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       # taz.de -- Rede in der Hamburger Bürgerschaft: Zohra Mojadeddi sieht in Gaza einen „Vernichtungskrieg“
       
       > Die Grünen-Abgeordnete hat die Haushaltsdebatte zweckentfremdet, um ihre
       > Haltung zum Gaza-Krieg kundzutun. Nun drohen ihr Konsequenzen.
       
   IMG Bild: Darf man das Vernichtungskrieg nennen? Flüchtende In Gaza
       
       Hamburg taz | Die grüne Bürgerschaftabgeordnete Zohra Mojadeddi ist in
       Vergangenheit nicht oft aufgefallen. Am Donnerstag sprach die [1][ganze
       Stadt über ihre Rede] zu den Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft, über
       die das Hamburger Abendblatt berichtete. „Mir ist bewusst, dass meine Rede
       meine Zukunft, Reputation, meine Karriere oder sogar mein Leben gefährden
       kann“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.
       „Doch wie kann ich meinen Kindern Zivilcourage vermitteln, wenn ich nicht
       den Mut habe, meine Stimme für den Frieden in Gaza und in der Westbank zu
       erheben und mich gegen einen Vernichtungskrieg auszusprechen?“
       
       Das vorletzte Wort brachte nicht nur AfD und CDU in Rage, die ihr
       Antisemitismus vorwarfen. Wer das Vorgehen Israels gegen die Hamas mit
       einem Vernichtungskrieg gegen ein Volk gleichsetze, habe „aus der
       Geschichte nichts gelernt“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Auch
       der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dominik Lorenzen distanzierte sich von
       Mojadeddis Rede.
       
       Zudem wurde die Sitzung unterbrochen und der Ältestenrat einberufen, an
       dessen Ende die Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) der Frau einen
       Ordnungsruf erteilte, weil sie nicht zum Thema gesprochen habe. Sie sagte
       zugleich, es müsse möglich sein, in Landesparlamenten über den
       Nahostkonflikt zu sprechen.
       
       Dies hatte – auch anlässlich der Haushaltsdebatte – am Montag bereits der
       Abgeordnete Martin Dolzer von der Gruppe „Die Wahl“ getan. Er sprach vom
       „Völkermord“ im Gaza-Streifen, ohne gerügt zu werden. „Ich finde diese
       Bezeichnung genauer als ‚Vernichtungskrieg‘ und berufe mich dabei auf die
       Einschätzung der UN“, sagte er zur taz.
       
       ## Geflohen aus Afghanistan
       
       Die Abgeordnete war am Mittwoch nicht zu erreichen. Sie war 1979 als
       Neunjährige mit ihrer Familie nach einem kommunistischen Putsch in
       Afghanistan aus politischen Gründen inhaftiert worden, heißt es [2][auf der
       Grünen-Homepage]. Nach ihrer Entlassung, an der damals sowohl Amnesty
       International als auch die UNO mitwirkten, flüchtete sie mit Mutter und
       Bruder nach Hamburg, wo sie Abitur machte und Volkswirtschaft studierte.
       Heute arbeitet sie als Unternehmensberaterin im Finanzsektor. In der
       Bürgerschaft arbeitet sie im Untersuchungsausschuss zum [3][„Cum
       Ex“-Skandal] mit.
       
       Nach Konsequenzen gefragt, sagt ein Sprecher der Fraktion, das bespreche
       man in Ruhe. Fraktionschef Lorenzen sagte: „Wir werden den Vorfall intern
       aufarbeiten.“ Die von Mojadeddi verwandte Formulierung entspreche nicht der
       Position der Fraktion: „Die Äußerung ist inakzeptabel und wir distanzieren
       uns klar und deutlich davon.“ Man wisse um die „persönliche Nähe der
       Abgeordneten im Kontext des Gaza-Krieges“. Dennoch sei es nicht richtig
       gewesen, eine Haushaltsdebatte zur Zukunft der Hamburger Wirtschaft „zu
       kapern“.
       
       In einem ähnlichen Fall hatte eine [4][Bürgerschaftsabgeordnete ihre
       Sprecherfunktion] verloren. Die Grüne Miriam Block hatte im April 2023 mit
       der Linksfraktion für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum
       NSU-Mord an dem Gemüsehändler Süleyman Tasköprü gestimmt und wurde
       daraufhin von ihrem Posten als wissenschaftspolitische Sprecherin
       abgesetzt.
       
       21 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Hamburger-Gruenen-Abgeordnete-loest-Eklat-in-der-Buergerschaft-aus,buergerschaft1224.html
   DIR [2] https://www.gruene-hamburg.de/person/zohra-mojadeddi/
   DIR [3] /Hamburger-Cum-Ex-Affaere/!5972926
   DIR [4] /Hamburger-Gruene-stimmt-fuer-NSU-Aufklaerung/!5929804
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
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