# taz.de -- Sexuelle Gewalt gegen Frauen: Vergewaltigungen organisieren auf Telegram
> In Chat-Gruppen tauschen sich User über Betäubungsmittel aus und posten
> Fotos von sedierten Frauen. Das zeigen Recherchen des Funk-Formats
> strg+f.
IMG Bild: Reporter*innen des Funk-Formats strg+f haben ein Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram aufgedeckt
In diesem Text werden Missbrauch und sexuelle Übergriffe beschrieben.
Berlin taz | Man muss weder Fotos noch Videos sehen, um während der ganzen
45 Minuten, die die Reportage dauert, Ekel zu verspüren: Reporter*innen
des Funk-Formats strg+f haben ein Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram
aufgedeckt. Über 70.000 User tauschen sich dort darüber aus, wie sie Frauen
betäuben und ihnen sexualisierte Gewalt antun können. Sie teilen Fotos,
filmen live. Es erinnert an die [1][Massenvergewaltigungen an Gisèle
Pelicot], gegen ihren Ex-Ehemann und 50 weitere Täter fällt am Donnerstag
das Urteil.
„Es ist keine Vergewaltigung, wenn sie nicht weiß, dass es passiert ist“,
schreibt ein User. Das ist natürlich falsch, wie die Juristin Anja Schmidt
in der [2][Reportage „Das Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram“] erklärt.
Seit 2016 gilt in Deutschland der Grundsatz „Nein heißt Nein“. Aber wenn
man nicht mehr widersprechen kann? „Wenn die Fähigkeit, Zustimmung zu
geben, nicht mehr gegeben ist, dann darf man keine sexuellen Handlungen
vornehmen.“ Das steht in Paragraph 177, Absatz 2 des Strafgesetzbuchs.
In den Telegram-Gruppen kommentieren User Live-Videos: „Spiel mit ihr wie
eine Puppe“, schlagen vor, welche Haushaltsgegenstände zum Einsatz kommen
sollen. Teils schicken die User daraufhin Beweisbilder. Wie viel nur Gerede
ist, ob manche Frauen wissen, wie ihnen geschieht, das ist nicht eindeutig
überprüfbar. Einige – in der Reportage unkenntlich gemachte – Videos zeigen
den Reporter*innen zufolge allerdings torkelnde Frauen, die wie
bewusstlos aufs Bett fallen und dann penetriert werden. Einziges Tabu
scheint Gewalt an Kindern zu sein.
Die User kommen aus Ländern der ganzen Welt, auch Deutsche sind darunter.
Sie fragen nach Tipps, welche Schlafmittel sie nutzen können, wie sie sie
dosieren müssen. Online-Shops posten Links zu [3][K.-o.-Tropfen] und
Mitteln, in denen Stoffe verwendet werden, die bei ausreichender Menge
sedieren können. Darunter ist ein Haarserum für gesunde Haarspitzen. Die
Reporter*innen bestellen es. Der Verkäufer erklärt per Chat, welche
Dosierung notwendig ist, um es als Schlafmittel zu verwenden: die ganze
Flasche, am besten zusammen mit Alkohol.
Die Reporter*innen geben es an ein Labor. Dort heißt es: In Kombination
mit Alkohol ist es geradezu gefährlich. „Ein ganzes Fläschchen kann zu
einer potenziell lebensbedrohlichen Vergiftung führen.“
Die Journalist*innen entscheiden sich schließlich, die Gruppen den
Ermittlungsbehörden zu melden. In einem Fall stoßen sie die Polizei direkt
auf einen User. Die Reaktionen sind teils enttäuschend. Teils deuten die
Journalist*innen an: Jetzt wird tatsächlich ermittelt. Und dabei bleibt
es hoffentlich nicht.
18 Dec 2024
## LINKS
DIR [1] /Pelicot-Prozess-und-Rape-Culture/!6054069
DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=GLrzyOLJUtk
DIR [3] /Anschuldigungen-gegen-Till-Lindemann/!5939317
## AUTOREN
DIR Johanna Treblin
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