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       # taz.de -- Verwaltungsstreit in Bad Münder: Plaudernder Personalrat der Stadtverwaltung darf bleiben
       
       > Ein Mitglied des Personalrats sticht Infos durch. Damit hat er seine
       > Schweigepflicht verletzt, befindet das Gericht. Bleiben darf der Mann
       > trotzdem.
       
   IMG Bild: Hier gibt es Streit zwischen Stadt und Personalrat: Eingang des Bad Münder Stadthauses
       
       Hannover taz | Darf ein Personalratsmitglied Informationen „durchstechen“,
       wenn er oder sie glaubt, dass bei einer Stellenbewertung etwas nicht mit
       rechten Dingen zugeht? Um diese Frage ging es am Dienstag vor dem
       Verwaltungsgericht Hannover. Dort stritten sich die Stadt Bad Münder und
       ein Mitglied ihres Personalrats. Sogar von Whistleblowing war in der
       Verhandlungsankündigung des Gerichts die Rede.
       
       Der Streitpunkt: Einem einzelnen Personalratsmitglied erschien die
       Höherstufung einer Angestellten im unmittelbaren Umfeld des Bürgermeisters
       zu hoch. Nach einer Neubewertung ihrer Stelle sollte ihr Gehalt um gleich
       vier Entgeldstufen in die Höhe klettern. Das ist im öffentlichen Dienst
       tatsächlich viel.
       
       Der Mann fühlte sich – so stellt es zumindest sein Anwalt dar – an ähnliche
       Affären erinnert, an die hannoversche Rathausaffäre beispielsweise oder die
       Gehaltsaffäre in der Staatskanzlei, die gerade noch Gegenstand eines
       parlamentarischen Untersuchungsausschusses war. Also habe er sich an den
       stellvertretenden Bürgermeister gewandt und ihn – unter dem Siegel der
       Verschwiegenheit – darüber informiert. Dieser dachte aber gar nicht daran,
       zu schweigen, sondern marschierte damit zum Bürgermeister.
       
       Nun versucht die Stadt Bad Münder das betreffende Personalratsmitglied aus
       dem Gremium zu entfernen. Der Mann habe seine Schweigepflicht verletzt,
       zeige aber kein Unrechtsbewusstsein, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit
       sei nicht länger möglich, argumentierte die Anwältin der Stadt vor Gericht.
       
       Tatsächlich ist diese Schweigepflicht ziemlich umfassend.
       Personalratsmitglieder dürfen Informationen, die sie im Rahmen ihrer
       Personalratsarbeit erhalten haben, nicht weitertratschen. Das gilt sogar
       dann, wenn sie der Meinung sind, dass das doch eh schon die Runde mache.
       
       Ausnahmen gibt es nur in zwei Fällen: Wenn die Informationen offenkundig
       sind und gar keiner Geheimhaltung bedürfen oder wenn es um den Austausch
       mit einer übergeordneten Dienststelle geht. Das, stellt das Gericht
       ziemlich schnell fest, war hier nicht der Fall. Der stellvertretende
       Bürgermeister, der überdies Ratsmitglied ist, ist keine übergeordnete
       Dienststelle. Das Personalratsmitglied hat eindeutig seine Schweigepflicht
       verletzt.
       
       Dennoch wies das Gericht den Antrag auf Entfernung aus dem Personalrat
       zurück. Es hielt dem Mann zugute, dass er erst vor kurzem als
       Ersatzmitglied in den Personalrat nachgerückt war und weder über seine
       Verschwiegenheitspflicht ordnungsgemäß belehrt worden war noch die
       eigentlich übliche Grundschulung erhalten hatte. Möglicherweise kannte er
       sich mit dem korrekten Verfahren also einfach nicht gut genug aus. Außerdem
       hat er keine intimen, ehrenrührigen oder persönlichen Informationen
       ausgeplaudert. Sondern nur die Bewertung der Stelle infrage gestellt. Für
       einen Verweis aus dem Personalrat müsste die Dienststelle ihm aber schon
       einen groben Verstoß gegen seine Pflichten nachweisen, erläutert das
       Gericht.
       
       Die Bewertung der Stelle, so die Stadt Bad Münder auf Anfrage der taz, sei
       aber inzwischen auch vom Personalrat abgesegnet worden. Er sei sich auch
       sicher, dass die Höhergruppierung jeder Überprüfung standhalte, sagt
       Bürgermeister Dirk Barkowski. „Wir haben dafür ein klares Verfahren und
       beauftragen einen externen Dienstleister mit der Bewertung.“
       
       Den ungewöhnlich hohen Gehaltssprung führt er darauf zurück, dass sich das
       Aufgabengebiet in den letzten 30 Jahren eben stark verändert hätte, die
       Stellenbeschreibung und die Besoldung aber nie entsprechend angepasst
       worden seien. Dies habe sich erst mit der Neubesetzung der Stelle nach der
       Pensionierung der bisherigen Stelleninhaberin geändert.
       
       Der vermeintliche [1][Whistleblower] und Informant hat, wie sich in der
       Verhandlung andeutete, möglicherweise noch ein anderes Motiv. Er streitet
       sich mit seiner Arbeitgeberin auch in anderen Verfahren. Dabei geht es um
       seinen Einsatz als Sozialassistent im Kinder- und Jugendbereich und eine
       Jugendleiterkarte (Juleika), die ihm – wie er glaubt – zu Unrecht entzogen
       worden sei. Möglicherweise traf man sich also nicht das letzte Mal vor
       [2][Gericht].
       
       11 Dec 2024
       
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