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       # taz.de -- AfD-Richter Jens Maier: Rechtsextremist behält Staatsknete
       
       > 2022 musste der völkische AfD-Richter Maier in den vorzeitigen Ruhestand.
       > Das Dienstgericht Leipzig entschied nun: Pensionsansprüche darf er
       > behalten.
       
   IMG Bild: Posierte zuletzt auch auf Fotos mit Beteiligten aus dem Rechtsterrorkomplex der „Sächsischen Separatisten“: AfD-Richter Jens Maier
       
       Leipzig/Berlin dpa/epd/taz | Der umstrittene sächsische Richter Jens Maier
       behält seine Pensionsansprüche und wird nicht komplett aus dem Dienst
       entfernt. Das entschied das Dienstgericht für Richter*innen in Leipzig.
       Vor zwei Jahren war der extrem rechte AfD-Politiker wegen [1][Verletzungen
       von Dienstpflichten vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden]. „Die
       Disziplinarklage ist unbegründet“, sagte die Vorsitzende Richterin Yvonne
       Wagner. Die Vorwürfe hätten nur teilweise bestätigt werden können und
       rechtfertigten keine zusätzlichen Maßnahmen. Die Richter wiesen die Klage
       von Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) gegen den Richter zurück.
       Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. [2][Eine Berufung ist möglich].
       
       Seit Jahren ist der aus Bremen stammende Maier Sachsens Justizministerium
       ein Dorn im Auge. In der jetzigen Klage hatte das Ministerium ihm eine
       „schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten“ in seinem früheren Richteramt
       vorgeworfen. Unter anderem bezieht sich die Disziplinarklage auf Äußerungen
       Maiers vom April 2017. Darin soll er über die Gewalttaten des norwegischen
       Terroristen Anders Breivik unter anderem öffentlich geäußert haben, dieser
       sei „aus Verzweiflung zum Massenmörder“ geworden – angesichts Einwanderung
       von „Kulturfremden“ und einer „Vermischung“ der Kulturen.
       
       Zudem soll Maier über die ZDF-Journalistin Marietta Slomka auf seiner
       offiziellen AfD-Facebook-Seite geschrieben haben: „GEZ abschaffen, Slomka
       entsorgen!“. Dadurch habe Maier gegen das Mäßigungsgebot und die
       Verfassungstreuepflicht verstoßen, hieß es in der Klagebegründung. Maier
       hatte in der mündlichen Verhandlung die Vorwürfe zurückgewiesen.
       
       An seiner Radikalität bestehen allerdings nie so wirklich Zweifel: Maier
       bezeichnete sich selbst als „kleiner Höcke“ und galt als einer der
       radikalsten Vertreter des völkischen AfD-Flügels. Seine verständnisvolle
       Aussage über den norwegischen Rechtsterroristen Breivik soll er einer
       Veranstaltung des extrem rechten Magazins Compact getätigt haben. Ein
       [3][Video des Auftritts ist allerdings spurlos verschwunden]. Bei einem
       Auftritt im Ballhaus Watzke forderte Maier in einer Rede 2017 zudem eine
       Abkehr von Mischvölkern und dem angeblichen „Schuldkult“ in Bezug auf die
       NS-Aufarbeitung. Seiner Gesinnung und der autoritär-nationalradikalen AfD
       ist Maier treu geblieben: Kürzlich tauchte Maier auch auf Fotos zusammen
       mit dem [4][wegen Rechtsterrorverdacht festgenommenen AfD-Lokalpolitikers
       Kurt Hättasch] auf.
       
       ## Journalist hat Mitschrift nicht mehr
       
       Befragt wurde am Donnerstag vor dem Dienstgericht auch der Journalist, der
       2017 über Maiers Breivik-Zitat berichtete. Der hatte über die Rede Maiers
       in einem Beitrag im Internetauftritt des Vorwärts berichtet. Er berichtete
       davon, dass er die Veranstaltung und damit auch die Rede Maiers in einem
       Livestream verfolgt und unter anderem die Rede wortwörtlich mitgeschrieben
       habe. Deshalb seien die von ihm in dem journalistischen Beitrag von April
       2017 zitierten Äußerungen Maiers auch so gefallen.
       
       Über seine Notizen von der Rede Maiers verfüge er nicht mehr, da er seinen
       Computer und damit auch darauf befindliche Dateien bei einem
       Arbeitgeberwechsel habe zurückgeben müssen. Danach habe er mehrfach
       versucht, das Video des Livestreams zu erhalten, sei dabei aber erfolglos
       geblieben. Dem Gericht fehlten ohne das Video der Äußerungskontext. Das
       Zitat allein hätte so nicht sachgerecht bewertet werden können.
       
