# taz.de -- Sparkurs im Berliner Kulturhaushalt: Ohne fachliche Expertise
> Arm und unsexy: Berlin macht dem Rest der Republik gerade vor, wie Sparen
> in der Kultur auf keinen Fall organisiert werden sollte.
IMG Bild: Lässt sich über den Tisch ziehen: Joe Chialo (CDU), Berliner Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
Die Berliner Kulturszene ist aufgebracht. Sehr zu Recht. Berlin muss
sparen. [1][Auch in der Kultur.] Doch das für sich ist gar nicht der Punkt.
Dass gespart werden muss, wissen viele Mitglieder der Kulturszene selbst,
auch wenn es schmerzt. In einer Situation, in der die Hauptstadt
Schulbauten verschieben und die Mittel für Ersatzteilbeschaffung der
Feuerwehr halbieren muss, muss auch der Kulturhaushalt seinen Beitrag
leisten.
Aber die Art und Weise, wie das nun politisch organisiert wird, ist schon
krass: an allen Institutionen vorbei, ohne fachliche Expertise, von oben
herab. Zynisch gesagt: Berlin macht dem Rest der Republik gerade vor, wie
es auf gar keinen Fall geht.
Man stelle sich vor: Eine Institution fragt vorsorglich bei der für sie
zuständigen Behörde an, ob sie eine freie Stelle besetzen kann. Sie bekommt
grünes Licht, besetzt die Stelle und erfährt am nächsten Tag aus der
Zeitung, dass die ganze Institution abgewickelt werden soll. Anderes
Beispiel: Eine Jury soll zusammenkommen, um über kulturelle Stipendien für
2025 zu entscheiden. 2025 ist bald. Doch die Jury weiß noch nicht einmal,
wieviel Geld sie verteilen soll.
Solche Geschichten gehen um in Berlin. Von einigen Institutionen ist zu
hören, dass sie der Kulturbehörde auf Aufforderung längst eigene Sparpläne
vorgelegt haben. Nur um mit einer Sparliste konfrontiert zu werden, die von
den Fraktionsspitzen der regierenden CDU-SPD-Koalition festgelegt worden
ist. Offensichtlich mit dem Rasenmäher. An der Kulturbehörde vorbei.
## Joe Chialo lässt sich über den Tisch ziehen
Und was macht der Berliner Kultursenator [2][Joe Chialo, CDU?] Bedauert
dies und das. Erzählt aber vor allem, dass die Kulturinstitutionen sowieso
auf mehr Eigeninitiative und Sponsorengelder setzen sollten. Nun kann man
es tatsächlich problematisch finden, wie sehr nicht nur die Hochkultur,
sondern auch die freie Szene der Hauptstadt von staatlichen Geldern
abhängig ist.
Aber es sind in Berlin eben nicht mehr die Zeiten der billigen Mieten und
der subkulturellen Zwischennutzungsorte mit Sofas vom Sperrmüll. Gerade die
Entwicklung von tragfähigen Szenarios für mehr Eigenständigkeit der
kulturellen Institutionen braucht sowieso Planungssicherheit und zumindest
mittelfristig gesicherte Rahmenbedingungen.
Was hat man aber stattdessen jetzt in Berlin? Unsicherheit. Die Auskunft,
dass in vielen Bereichen die konkreten Zahlen sowieso erst Mitte Dezember
angesagt werden können, wenn die Haushaltsverhandlungen durch sind. Eine
CDU und eine SPD, die offenbar bei allen Schilderungen, wie wichtig gerade
für den Standort Berlin eine lebendige Kultur ist, weggehört haben. Und
einen Kultursenator, der sich von ausgebufften Politprofis über den Tisch
ziehen lässt.
2 Dec 2024
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## AUTOREN
DIR Dirk Knipphals
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