# taz.de -- Aktionismus nach Magdeburg-Terror: Besser erst mal nachdenken
> Kurz nach dem Attentat prescht die Innenministerin mit neuen
> Sicherheitsplänen vor. FDP und Union sollen als Blockierer dastehen. Ist
> das schlau?
IMG Bild: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will schnell punkten mit der Forderung nach neuen Sicherheitsgesetzen
Nach dem islamistischen Anschlag von Solingen dauerte es fünf Tage, bis die
Bundesregierung ein [1][Sicherheitspaket] präsentierte. Diesmal, nach dem
[2][Angriff in Magdeburg], preschte Bundesinnenministerin Nancy Faeser
(SPD) bereits nach zwei Tagen mit der Forderung nach neuen
Sicherheitsgesetzen vor. Die Vorschläge – ein neues Bundespolizeigesetz und
[3][biometrische Gesichtserkennung] – hatten zwar nichts mit dem Anschlag
von Magdeburg zu tun und hätten ihn vor allem nicht verhindern können. Doch
das war ihr offensichtlich egal. Sie hat die beiden Themen wohl nur deshalb
ausgewählt, weil hier FDP und CDU/CSU als Blockierer hingestellt werden
konnten.
Dass es noch keine rechtspolitischen Forderungen gibt, die auf den
konkreten Anschlag eingehen, überrascht nicht. Denn noch fällt es schwer,
die Tat richtig einzuordnen. Ein rechtsextremistischer Islamhasser mit
Migrationshintergrund, der einen islamistischen Anschlag auf einen
Weihnachtsmarkt imitiert, das gab es noch nie.
Deshalb sollte man die Behörden nicht vorschnell schelten, weil sie viele
Hinweise übersehen oder falsch eingeschätzt hätten. Gewaltdrohungen gibt es
leider viel zu viele, insbesondere in den Weiten des Internets. Sie werden
natürlich ernster genommen, wenn sie aus Kreisen kommen, die bereits für
Anschläge und Attentate bekannt sind.
So ist schon unklar, welche Behörden für Fälle wie Taleb al-Abdulmohsen
zuständig wären. Ist er ein psychisch Kranker, der sich in einen Wahn
hineinsteigerte? Ist er ein Querulant, der sich mit allen und jedem
anlegte? Oder ist er ein politischer Extremist und Terrorist, der bei aller
Verschraubtheit planmäßig einen Anschlag mit wohlbedachter Bildsprache
vorbereitete? Und wo sollten die Warnsignale über eine so vielschichtige
Person gebündelt und ausgewertet werden? Beim Verfassungsschutz gibt es
keine Abteilung für gewaltbereite saudische Islamhasser.
Im Nachhinein sieht vieles oft linear aus. Doch der Blick vom Ende her
führt in die Irre. Wenn man vorher wüsste, wer einen Anschlag begeht,
könnte man sich um die Person effizient und legitim kümmern. Aber wenn man
all die Geiferer, Hetzer, Gewaltbefürworter sieht, dann ahnt man, dass die
allermeisten bei verbalen Drohungen bleiben. Es wäre also nicht nur
unverhältnismäßig, alle vorsorglich einzusperren, es wäre gar nicht zu
schaffen. Ob es auch bei solch diffusen Personen wie al-Abdulmohsen bessere
Prognosen geben kann, das ist die große Frage, die sich nun stellt.
23 Dec 2024
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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