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       # taz.de -- Ampel-Intrige der FDP: Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
       
       > Ein internes Papier legt nahe, dass die FDP-Spitze über ihre
       > Vorbereitungen zum Ampel-Aus gelogen hat. Lindner und Co sind jetzt in
       > Erklärungsnot.
       
   IMG Bild: Ein Fähnchen im Wind? FDP-Generalsekretär Djir-Sarai schiebt die Schuld auf Mitarbeiter
       
       Berlin dpa | Ein detailliertes Papier der FDP zum [1][Ausstieg aus der
       Ampel-Koalition] bringt die Parteiführung in Erklärungsnot und stößt auch
       bei Liberalen auf Kritik. FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes
       Strack-Zimmermann sagte der Deutschen Presse-Agentur, angesichts der
       Situation in der Regierung sei es zwar richtig gewesen, sich mit
       Ausstiegsszenarien auseinanderzusetzen. Aber: „Die Wortwahl ist der Sache
       nicht dienlich, eine Verschriftlichung mit dieser Tonalität nicht
       nachvollziehbar.“
       
       Sie forderte Selbstkritik und Aufarbeitung, wie sie später auch noch einmal
       auf X betonte. Bei den früheren Koalitionspartnern SPD und Grüne löste das
       „D-Day“-Papier große Empörung aus.
       
       Die FDP hatte das achtseitige Dokument im Stil einer
       Powerpoint-Präsentation am Donnerstag selbst veröffentlicht, nachdem Zeit
       und Süddeutsche Zeitung der Partei Fragen dazu gestellt und das
       Nachrichtenportal Table.Briefings bereits berichtet hatte. Schon zuvor
       hatten Berichte der beiden Zeitungen [2][Diskussionen über Ursachen und
       Urheber des Koalitionsbruchs] ausgelöst. In mehreren Treffen der engsten
       FDP-Führung wurden demnach seit Ende September Szenarien für ein Ende der
       Koalition durchgespielt.
       
       Das nun veröffentlichte FDP-Papier stieß nicht nur wegen seines Inhalts,
       sondern auch wegen der Wortwahl auf Kritik. In dem Dokument taucht der
       [3][durch den Zweiten Weltkrieg historisch vorgeprägte Begriff „D-Day“]
       mehrfach auf – als Synonym für den möglichen Zeitpunkt zum Ausstieg aus der
       gemeinsamen Regierung mit SPD und Grünen.
       
       „D-Day“ kann aus dem Englischen mit „Tag X“ übersetzt werden – oder auch
       „Tag der Entscheidung“ meinen. Im Deutschen ist die Formulierung vor allem
       im Zusammenhang mit der Landung der Alliierten in der Normandie zur
       Befreiung Europas vom Nationalsozialismus bekannt. Den Auftakt dafür
       markierte der „D-Day“ am 6. Juni 1944. Er steht aber auch für
       unmenschliches Blutvergießen, Zehntausende Tote und Verwundete.
       
       ## Falsches Dementi
       
       FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte in einem Interview bei RTL/ntv
       am 18. November mit Blick auf damalige Medienberichte über die
       „D-Day“-Formulierung betont: „Das stimmt nicht. Dieser Begriff ist nicht
       benutzt worden.“ Nach der Veröffentlichung des FDP-Papiers bemühte er sich
       nun in der Welt um Schadensbegrenzung: „Das Papier ist auf Ebene der
       Mitarbeiter entstanden. Niemand aus der Führung der FDP kannte das Papier.“
       Einen Grund zurückzutreten, sehe er nicht.
       
       Kritik und Spott gab es in sozialen Medien auch für das vielfach geteilte
       Bild einer „Ablaufpyramide“ aus dem Dokument. Darin werden die vier
       verschiedenen „D-Day“-Phasen vom ersten „Impuls“ – einem Presse-Statement
       des Parteivorsitzenden Christian Lindner – bis hin zum „Beginn der offenen
       Feldschlacht“ genannt.
       
       Auch bei den früheren Koalitionspartnern löste das Papier Empörung aus.
       SPD-Generalsekretär Matthias Miersch warf der FDP-Führung vor, die
       Öffentlichkeit wiederholt getäuscht zu haben und forderte eine
       Entschuldigung von Lindner. Miersch sagte dem Redaktionsnetzwerk
       Deutschland, es sei „zynisch“, dass die FDP für den Zeitpunkt des
       Ampel-Bruchs in ihrem Papier das Wort „D-Day“ benutzt und den nachfolgenden
       Wahlkampf als „offene Feldschlacht“ bezeichnet habe. „Die FDP-Führung hat
       die Verwendung dieser Begriffe stets bestritten.“
       
       SPD-Chef Lars Klingbeil schrieb auf der Plattform X: „Es ist gut, dass
       langsam alles herauskommt und die Bürger sich ein Bild machen können.“
       Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann äußerte ebenfalls Kritik auf X:
       „Ein Parlament ist kein Schlachtfeld, und das Ringen um die besten Ideen
       und Konzepte gehört zu unserer lebendigen Demokratie. Diese FDP sollte
       keine Verantwortung für unser Land übernehmen.“
       
       ## FDP spricht von „Vorbereitung auf Szenarien“
       
       Die FDP verbreitete die Lesart, sie habe das Papier publik gemacht, um
       Transparenz herzustellen – und schrieb auf X: „Wir haben nichts zu
       verbergen.“ In einer dazu veröffentlichten Erklärung Djir-Sarais hieß es:
       „Wir haben niemals ein Geheimnis daraus gemacht, dass ohne eine
       Wirtschaftswende ein Ende der Ampel ein möglicher Ausgang des von uns so
       genannten Herbstes der Entscheidungen sein könnte.“
       
       Er sprach von einer Skandalisierung der Vorbereitung auf Szenarien. „Wenn
       die gesamte deutsche Medienlandschaft zu diesem Zeitpunkt bereits über das
       Ende der Ampel spekulierte, dann ist es nur professionell, sich auf diese
       Option einzustellen.“
       
       Im nun veröffentlichten Papier ist zum Beispiel davon die Rede, dass der
       „ideale Zeitpunkt“ für einen „avisierten Ausstieg“ aus der Koalition zur
       Mitte der 45. Kalenderwoche zwischen dem 4. und 10. November liegen könnte.
       Am 6. November kam es tatsächlich zum Bruch des schon lange kriselnden
       Bündnisses – indem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Sitzung des
       Koalitionsausschusses FDP-Chef Lindner als Finanzminister entließ.
       
       Die Neuwahl des Bundestags ist für den 23. Februar nächsten Jahres geplant.
       Die FDP steht in Wahlumfragen derzeit bei drei bis vier Prozent, also knapp
       unter der Einzugshürde von fünf Prozent – und könnte somit den Wiedereinzug
       ins Parlament verpassen.
       
       29 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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