       Maier, der bei der Verhandlung selbst vor Ort war, warf dem Journalisten
       vor, er habe mit seinem Beitrag einen Skandal herbeischreiben wollen. Der
       Journalist erwiderte, er habe eine solche Absicht nicht gehabt.
       
       Für Skandale hat Maier allerdings schon selbst ausreichend gesorgt: Bereits
       vor seinem Einzug in den Bundestag 2017 vermischte er seinen Beruf mit
       seiner politischen Einstellung und griff als Richter in die
       Wissenschaftsfreiheit ein: So tätigte Maier 2016 einen Beschluss zugunsten
       der NPD und untersagte dem [5][Forscher Steffen Kailitz] vom
       Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, über die rechtsextreme
       Partei zu schreiben, dass diese „rassistische Staatsverbrechen“ plane,
       obwohl es selbstredend genügend Belege dafür gibt und die Äußerung unter
       die Meinungsfreiheit fällt. Das Skandalurteil wurde später nach einem
       Widerspruch aufgehoben und die NPD-Klage im April 2017 endgültig
       abgewiesen.
       
       Ebenfalls wurde der AfD-Richter 2019 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil
       von seinem Twitter-Account Noah Becker rassistisch beleidigt wurde. Maier
       behauptete, dass ein Mitarbeiter den Tweet geschrieben hatte, musste an
       Becker aber dennoch ein Schmerzensgeld von 7.500 Euro zahlen.
       
       ## BGH bestätigte vorzeitigen Ruhestand
       
       Nachdem Maier 2021 für die AfD Sachsen den erneuten Einzug Bundestag
       verpasst hatte, wollte er wieder als Richter arbeiten. Normalerweise haben
       Beamte als ehemalige Abgeordnete einen Anspruch auf Rückkehr – und auch das
       für Staatsdiener geltende Mäßigungsgebot ruht während des Mandats. Dennoch
       war Maier mit seiner besonderen Radikalität und auch Aussagen außerhalb
       seiner direkten Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter ein besonders krasser
       Fall.
       
       Das sächsische Justizministerium erkannte den Rückkehranspruch Maiers 2022
       zunächst an, strengte nach aber zehn Tage nach seiner Rückkehr ans
       Amtsgericht Dippoldiswalde sofort ein Disziplinarverfahren an, um eine
       „schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege“ abzuwenden – zuvor hatte auch
       ein zivilgesellschaftlicher Aufschrei erheblich Druck gemacht.
       
       Nach einer Hauptverhandlung im Dezember 2022 bestätigte das sächsische
       Dienstgericht den Rausschmiss Maiers. Begründung: Maiers Tätigkeit als
       Obmann des rechtsextremen AfD-Flügels sowie seine zahlreichen radikalen
       Äußerungen während Wahlkampfauftritten und in Reden. Durch Maier als
       Richter würde die Justiz in hohem Maße Schaden nehmen. Er wurde vorzeitig
       in den Ruhestand versetzt, seine Bezüge aber behielt er.
       
       Im Oktober 2023 [6][bestätigte auch der Bundesgerichtshof das Berufsverbot
       für den „kleinen Höcke“]. Richter müssten „jederzeit für die freiheitliche
       demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes“ eintreten. Das sei
       mit seiner Tätigkeit als Obmann des AfD-Flügels nicht gegeben.
       
       Seine Tätigkeit als Obmann war ihm im jetzigen Disziplinarklageverfahren
       aber nicht zur Last gelegt. Es sei damit nicht Gegenstand des Verfahrens
       geworden, hieß es [7][in einer Mitteilung des Dienstgerichts].
       
       Maier hatte seit 1992 für die sächsische Justiz gearbeitet. Erneut für den
       Bundestag kandidieren will Maier aus gesundheitlichen Gründen nicht,
       [8][wie er mittlerweile bekannt gab]. (mit dpa, epd)
       
       28 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /AfD-Richter-Jens-Maier/!5895626
   DIR [2] https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1081966
   DIR [3] https://vorwaerts.de/bnr/jens-maier-zu-morden-von-anders-breivik-kein-video-nirgends
   DIR [4] https://x.com/EdLopez86/status/1853760519275987014
   DIR [5] /Diskussion-ueber-AfD-Verbotsverfahren/!5997151
   DIR [6] /Bundesgerichtshof-bestaetigt/!5960494
   DIR [7] https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1081966
   DIR [8] https://x.com/tilsteff/status/1861833590171898290
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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