URI: 
       # taz.de -- Filmempfehlungen für Berlin: Die große Abnabelung
       
       > „Panzerkreuzer Potemkin“ in unterschiedlichen Fassungen,
       > Eltern-Kind-Beziehungen und ein Anna May Wong-Klassiker stehen diese
       > Woche auf dem Programm.
       
   IMG Bild: Anna May Wong in „Großstadtschmetterling“ (Regie: Richard Eichberg, D/GB 1929)
       
       Freunde von „Panzerkreuzer Potemkin“ (1925) können sich auf eine besondere
       Woche freuen, denn den Revolutionsklassiker von Sergej Eisenstein gibt es
       gleich viermal in unterschiedlichen Fassungen zu sehen (und zu hören). Los
       geht es am 28.11. im Babylon Mitte mit einer von der Deutschen Kinemathek
       restaurierten Fassung (75 Minuten), bei der Anna Vavilkina am Klavier die
       von Hans Brandner und Marcelo Falcão arrangierte und ergänzte Musik von
       Edmund Meisel (der gekürzten deutschen Fassung von 1930) zum Besten gibt.
       
       Am 30.11. ist Anna Vavilkina dann an der Kinoorgel zu hören – sofern die
       Angaben stimmen, begleitet sie musikalisch eine 71 Minuten lange Fassung im
       Rahmen der Veranstaltung Stummfilm um Mitternacht. Der Eintritt ist frei.
       
       Am selben Abend läuft „Panzerkreuzer Potemkin“ zuvor im Rahmen einer
       [1][dem Filmarchivar Jay Leyda gewidmeten Reihe] auch zweimal im Kino
       Arsenal. Zunächst um 19 Uhr mit der Originalmusik von Edmund Meisel in
       einer 50-minütigen Fassung, deren Rekonstruktion durch das Auffinden einer
       Nadeltonplatte des Soundtracks möglich wurde.
       
       Der Hamburger Filmwissenschaftler Thomas Tode hält eine Einführung und
       bleibt auch gleich zur nächsten Vorstellung um 21 Uhr, bei der eine
       66-minütige Fassung mit Musik des amerikanischen Komponisten Arthur Kleiner
       auf der Basis eines Klavierauszugs der Komposition von Edmund Meisel zu
       sehen ist.
       
       Verwirrend? Eigentlich nicht wirklich, denn das alles zeigt lediglich die
       vielfältigen Möglichkeiten von Filmrestauration auf, in die immer wieder
       neue Erkenntnisse und Archivfunde einfließen (28.11., 19.30 Uhr, 30.11.,
       23.59 Uhr, [2][Babylon Mitte], 30.11., 19 Uhr, 21 Uhr, [3][Kino Arsenal]).
       
       ## Abschiede und Ankünfte
       
       Bekanntlich verabschiedet sich das Kino Arsenal räumlich vom bisherigen
       Filmhaus am Potsdamer Platz und wird seinen Platz zukünftig im
       Kulturquartier silent green im Wedding finden. Mit der [4][Reihe „Das kann
       Kino“] (40 Filme in der Zeit 1.-15.12.) feiern die Kinomacher:innen
       sowie Gäste und Unterstützer:innen den Abschied und wollen dabei die
       ganze Vielfalt der Filmkunst aufzeigen.
       
       So stellt etwa Milena Gregor unter dem Motto „Kino kann: Stilleben“ den
       wunderbaren Film „Banshun“ („Später Frühling“, 1949) von Yasujiro Ozu vor,
       in dem der japanische Regisseur in seinem unverwechselbaren Stil einmal
       mehr die Geschichte eines verwitweten Mannes (Chishu Ryu) variiert, der von
       seiner 27-jährigen Tochter (Setsuko Hara) versorgt wird. Da sie selbst
       keine Familie gründen will, weil sie ihn nicht einsam zurücklassen möchte,
       täuscht er vor, selbst eine neue Heirat eingehen zu wollen (1.12., 18.30
       Uhr, Kino Arsenal).
       
       Das Thema der Abnabelung der Kinder von den Eltern und ihre Einbindung in
       neue familiäre Strukturen als notwendiger Prozess steht auch im Mittelpunkt
       von Ozus Meisterwerk „Tokyo monogatari“ (1953), das aus Anlass der
       30-jährigen Städtepartnerschaft Tokio–Berlin vom Japanisch-Deutschen
       Zentrum Berlin im Rahmen einer Japan-Reihe (2.-19.12.) im Babylon Mitte
       präsentiert wird.
       
       Hier reist ein älteres Ehepaar aus der Provinz nach Tokio, um seine
       erwachsenen Kinder zu besuchen – und stellt sehr schnell fest, dass es
       eigentlich überall nur stört. Ozu verweist auf den natürlichen Lebenszyklus
       ganz leise und ohne großes Melodrama – aber eben auch ohne Happyend
       (3.12.,19.30 Uhr, [5][Babylon Mitte]).
       
       Restaurierungen von Filmen aus der Zeit der Weimarer Republik zeigt das
       [6][Zeughauskino] in seiner Reihe „Mit anderen Augen“ (29.11.-15.12.) und
       eröffnet mit „Großstadtschmetterling“ von Richard Eichberg, in dem sich die
       unvergleichliche Anna May Wong durch eine „Madame Butterfly“-Story kämpft –
       natürlich auch ohne Happyend. Musikalisch begleitet wird die Vorstellung
       von David Schwarz (Klavier) und Maren Kessler (Vokophon, Percussion,
       Cello); Yumin Li hält eine Einführung (29.11., 17.30 Uhr, Zeughauskino).
       
       28 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kinotipp-der-Woche/!6042695
   DIR [2] https://babylonberlin.eu/
   DIR [3] https://www.arsenal-berlin.de/
   DIR [4] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/das-kann-kino-ein-programm-zum-abschied-vom-potsdamer-platz/
   DIR [5] https://babylonberlin.eu/
   DIR [6] https://www.dhm.de/zeughauskino/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
       ## TAGS
       
   DIR Stummfilm
   DIR Japanisches Kino
   DIR Filmreihe
   DIR Kino Berlin
   DIR taz Plan
   DIR Kolumne Frisch gesichtet
   DIR Filmkritik
   DIR Japanisches Kino
   DIR taz Plan
   DIR Landschaft
   DIR Filmgeschichte
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wieder im Kino: Konsequente Demontage
       
       Diese Woche zurück auf der Leinwand: Die Marx Brothers, Autofahrten des
       Vertrauens in einem Kurzfilm nach Haruki Murakami und der X-Mas-grumpige
       Grinch.
       
   DIR Kinoempfehlungen für Berlin: Das Private im Sozialismus
       
       Im Babylon Mitte gibt es ein Wiedersehen mit Regisseur Krzysztof
       Kieślowski. Mit der Handkamera gewackelt wurde auch bei „The Blair Witch
       Project“.
       
   DIR 48. Filmwoche Duisburg: Fragen von hinter der Kamera
       
       Die 48. Duisburger Filmwoche würdigte die Kraft des beobachtenden
       Dokumentarfilms und der Neugier auf die Welt.
       
   DIR Kinotipp der Woche: Kultureller Kolonialraum
       
       Die Filmreihe „Asiatische Präsenzen in der Kolonialmetropole Berlin“
       ergündet Topoi der Exotisierung im Weltmetropolengenre des Kinos.