# taz.de -- Ausstellung über Feuerwerkskunst: Verdammte Lichteffekte
> Eine Ausstellung im Kulturforum Berlin zeigt die Geschichte der
> Feuerwerkskunst. Diese war stets auch Mittel der Macht und des Triumphs.
IMG Bild: Ein jüngeres Beispiel für Feuerwerkskunst: Malte Bartsch, Rakete, Feuerwerk, Gummiband, C-Print, 2019 (Ausschnitt)
Verbrenner oder elektrisch betrieben? Selten liegt diese Frage so auf der
Hand wie heute. Kann dabei Ersteres „Asthma, verstümmelte Hände und Vögel
mit Herzinfarkt“ zur Folge haben, sind bei Letzterem hingegen sogar „auch
harmonische Geräusche“ drin.
Das jedenfalls meint Jürgen Resch, wohnhaft im ruhigen Radolfzell am
Bodensee. Als [1][Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V.
(DUH)] ist er voller Hoffnung, dass eines der Ziele der DUH – saubere Luft
– längerfristig auch im verkrachten Berlin erreicht werden kann,
elektrisch, natürlich. Und warum also nicht mit nicht dröhnenden Drohnen,
die seien zudem wiederverwendbar?
Dass die Rede hier nicht von Fortbewegungsmitteln, sondern von
Feuerwerkskörpern ist, muss am heutigen Tag nicht erklärt werden – sofern
Sie durch die von Resch verdammten „Licht- und Geräuscheffekte“ draußen auf
der Straße nicht bereits vom konzentrierten Lesen des ersten
Textabschnittes abgehalten wurden.
Jene Effekte nämlich gälte es weiterzuentwickeln (weg vom lauten, zudem
gefährlichen Abbrennen, hin zur stillen Umweltfreundlichkeit), und die
aktuelle Ausstellung der Kunstbibliothek, zu der die DUH mit einer
„Informations- und Medienstation“ als Kooperationspartner geladen ist, böte
einen guten Anlass für derlei Überlegungen, so Resch beim Pressetermin.
Seit November in einer der beiden Sonderausstellungshallen des Kulturforums
zu sehen, zeigt die von Maren Wienigk (Kunstbibliothek) kuratierte
Ausstellung „Durchgeknallt und abgebrannt. Feuerwerkskünste aus fünf
Jahrhunderten“ so etwas wie die frühe illustrierte Geschichte des
inszenierten Feuerwerks in Westeuropa.
Als Ausgangspunkt dient die Ornamentstichsammlung der zu den Staatlichen
Museen gehörenden Kunstbibliothek. So ist auf 70 teils großformatigen
Kupferstichen sowie auf ausgewählten Seiten von etwa 40 historischen
Büchern, im weiteren Verlauf auch auf Exponaten anderen Ursprungs und
anderer Machart zu sehen, wie seit dem 17. Jahrhundert viele Stunden
andauernde Feuerwerksveranstaltungen in jeweils nur einem Bild zeitlich und
räumlich verdichtet wurden.
## Nebenprodukt einer Artillerietechnik
Dabei geht die Ausstellung nicht von einem Vorbehalt wie dem Reschs aus,
die Berliner Böllerei fände „unter dem Deckmäntelchen“ statt, „dass es eine
kulturelle Veranstaltung wäre“. Vielmehr liegt es Maren Wienigk daran,
beispielhaft eine kulturell wirksame Mediengeschichte des Feuerwerks zu
präsentieren: Als Nebenprodukt einer durch Militärwissenschaft optimierten
Artillerietechnik entstanden, ging es bei Feuerwerkskunst seit jeher darum,
Krieg und Frieden zusammenzudenken.
So werden hier nicht nur Feierlichkeiten aus Anlass von Siegen nach
kriegerischen Auseinandersetzungen gezeigt – etwa im Kupferstich Daniel
Marots (um 1702), der das Feuerwerk als Mittel geradezu kosmischer
Kriegsführung für den Sieg der Niederlande über Frankreich und Spanien
darstellt.
Auch für Friedensfeiern wurden aufwendige Feuerwerke veranstaltet, wie auf
einem Kupferstich von Peter Troschel (um 1650) zu sehen, der die
Feierlichkeiten zum „Nürnberger Frieden“ zeigt, mit dem der Dreißigjährige
Krieg beendet wurde. „Der Krieg wird hier mit den Mitteln des Kriegs
vernichtet“, fasst Wienigk das Dargestellte zusammen.
## Auf Überwältigung setzende Inszenierungen
Ob Feuerwerke zur Geburt eines Erbprinzen, zu Hochzeiten oder Krönungen:
Als Mittel der Darstellung von Repräsentationsansprüchen der höfischen
Gesellschaft des Barock einerseits, des Katholizismus andererseits, waren
Feuerwerke auch immer Mittel der Macht und des Triumphs.
Der Aufwand der auf Überwältigung setzenden Inszenierungen – auf den
wunderbar psychedelisch wirkenden Stichen nachvollziehbar dokumentiert –
umfasste nicht nur die Pyrotechnik selbst, sondern auch aus Holz oder
Pappmaché gefertigte Kulissen (nicht selten ganze Bauwerke), die effektvoll
den Explosionen preisgegeben wurden.
Auf andere Bestände der Staatlichen Museen zurückgreifend, schreitet die
Ausstellung auch ins 20. und 21. Jahrhundert voran, insbesondere mit
künstlerischen Arbeiten, die etwa absurde Momente von Feuerwerkskunst
zeigen – Roman Signers Fotografien mit einem aufgrund einer Rakete
explodierenden Luftballon oder Malte Bartschs C-Prints, auf denen eine von
einem Gummiband zurückgezogene Rakete beim Explodieren zu sehen ist.
Eine von der Kulturwissenschaftlerin und Gestalterin Sarah K. Becker
konzipierte Filminstallation in der Mitte des Ausstellungsraums gibt als
„Detailfinder“ die Möglichkeit, auf den überbordenden Kupferstichen
Übersehenes nachzunotieren. Für aktuelle Gestaltungsideen steckt nämlich in
den Details der historischen, allegorischen Feuerwerksabbildungen ein
emblematischer Schatz, nach dessen Bergung man in einer besseren Welt all
die unterkomplexen Emojis gerne im Berliner Nachthimmel explodieren sähe.
30 Dec 2024
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## AUTOREN
DIR Martin Conrads
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