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       # taz.de -- Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis: Der Merz im Schafspelz
       
       > Sein Heimatverband im Sauerland nominiert den Oppositionsführer zum
       > Bundestags-Direktkandidaten. Der versucht, möglichst wenige
       > Wähler:innen zu verschrecken.
       
   IMG Bild: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz bei seiner Nominierung als CDU-Direktkandidat für den Bundestagswahlkreis Hochsauerlandkreis
       
       Schmallenberg taz | Im Kampf um das Bundeskanzleramt hat
       [1][Unions-Kandidat Friedrich Merz] weiter Rückenwind: Ein kleiner
       Parteitag seines CDU-Heimatverbands hat den 69-Jährigen am Samstagvormittag
       beinahe einstimmig Bundestagsdirektkandidaten des tiefschwarzen
       Hochsauerlandkreises gewählt. Von 270 anwesenden Delegierten unterstützten
       266 für den derzeitigen Oppositionsführer im Bundestag. Mit Nein stimmte
       nur ein CDU-Mitglied. zwei weitere enthielten sich, eine Stimme wurde nicht
       abgeben. Einen Gegenkandidaten hatte Merz allerdings nicht.
       
       „So ein Ergebnis hatte ich noch nie“, freute sich der Herausforderer von
       Bundeskanzler Olaf Scholz trotzdem nach seiner Wahl in der CDU-Hochburg,
       die er bereits bei der Bundestagswahl 2021 mit mehr als 40 Prozent gewonnen
       hat. Den zum überwältigenden Teil männlichen und oft grauhaarigen
       Delegierten versprach er, vor Ort mit dem Slogan „Mehr Sauerland für
       Deutschland“ in den Wahlkampf ziehen. Zuvor hatte er bei der Versammlung in
       dem nicht einmal 25.000 Einwohner:innen zählen Städtchen Schmallenberg,
       wo die nächste Autobahn mehr als 30 Kilometer entfernt ist und wo das Radio
       in den Tälern selbst starke Sender verliert, eine für seine Verhältnisse
       bemerkenswert zurückhaltende Rede gehalten.
       
       Auf persönliche Ausfälle wie zuletzt beim Landesparteitag der
       nordrhein-westfälischen CDU Ende September in Münster, wo Merz versucht
       hatte, den grünen Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck
       als „Kinderbuchautor“ lächerlich zu machen, verzichtete er in Schmallenberg
       vollständig. Auch die Aufregung um das „D-Day“-Papier der Liberalen war ihm
       keine einzige Bemerkung wert: Das Wort „FDP“ nahm der Christdemokrat ebenso
       wenig in den Mund wie den Namen seines immer noch denkbaren
       Koalitionspartners Christian Lindner.
       
       Inhaltlich versuchte der [2][Kanzlerkandidat] dagegen, zumindest
       oberflächlich eine Art Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Ganz offensichtlich
       will Merz möglichst wenige Wähler:innen verschrecken:
       
       Hatte er bei seiner vorherigen Nominierung zum Bundestags-Direktkandidaten
       2021 noch vor zu viel Klimaschutz gewarnt und populistisch gelästert, in
       der Nationalhymne solle der Begriff „Vaterland“ wohl bald durch das Wort
       „Mutterland“ ersetzt werden, bekannte sich Merz am Samstag grundsätzlich zu
       alternativen Energien wie der Windkraft.
       
       Allerdings: Einen „Wildwuchs von Windkraft-Anlagen“ wolle er in seinem
       Hochsauerlandkreis nicht, schränkte er ein. Auch von einem Comeback der
       Atomkraft redete Merz nicht.
       
       Stattdessen versprach er, auch mit ihm werde es keine Rentenkürzungen
       geben. Das „Setting der SPD“, Olaf Scholz als „Friedenskanzler“ zu
       präsentieren und mit einem „Schwerpunkt auf die Rentenpolitik“ gegen ihn
       Wahlkampf zu machen, werde nicht funktionieren. SPD-Generalsekretär
       Matthias Miersch hatte zuvor erklärt, die Weigerung von CDU und CSU, das
       Rentenniveau gesetzlich festzuschreiben, komme einer faktischen
       Rentenkürzung gleich – und von einem „Taschenspielertrick von Merz“
       gesprochen.
       
       Allerdings: Das von der Ampel eingeführte Bürgergeld gehöre in die
       „Mottenkiste der Sozialpolitik“, erklärte der Merz auch. Zwar wolle die
       Union jedem helfen, „der Hilfe braucht“ – allerdings müssten „1,7 Millionen
       Bürgergeld-Empfänger ermutigt werden, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren“.
       Ob das die Ausweitung des Niedriglohnsektors oder eine Beschränkung des
       Mindestlohns bedeuten soll, ließ Merz dagegen offen.
       
       Auch die Grünen ging der Sauerländer hart an. Deren Vorzeigeprojekte
       „Wärmepumpe und Elektromobilität“ zeigten beispielhaft, „wie grüne Politik
       die Wirtschaft in die Rezession treibt“. Seine faktisch kaum umsetzbare
       Forderung nach der Reduzierung „illegaler“ Migrant:innen durch
       „Zurückweisung“ an den insgesamt knapp 3.900 Kilometern langen deutschen
       Außengrenzen wiederholte Merz ebenso wie seinen Dauerbrenner
       Bürokratieabbau.
       
       Gleichzeitig räumte Merz ein, sich außenpolitisch bei der Bewertung Putins
       „geirrt“ zu haben – der Krieg in der Ukraine habe schon 2014 begonnen.
       „Wenn wir uns nochmals irren, steht nicht nur unser Wohlstand, sondern auch
       unsere Freiheit und unser Bild der Demokratie auf dem Spiel“, warnte er –
       und stilisierte sich zu einer Art Retter der Bundesrepublik: Wenn die
       nächste Regierung, die natürlich er selbst anführen will, nicht liefere,
       „werden 2029 die Populisten von links und rechts die Macht übernehmen.“
       
       30 Nov 2024
       
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