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       # taz.de -- Alleinstehende an Weihnachten: Warum Ältere an Weihnachten klar im Vorteil sind
       
       > Die Festtage eher traditionell oder ironisch feiern? Unsere Autorin kann
       > sich im Gegensatz zu anderen selbst aussuchen, wie sie die Tage
       > verbringt.
       
   IMG Bild: Viel erlebt zu haben Weihnachten, muss nicht von Nachteil sein
       
       Nur noch zwei Wochen sind es bis [1][Weihnachten] – wir sind in der
       Voll-Vorweihnachtszeit! Wer jetzt noch nicht weiß, wie er Weihnachten
       feiern soll, für den wird es höchste Zeit.
       
       Hier sind [2][wir Älteren] im Vorteil, haben wir doch im Lauf der
       Jahrzehnte schon verschiedene Weihnachtsmoden erlebt. Wir können aus
       diesem Repertoire das Passende zum Fest wählen.
       
       [3][Die Boomerin] hat in der Kindheit natürlich traditionell Weihnachten
       gefeiert, mit vorweihnachtlicher Backverzweiflung, weihnachtlichem
       Kirchgang, gestressten Müttern und alten Vätern, die das ganze Jahr lang
       nichts redeten, aber an Heiligabend sentimental wurden und vom Krieg
       erzählen. Nach dem Singen dann Bescherung, das Geschenkpapier wird
       geglättet und aufbewahrt. So weit, so gut.
       
       In den späten Siebzigern verlangte der Zeitgeist, „kritisch“ Weihnachten zu
       feiern. Die Lehrer zwangen uns jedes Jahr aufs Neue, die Böll’sche
       Lesebuchgeschichte „Nicht nur zur Weihnachtszeit“ bis zum bitteren Ende –
       dem pausenlos „Frieden“ flüsternden Engel – zu interpretieren.
       
       Die Referendare schnitten konsumkritische Feuilleton-Artikel mit tollen
       Wortspiel-Überschriften wie „Süßer die Kassen nie klingeln“ oder „Oje du
       Fröhliche“ aus und „kurbelten sie auf Matrize“. Das ist ein altertümliches
       Kopierverfahren. Es hier genauer zu erklären, würde das taz-Format
       sprengen. Es ist, kurz gesagt, wie eine Kopie, aber ohne Kopierer und in
       Lila.
       
       Kritisch feiern hieß zuerst einmal kritisch schenken. Also bloß nichts
       Luxuriöses, Glitzerndes, Überflüssiges, sondern lieber jutesackfarbene
       Produkte vom Dritte-Welt-Weihnachtsbasar oder Selbstgebasteltes. Je
       grobgeschnitzter, löchriggestrickter oder plumpgetöpferter, desto besser.
       
       ## Verwandte von AfD- oder Lindner-Fans nicht zu beneiden
       
       In der Schule flöteten die üblichen Streber den fortschrittlichen
       Religionslehrern Stichworte wie „Einkaufsstress statt Besinnung“ oder
       „Familienkrach zum Fest der Liebe“ zu. All das ist lange her. Wer heute
       noch Eltern hat, macht an Weihnachten eine Reise und unterwirft sich am
       Heiligen Abend ebendem elterlichen Weihnachtsreglement.
       
       Da bei den heutigen Vierzigjährigen eine Traditionalisierung zu beobachten
       ist, dürfte es hier außer dem üblichen Stadt-, Land-, Vegetarier-,
       Carnivoren- Gegensatz wenig Konflikte geben.
       
       Weil im Westen Deutschlands viele auf ein hübsches Erbe der alten Eltern
       hoffen, ist deren Bereitschaft zur Konfliktvermeidung groß. Wer AfD-, BSW-
       oder Lindner-Fans in der Verwandtschaft hat, ist am heiligen
       Weihnachtsabend natürlich doppelt gefordert und damit nicht zu beneiden.
       
       Sind gar keine Eltern mehr da, aber Kinder im Haus, heißt es dann, eigene
       Traditionen schaffen. Da lässt sich zum Beispiel die alte christliche
       Eltern-Weihnacht heidnisch updaten mit Völlerei, Lichterzauber und
       ironischem Singen von traditionellen Weihnachtsliedern.
       
       Sind die eigenen Kinder bereits groß, müssen die sich wiederum der
       elterlich-ironischen Weihnachtstradition anschließen. Haben die Kinder
       wiederum Kinder, sorgen die Generation Z und die jüngere Generation Alpha
       während des ironisch-heidnisch-katholischen Weihnachtsspektakels für
       wichtige anarchistische Impulse. Bei diesem Modell ist vielleicht also für
       jeden etwas dabei.
       
       11 Dec 2024
       
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   DIR Christiane Rösinger
       
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