habe gemerkt, dass er ein sehr fleißiger, verlässlicher
       Typ und ein ausgesprochener Macher war. Der hat sich sogar als
       Bildungssenator um Reparaturen an Schulen gekümmert.
       
       taz: Er hat als Politiker begonnen – als Landesgeschäftsführer der Bremer
       SPD. Aber richtig bekannt wurde er bei Werder. 
       
       Hafner: Ja, er ist auch später immer [2][der Werder-Willi geblieben]. Er
       hat ja Werder als innovativer Manager in den achtziger und neunziger Jahren
       zum [3][Rivalen des FC Bayern] aufgebaut. 1994 zeichnete ihn das
       Wirtschaftsmagazin Impulse als besten Bundesliga-Manager aus.
       
       taz: So wurde er zum Gegenspieler von Uli Hoeneß, den er „Totengräber“ des
       deutschen Fußballs nannte. Hoeneß unterstellte ihm, ein „Volksverhetzer“ zu
       sein. 
       
       Hafner: Ja, Lemke spielte die Rolle als bescheidener, braver Bremer gegen
       den Wurstfabrikanten aus Bayern. Später haben sie ihren Frieden gemacht.
       Und Hoeneß gab zu, man hätte die Streitigkeiten gern auf offener Bühne
       ausgetragen. Das hätte beide noch populärer gemacht.
       
       taz: Mit dem Trainer Otto Rehhagel hat Lemke fast 15 Jahre ein Erfolgs-Duo
       abgegeben. Aber es gab auch dunkle Kapitel … 
       
       Hafner: Ja, er musste die Bild-Schlagzeile hinnehmen: „Willi Lemke: Ich war
       ein KGB-Spion.“ Er hatte sich als Student 1970 mit dem sowjetischen
       Geheimdienst über eine Zusammenarbeit geeinigt, aber dem deutschen
       Verfassungsschutz darüber berichtet – war dann auf Wunsch der Deutschen
       eine Art Doppel-Spion. Das kam 1994 ans Licht.
       
       taz: Auch als Werder-Manager ging er nicht nur den geraden Weg. 
       
       Hafner: Es gab eine schwarze Kasse. 2001 zeigte sich der Vorstand selbst an
       und beglich die hinterzogenen Steuern. Und beim Ausbau des Weserstadions
       bekam der Bauunternehmer Kurt Zech ohne Ausschreibung den Zuschlag,
       Korruption stand im Raum.
       
       taz: Als Bildungssenator war er indirekt dafür verantwortlich, dass die Uni
       das Fach Sport abschaffte – aus Kostengründen. 
       
       Hafner: Auch das Bildungsressort musste sparen. Da die Schulen und die Uni
       sich selbst verwalteten, hatte Lemke, wie er sagte, bei der Abschaffung
       keinen Einfluss. Überhaupt war seine größte Stärke als Macher auch seine
       größte Schwäche: Sie verhinderte langfristige Strategien.
       
       taz: Was war Lemkes größte Niederlage? 
       
       Hafner: Der gescheiterte Versuch, 2005 Bürgermeister zu werden. Er hatte
       seine Popularität überschätzt und war in seiner Partei Jens Böhrnsen
       deutlich unterlegen.
       
       taz: Und was war für ihn der größte Erfolg? 
       
       Hafner: Mit Sicherheit die acht Jahre von 2008 bis 2016 bei der [4][UNO als
       Sonderberater für Sport]. Da wurde er weltberühmt und konnte wieder seine
       Stärken ausspielen. Er beschaffte Geld und konnte etwa in Afrika
       kleinteilig helfen wie ein Weihnachtsmann.
       
       9 Dec 2024
       
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