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       # taz.de -- Das Reißen des 1,5-Grad Ziels: Es braucht einen Klimakanzler
       
       > Die 1,5-Grad-Grenze galt immer als Sicherheitsabstand. Dieses Jahr wird
       > die Grenze erstmals überschritten und im Wahlkampf fröhlich ignoriert.
       
   IMG Bild: Flutkatastrophen, wie hier im Ahrtal, 2021, werden auch in Deutschland immer wahrscheinlicher
       
       Das Jahr 2024 ist das erste über 1,5 Grad. Das ist zu 95 Prozent sicher,
       meldet das europäische Erdbeobachtungsinstitut Copernicus. Damit ist das
       2015 in Paris vereinbarte Ziel nicht gebrochen, die Erderwärmung auf 1,5
       Grad zu begrenzen – das gilt für längerfristige Durchschnittswerte. Aber es
       bedeutet, dass die Erde Kipppunkten immer näherkommt, die Teile des
       Erdsystems unwiderbringlich verändern werden.
       
       Die [1][1,5-Grad-Grenze] galt dafür als Sicherheitsabstand. Deswegen ist
       eigentlich jeder Euro, der in Klimaschutz gesteckt wird, gut angelegt. Aber
       im deutschen Wahlkampf spielt das Thema keine Rolle.
       
       Dabei müsste Deutschland Rekordsummen in den Klimaschutz investieren, um
       seinen gerechten Beitrag beim Kampf gegen die Erderhitzung zu leisten.
       
       Das bleibt wichtig, egal ob die Erde 1,5 oder 2,2 Grad heißer ist als vor
       der Industrialisierung: Forscher*innen wissen schlicht nicht genau, wann
       die Atlantische Umwälzzirkulation und der dazugehörige Golfstrom
       kollabieren oder wann der Amazonas nicht mehr zu retten ist.
       
       ## Kipppunkte sind keine Ausrede
       
       Das ist gruselig, denn womöglich ist es für einen oder mehrere dieser
       Kipppunkte schon zu spät. Aber vielleicht kollabieren sie auch später. Da
       wäre es schön doof, [2][wenn wir jetzt den Kopf in den Sand stecken] und
       deswegen die Kipppunkte überschreiten.
       
       Außerdem werden Wetterextreme und Naturkatastrophen mit jedem
       Hundertstelgrad Erderhitzung wahrscheinlicher. Selbst ohne die drohenden
       Kipppunkte würde sich [3][Klimaschutz also lohnen]. Da waren sich die
       großen Parteien 2021 bereits einig.
       
       ## Keiner will mehr Klimakanzler sein
       
       Zur Erinnerung: Im Gegensatz zum aktuellen Wahlkampf behaupteten damals
       alle Kandidat*innen, [4][Klimakanzler*in] werden zu wollen.
       
       Damals töteten auch vom Klimawandel verursachte Fluten im Ahrtal mehr als
       180 Menschen. Es war die teuerste Naturkatastrophe in der Geschichte der
       Bundesrepublik, kostete vierzig Milliarden Euro.
       
       Die Erderhitzung betrug 2021 nur 1,1 Grad. Eine Katastrophe wie im Ahrtal
       ist heute also wahrscheinlicher als damals. Ob sie wollen oder nicht:
       [5][Dieser Realität] müssen sich die Wahlkämpfer*innen im Jahr 2024
       stellen.
       
       9 Dec 2024
       
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   DIR Jonas Waack
       
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