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       # taz.de -- Kürzungen bei Kinder- und Jugendarbeit: Auf dem Rücken der Schwächsten
       
       > Die Sparpläne des Berliner Senats betreffen auch die Kinder- und
       > Jugendhilfe. Dagegen demonstrieren Betroffene im Reinickendorfer
       > Jugendhilfeausschuss.
       
   IMG Bild: Während der Pandemie geschlossen: dem Wohl von Kindern und Jugendlichen wird keine Priorität eingeräumt
       
       Berlin taz | „Wir wollen auf Klassenfahrt“ hat ein Jugendlicher auf den
       Zettel der Girlande geschrieben, der im Sitzungssaal des
       Jugendhilfeausschusses der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf
       hängt. Aufgehängt hat sie eine:r der rund 50 Erzieher:innen,
       Sozialarbeiter:innen und Jugendlichen, die am Mittwochabend bei der
       Sitzung [1][gegen die Sparpläne des Senats] protestieren.
       
       „Seit Jahren diskutieren wir über wachsende Bedarfslage“, sagt Gloria
       Amoruso von der Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendförderung, die zu
       dem Protest vor dem Ausschuss aufgerufen hat. Die [2][freien Träger hätten
       schon jetzt kaum Ressourcen, um das bestehende Regelangebot umzusetzen].
       „Jetzt müssen wir so viele Rückschritte hinnehmen“.
       
       Amoruso arbeitet beim Jugendträger Kein Abseits, der einen Jugendclub und
       Spielmobile betreibt. In Reinickendorf gebe es Wohngebiete, in denen 50 bis
       60 Prozent der Kinder von Armut betroffen sind, so Amoruso. Die Kinder dort
       seien besonders auf die Angebote der Jugendhilfe angewiesen. „Gerade in
       Gebieten wie dem Märkischen Viertel braucht es auch aufsuchende Angebote.“
       
       Nachdem der Senat vergangene Woche seine 3-Milliarden Sparliste vorlegte,
       war klar, dass [3][auch auf die Kinder- und Jugendhilfe harte Einschnitte
       zukommen werden]. So werden allein die Zuschüsse für die Jugendarbeit mit 7
       Millionen Euro um fast ein Fünftel gekürzt. Bislang ist unklar, welche
       Projekte und Einrichtungen konkret betroffen sein werden. Das sorgt für
       Frustration und Verunsicherung bei den Beschäftigten.
       
       ## Verunsicherung bei den Beschäftigten
       
       „Wir wissen quasi nichts, sollen aber für das kommende Jahr Projekte
       planen“, berichtet Karsten Hartmann. Der Erzieher arbeitet bei der
       Kinderfreizeiteinrichtung Kreativfabrik in Reinickendorf. „Die jährliche
       Zeltfahrt steht in den Sternen, selbst das wöchentliche Kochen steht auf
       der Kippe.“ Auch die berufliche Zukunft vieler Beschäftigten ist nach
       Jahresende ungewiss, was die Träger aufgrund der Kündigungsfrist vor
       Probleme stellt. „Wenn wir schon betroffen sind, wäre es cool, wenn man mit
       uns spricht“, sagt Hartmann.
       
       Bis das Abgeordnetenhaus den Nachtragshaushalt Anfang Dezember endgültig
       beschließt, kann sich noch einiges ändern. Dieses Zeitfenster wollen die
       freien Träger nutzen, um möglichst viel Druck aufzubauen, in der Hoffnung
       den Kahlschlag doch noch abwenden zu können.
       
       Die Sitzung des Jugendhilfeausschusses ist ein erster Anlaufpunkt, auch auf
       Bezirksebene Verbündete zu finden. Tatsächlich zeigten sich die Mitglieder
       des Ausschusses offen gegenüber den Forderungen der Beschäftigten. „Ich
       verstehe ihr Kommen als Unterstützung“, begrüßt Alexander Ewers die
       Demonstrierenden während der Sitzung.
       
       ## Jugendstadtrat zeigt Verständnis
       
       Der SPD-Jugendstadtrat von Reinickendorf verspricht, dass zumindest die vom
       Bezirk finanzierten Projekte genauso viel Geld erhalten werden, wie im
       Vorjahr. Für alles Weitere wolle er keine Versprechungen machen. Absehbar
       sei allerdings eine Übergangsregelung für Mitarbeitende, deren Projekte
       auslaufen, aber nicht mehr gekündigt werden können. Auch der Forderung der
       Beschäftigen nach mehr Transparenz stimmt Ewers zu. „Wenn es harte
       Einsparungen gibt, muss man das rechtzeitig kommunizieren.“
       
       Auch das Motto der Kundgebung „Unkürzbar“ schien der Ausschussvorsitzende
       Stefan Valentin verstanden zu haben. „Wir müssen sparen, aber nicht im
       Kinder- und Jugendbereich. Das müssten wir dreifach bis vierfach wieder
       zurückzahlen“, sagt der SPD-Verordnete.
       
       28 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Wahmkow
       
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